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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792.

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nachdem ich diesen und noch mehr andern Unsinn hatte
einsehen lernen; so erschrak man über meinen Un-
glauben, und versicherte mich, ich würde schon ein-
mal mit Schaden klug werden. Ja, dieser Aber-
glaube sitzt den dortigen Einwohnern so praktisch fest
in den Köpfen, daß der herrschaftliche Hofmann in
Wendelsheim, dem Gesinde weit mehr Lohn geben
muß, als man gewöhnlich giebt, blos darum, weil
der Schlappohr in seinem Revier stark spuckt, wie
man vorgiebt, und weil sich immer eine weiße Frau
im Kuhstalle sehen läßt. --

Das abscheulichste ist, daß die dortigen Geist-
lichen selbst den Aberglauben zu unterhalten und zu
vermehren suchen. Mein Vater predigte zwar stark
gegen diese Fratzen; aber er war auch der einzige l),
der dergleichen Ungereimtheiten öffentlich hernahm.
Doch dafür rächen sich nun auch die von ihm verwor-
fenen Gespenster, indem ihn die Hausleute des jetzi-
gen Pfarrers Schönfeld selbst haben spuken sehen
wie mir ein guter Freund schon vor einem Jahre ge-
schrieben hat.


l) Herr Chelius in Ilbesheim, Fresenius in Nie-
derwiesen, Wehsarg in Eichloch, Simon zu Jop-
weiler und noch einige wenige andre, wohin auch der
katholische Pastor in Erbesbüdesheim, Herr Hofmann,
gehört, sind Männer, welche Balthasar Beckers
Geist haben. Gott lohne sie dafür!

nachdem ich dieſen und noch mehr andern Unſinn hatte
einſehen lernen; ſo erſchrak man uͤber meinen Un-
glauben, und verſicherte mich, ich wuͤrde ſchon ein-
mal mit Schaden klug werden. Ja, dieſer Aber-
glaube ſitzt den dortigen Einwohnern ſo praktiſch feſt
in den Koͤpfen, daß der herrſchaftliche Hofmann in
Wendelsheim, dem Geſinde weit mehr Lohn geben
muß, als man gewoͤhnlich giebt, blos darum, weil
der Schlappohr in ſeinem Revier ſtark ſpuckt, wie
man vorgiebt, und weil ſich immer eine weiße Frau
im Kuhſtalle ſehen laͤßt. —

Das abſcheulichſte iſt, daß die dortigen Geiſt-
lichen ſelbſt den Aberglauben zu unterhalten und zu
vermehren ſuchen. Mein Vater predigte zwar ſtark
gegen dieſe Fratzen; aber er war auch der einzige l),
der dergleichen Ungereimtheiten oͤffentlich hernahm.
Doch dafuͤr raͤchen ſich nun auch die von ihm verwor-
fenen Geſpenſter, indem ihn die Hausleute des jetzi-
gen Pfarrers Schoͤnfeld ſelbſt haben ſpuken ſehen
wie mir ein guter Freund ſchon vor einem Jahre ge-
ſchrieben hat.


l) Herr Chelius in Ilbesheim, Freſenius in Nie-
derwieſen, Wehſarg in Eichloch, Simon zu Jop-
weiler und noch einige wenige andre, wohin auch der
katholiſche Paſtor in Erbesbuͤdesheim, Herr Hofmann,
gehoͤrt, ſind Maͤnner, welche Balthaſar Beckers
Geiſt haben. Gott lohne ſie dafuͤr!
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[38/0052] nachdem ich dieſen und noch mehr andern Unſinn hatte einſehen lernen; ſo erſchrak man uͤber meinen Un- glauben, und verſicherte mich, ich wuͤrde ſchon ein- mal mit Schaden klug werden. Ja, dieſer Aber- glaube ſitzt den dortigen Einwohnern ſo praktiſch feſt in den Koͤpfen, daß der herrſchaftliche Hofmann in Wendelsheim, dem Geſinde weit mehr Lohn geben muß, als man gewoͤhnlich giebt, blos darum, weil der Schlappohr in ſeinem Revier ſtark ſpuckt, wie man vorgiebt, und weil ſich immer eine weiße Frau im Kuhſtalle ſehen laͤßt. — Das abſcheulichſte iſt, daß die dortigen Geiſt- lichen ſelbſt den Aberglauben zu unterhalten und zu vermehren ſuchen. Mein Vater predigte zwar ſtark gegen dieſe Fratzen; aber er war auch der einzige l), der dergleichen Ungereimtheiten oͤffentlich hernahm. Doch dafuͤr raͤchen ſich nun auch die von ihm verwor- fenen Geſpenſter, indem ihn die Hausleute des jetzi- gen Pfarrers Schoͤnfeld ſelbſt haben ſpuken ſehen wie mir ein guter Freund ſchon vor einem Jahre ge- ſchrieben hat. l) Herr Chelius in Ilbesheim, Freſenius in Nie- derwieſen, Wehſarg in Eichloch, Simon zu Jop- weiler und noch einige wenige andre, wohin auch der katholiſche Paſtor in Erbesbuͤdesheim, Herr Hofmann, gehoͤrt, ſind Maͤnner, welche Balthaſar Beckers Geiſt haben. Gott lohne ſie dafuͤr!

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792, S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792/52>, abgerufen am 02.05.2024.