Herr Schönfeld hätte billig dergleichen üble Nachreden wider seinen würdigen Vorfahr ernstlich zu nichte machen sollen; aber er ist vielleicht selbst zu sehr von der Existenz der Gespenster überzeugt, als daß er dergleichen zu widerlegen wagen dürfte. In- dessen fordere ich ihn hiermit auf, wenn ihn anders diese Geschichte in die Hände kommen sollte, den guten Namen meines Vaters in dieser Hinsicht zu rechtfertigen, oder zu erwarten, daß ich ihn noch bei lebendigem Leibe auch spuken lasse. Herr Schönfeld versteht ohne Zweifel meinen Wink: und damit mags für diesmal gut seyn!
Ich wurde von meiner Tante mit allen Arten des Aberglaubens bekannt gemacht. Jeden Abend erzählte sie mir und dem Gesinde Histörchen von Hexen und Gespenstern -- alles in einem so krassen, herzlichen Tone, daß es uns gar nicht einfiel, ihre Erzählungen im mindesten zu bezweifeln. Unvermerkt ward ich dadurch so furchtsam, das ich mich nicht getrauete, des Abends allein zur Thür hinaus zu ge- hen. Mein Vater merkte endlich das Unwesen, und fing an, wider die Gespenster loszuziehen, so oft er in dem Zirkel seiner Familie erschien. Er nahm mich des Abends, auch spät in der Nacht, mit auf den Kirchhof, und erzählte mir bei seiner Pfeife Tabak, allerhand Anekdoten, wie der und der durch Betrug der Pfaffen -- mein Vater kleidete seine skandalösen
Herr Schoͤnfeld haͤtte billig dergleichen uͤble Nachreden wider ſeinen wuͤrdigen Vorfahr ernſtlich zu nichte machen ſollen; aber er iſt vielleicht ſelbſt zu ſehr von der Exiſtenz der Geſpenſter uͤberzeugt, als daß er dergleichen zu widerlegen wagen duͤrfte. In- deſſen fordere ich ihn hiermit auf, wenn ihn anders dieſe Geſchichte in die Haͤnde kommen ſollte, den guten Namen meines Vaters in dieſer Hinſicht zu rechtfertigen, oder zu erwarten, daß ich ihn noch bei lebendigem Leibe auch ſpuken laſſe. Herr Schoͤnfeld verſteht ohne Zweifel meinen Wink: und damit mags fuͤr diesmal gut ſeyn!
Ich wurde von meiner Tante mit allen Arten des Aberglaubens bekannt gemacht. Jeden Abend erzaͤhlte ſie mir und dem Geſinde Hiſtoͤrchen von Hexen und Geſpenſtern — alles in einem ſo kraſſen, herzlichen Tone, daß es uns gar nicht einfiel, ihre Erzaͤhlungen im mindeſten zu bezweifeln. Unvermerkt ward ich dadurch ſo furchtſam, das ich mich nicht getrauete, des Abends allein zur Thuͤr hinaus zu ge- hen. Mein Vater merkte endlich das Unweſen, und fing an, wider die Geſpenſter loszuziehen, ſo oft er in dem Zirkel ſeiner Familie erſchien. Er nahm mich des Abends, auch ſpaͤt in der Nacht, mit auf den Kirchhof, und erzaͤhlte mir bei ſeiner Pfeife Tabak, allerhand Anekdoten, wie der und der durch Betrug der Pfaffen — mein Vater kleidete ſeine ſkandaloͤſen
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Herr Schoͤnfeld haͤtte billig dergleichen uͤble
Nachreden wider ſeinen wuͤrdigen Vorfahr ernſtlich
zu nichte machen ſollen; aber er iſt vielleicht ſelbſt zu
ſehr von der Exiſtenz der Geſpenſter uͤberzeugt, als
daß er dergleichen zu widerlegen wagen duͤrfte. In-
deſſen fordere ich ihn hiermit auf, wenn ihn anders
dieſe Geſchichte in die Haͤnde kommen ſollte, den
guten Namen meines Vaters in dieſer Hinſicht zu
rechtfertigen, oder zu erwarten, daß ich ihn noch bei
lebendigem Leibe auch ſpuken laſſe. Herr Schoͤnfeld
verſteht ohne Zweifel meinen Wink: und damit mags
fuͤr diesmal gut ſeyn!
Ich wurde von meiner Tante mit allen Arten
des Aberglaubens bekannt gemacht. Jeden Abend
erzaͤhlte ſie mir und dem Geſinde Hiſtoͤrchen von
Hexen und Geſpenſtern — alles in einem ſo kraſſen,
herzlichen Tone, daß es uns gar nicht einfiel, ihre
Erzaͤhlungen im mindeſten zu bezweifeln. Unvermerkt
ward ich dadurch ſo furchtſam, das ich mich nicht
getrauete, des Abends allein zur Thuͤr hinaus zu ge-
hen. Mein Vater merkte endlich das Unweſen, und
fing an, wider die Geſpenſter loszuziehen, ſo oft er
in dem Zirkel ſeiner Familie erſchien. Er nahm mich
des Abends, auch ſpaͤt in der Nacht, mit auf den
Kirchhof, und erzaͤhlte mir bei ſeiner Pfeife Tabak,
allerhand Anekdoten, wie der und der durch Betrug
der Pfaffen — mein Vater kleidete ſeine ſkandaloͤſen
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792, S. 39. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792/53>, abgerufen am 16.02.2025.
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