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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792.

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gelernt: auf den andern Schulen ist das unmöglich.
Doch hier ist der Ort nicht, von den Pfälzer Schulen
weiter zu schreiben: wolt' ich das thun; so müßt' ich
ein ganzes Buch füllen, und könnte doch nur Jere-
miaden anstimmen.

Mein Vater hatte also wohl Ursach, mich nicht
auf eine vaterländische Schule zu schicken: weit ent-
fernen wollte er mich auch nicht. Da er nun wirk-
lich Gaben und Geschick zum Unterrichten hatte; so
entschloß er sich, mich noch eine Zeitlang bei sich zu
behalten. Auch nach Grünstadt sollte ich nicht, und
zwar deswegen nicht, weil ein Bruder seines ärgsten
Feindes, des Pastors Rodrian, damals an dieser
Schule Unterlehrer war. Ich blieb also in Wendels-
heim, und der Unterricht wurde wieder angefangen.

So brachte ich noch einige Jahre zu Hause zu,
und da wir sehr fleißig anhielten; so las ich unter der
Anführung meines Vaters mehrere lateinische und
griechische Autoren. Zugleich kam ich in der Erdbe-
schreibung und Geschichte, welche zu allen Zeiten mei-
ne liebsten Wissenschaften gewesen sind, so ziemlich
weit. Ich erinnere mich noch, mit welcher Freude
ich mit den Herren Pastoren in unsrer Gegend über
Stellen aus diesem und jenem Schriftsteller dispu-
tirt, und sie in gewaltige Verlegenheit gesetzt habe,
wenn sie die besprochenen Stellen nicht recht verstun-

gelernt: auf den andern Schulen iſt das unmoͤglich.
Doch hier iſt der Ort nicht, von den Pfaͤlzer Schulen
weiter zu ſchreiben: wolt' ich das thun; ſo muͤßt' ich
ein ganzes Buch fuͤllen, und koͤnnte doch nur Jere-
miaden anſtimmen.

Mein Vater hatte alſo wohl Urſach, mich nicht
auf eine vaterlaͤndiſche Schule zu ſchicken: weit ent-
fernen wollte er mich auch nicht. Da er nun wirk-
lich Gaben und Geſchick zum Unterrichten hatte; ſo
entſchloß er ſich, mich noch eine Zeitlang bei ſich zu
behalten. Auch nach Gruͤnſtadt ſollte ich nicht, und
zwar deswegen nicht, weil ein Bruder ſeines aͤrgſten
Feindes, des Paſtors Rodrian, damals an dieſer
Schule Unterlehrer war. Ich blieb alſo in Wendels-
heim, und der Unterricht wurde wieder angefangen.

So brachte ich noch einige Jahre zu Hauſe zu,
und da wir ſehr fleißig anhielten; ſo las ich unter der
Anfuͤhrung meines Vaters mehrere lateiniſche und
griechiſche Autoren. Zugleich kam ich in der Erdbe-
ſchreibung und Geſchichte, welche zu allen Zeiten mei-
ne liebſten Wiſſenſchaften geweſen ſind, ſo ziemlich
weit. Ich erinnere mich noch, mit welcher Freude
ich mit den Herren Paſtoren in unſrer Gegend uͤber
Stellen aus dieſem und jenem Schriftſteller diſpu-
tirt, und ſie in gewaltige Verlegenheit geſetzt habe,
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[34/0048] gelernt: auf den andern Schulen iſt das unmoͤglich. Doch hier iſt der Ort nicht, von den Pfaͤlzer Schulen weiter zu ſchreiben: wolt' ich das thun; ſo muͤßt' ich ein ganzes Buch fuͤllen, und koͤnnte doch nur Jere- miaden anſtimmen. Mein Vater hatte alſo wohl Urſach, mich nicht auf eine vaterlaͤndiſche Schule zu ſchicken: weit ent- fernen wollte er mich auch nicht. Da er nun wirk- lich Gaben und Geſchick zum Unterrichten hatte; ſo entſchloß er ſich, mich noch eine Zeitlang bei ſich zu behalten. Auch nach Gruͤnſtadt ſollte ich nicht, und zwar deswegen nicht, weil ein Bruder ſeines aͤrgſten Feindes, des Paſtors Rodrian, damals an dieſer Schule Unterlehrer war. Ich blieb alſo in Wendels- heim, und der Unterricht wurde wieder angefangen. So brachte ich noch einige Jahre zu Hauſe zu, und da wir ſehr fleißig anhielten; ſo las ich unter der Anfuͤhrung meines Vaters mehrere lateiniſche und griechiſche Autoren. Zugleich kam ich in der Erdbe- ſchreibung und Geſchichte, welche zu allen Zeiten mei- ne liebſten Wiſſenſchaften geweſen ſind, ſo ziemlich weit. Ich erinnere mich noch, mit welcher Freude ich mit den Herren Paſtoren in unſrer Gegend uͤber Stellen aus dieſem und jenem Schriftſteller diſpu- tirt, und ſie in gewaltige Verlegenheit geſetzt habe, wenn ſie die beſprochenen Stellen nicht recht verſtun-

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792, S. 34. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792/48>, abgerufen am 21.11.2024.