chen Insolenz gegen die andern Religionsverwandten ausüben -- so haben auch Lutheraner, Reformirten und Katholiken in jeder Pfälzischen Stadt ihre Schu- len; aber die sehen auch aus, daß es ein Greuel ist! Zur Zeit der Jesuiten gab es noch einige bessere ka- tholische Schulen; jedoch nur wenige. Die andern sind von jeher das rechte Gegentheil eines vernünfti- gen Unterrichts gewesen.
Für die katholische Jugend ist Meisters Cani- sius Katechismus mit Pater Matthäus Vogels Erläuterungen das Orakel der Religion. Das Latein lernt man aus Emanuel Alvari's trefflichem Ru- dimente, und aus einigen verstümmelten Autoren. Die Geschichte wird aus einem Lehrbuche vorgetragen, wo auf der einen Seite im abgeschmacktesten Latein und auf der andern im fürchterlichsten Deutsch die Begebenheiten nach wahren jesuitischen Grundsätzen, mit einer Menge Fabeln und Verdrehungen erzählt sind. Ganz früh sucht man den zarten Gemüthern allen nur möglichen Haß gegen Ketzer, und recht re- gen Abscheu gegen Neuerungen, profane Litteratur, Lesung Protestantischer Bücher, u. s. w. einzutrich- tern. Kommt daher so ein Mensch aus einer Pfäl- zischen katholischen Schule; so ist er kraß, wie ein Hornochse, und unwissend in allen nöthigen Kennt- nissen; spricht aber doch Latein. Aber was für La- tein? Solches: Ex mandato Domini Ballivii ve-
chen Inſolenz gegen die andern Religionsverwandten ausuͤben — ſo haben auch Lutheraner, Reformirten und Katholiken in jeder Pfaͤlziſchen Stadt ihre Schu- len; aber die ſehen auch aus, daß es ein Greuel iſt! Zur Zeit der Jeſuiten gab es noch einige beſſere ka- tholiſche Schulen; jedoch nur wenige. Die andern ſind von jeher das rechte Gegentheil eines vernuͤnfti- gen Unterrichts geweſen.
Fuͤr die katholiſche Jugend iſt Meiſters Cani- ſius Katechismus mit Pater Matthaͤus Vogels Erlaͤuterungen das Orakel der Religion. Das Latein lernt man aus Emanuel Alvari's trefflichem Ru- dimente, und aus einigen verſtuͤmmelten Autoren. Die Geſchichte wird aus einem Lehrbuche vorgetragen, wo auf der einen Seite im abgeſchmackteſten Latein und auf der andern im fuͤrchterlichſten Deutſch die Begebenheiten nach wahren jeſuitiſchen Grundſaͤtzen, mit einer Menge Fabeln und Verdrehungen erzaͤhlt ſind. Ganz fruͤh ſucht man den zarten Gemuͤthern allen nur moͤglichen Haß gegen Ketzer, und recht re- gen Abſcheu gegen Neuerungen, profane Litteratur, Leſung Proteſtantiſcher Buͤcher, u. ſ. w. einzutrich- tern. Kommt daher ſo ein Menſch aus einer Pfaͤl- ziſchen katholiſchen Schule; ſo iſt er kraß, wie ein Hornochſe, und unwiſſend in allen noͤthigen Kennt- niſſen; ſpricht aber doch Latein. Aber was fuͤr La- tein? Solches: Ex mandato Domini Ballivii ve-
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chen Inſolenz gegen die andern Religionsverwandten
ausuͤben — ſo haben auch Lutheraner, Reformirten
und Katholiken in jeder Pfaͤlziſchen Stadt ihre Schu-
len; aber die ſehen auch aus, daß es ein Greuel iſt!
Zur Zeit der Jeſuiten gab es noch einige beſſere ka-
tholiſche Schulen; jedoch nur wenige. Die andern
ſind von jeher das rechte Gegentheil eines vernuͤnfti-
gen Unterrichts geweſen.
Fuͤr die katholiſche Jugend iſt Meiſters Cani-
ſius Katechismus mit Pater Matthaͤus Vogels
Erlaͤuterungen das Orakel der Religion. Das Latein
lernt man aus Emanuel Alvari's trefflichem Ru-
dimente, und aus einigen verſtuͤmmelten Autoren.
Die Geſchichte wird aus einem Lehrbuche vorgetragen,
wo auf der einen Seite im abgeſchmackteſten Latein
und auf der andern im fuͤrchterlichſten Deutſch die
Begebenheiten nach wahren jeſuitiſchen Grundſaͤtzen,
mit einer Menge Fabeln und Verdrehungen erzaͤhlt
ſind. Ganz fruͤh ſucht man den zarten Gemuͤthern
allen nur moͤglichen Haß gegen Ketzer, und recht re-
gen Abſcheu gegen Neuerungen, profane Litteratur,
Leſung Proteſtantiſcher Buͤcher, u. ſ. w. einzutrich-
tern. Kommt daher ſo ein Menſch aus einer Pfaͤl-
ziſchen katholiſchen Schule; ſo iſt er kraß, wie ein
Hornochſe, und unwiſſend in allen noͤthigen Kennt-
niſſen; ſpricht aber doch Latein. Aber was fuͤr La-
tein? Solches: Ex mandato Domini Ballivii ve-
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792, S. 32. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792/46>, abgerufen am 24.11.2024.
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