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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792.

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hielt, wollte durchaus nicht, und als der Herr In-
spektor ihm mit Schlägen drohte, versetzte er dem-
selben einen solchen Stoß, daß er rücklings ins Pri-
vet fiel, und sich schrecklich besudelt. -- Von diesem
schmutzigen Handel machten wir eine Komödie, und
führten sie mehrmalen auf: da kamen noch andre
Personen dazu: eine Hexe, ein Jude, sogar der
Teufel. Hr. Kratz erfuhr endlich, daß er den Stoff
zu einer Komödie seiner Schüler hergab, und da
regnete es nun Prügel mehr als zu viel. Drei Tage
währte die Exekution, bis wir alle, wie man sagt,
unser Fett reichlich bekommen hatten.

Die Bauern in Dolgesheim fürchteten sich or-
dentlich vor uns: denn es vergieng kein Tag, daß
wir die Leute nicht geneckt oder sonst gehudelt hätten.

Ich wohnte bei dem Bruder meines Vaters,
der sich in Dolgesheim aufhielt, und Kammersekre-
tär bei dem Grafen von Leuningen Gundersblum
Emmerich war. Dieser Graf hat sich nachher selbst
erschossen. Mein Onkel hatte einen Sohn, Jakob,
welcher eben so lustig lebte als ich, und es trotz mir,
in der Schelmerei weit genug gebracht hatte. Meine
Leser werden nun schon für sich selbst einsehen, daß
meine Sitten in Dolgesheim eher verschlimmert, als
verbessert wurden.

Im Latein kam ich freilich weiter. Ich lernte
den Cellarius auswendig, und fieng an, den Cor-

hielt, wollte durchaus nicht, und als der Herr In-
ſpektor ihm mit Schlaͤgen drohte, verſetzte er dem-
ſelben einen ſolchen Stoß, daß er ruͤcklings ins Pri-
vet fiel, und ſich ſchrecklich beſudelt. — Von dieſem
ſchmutzigen Handel machten wir eine Komoͤdie, und
fuͤhrten ſie mehrmalen auf: da kamen noch andre
Perſonen dazu: eine Hexe, ein Jude, ſogar der
Teufel. Hr. Kratz erfuhr endlich, daß er den Stoff
zu einer Komoͤdie ſeiner Schuͤler hergab, und da
regnete es nun Pruͤgel mehr als zu viel. Drei Tage
waͤhrte die Exekution, bis wir alle, wie man ſagt,
unſer Fett reichlich bekommen hatten.

Die Bauern in Dolgesheim fuͤrchteten ſich or-
dentlich vor uns: denn es vergieng kein Tag, daß
wir die Leute nicht geneckt oder ſonſt gehudelt haͤtten.

Ich wohnte bei dem Bruder meines Vaters,
der ſich in Dolgesheim aufhielt, und Kammerſekre-
taͤr bei dem Grafen von Leuningen Gundersblum
Emmerich war. Dieſer Graf hat ſich nachher ſelbſt
erſchoſſen. Mein Onkel hatte einen Sohn, Jakob,
welcher eben ſo luſtig lebte als ich, und es trotz mir,
in der Schelmerei weit genug gebracht hatte. Meine
Leſer werden nun ſchon fuͤr ſich ſelbſt einſehen, daß
meine Sitten in Dolgesheim eher verſchlimmert, als
verbeſſert wurden.

Im Latein kam ich freilich weiter. Ich lernte
den Cellarius auswendig, und fieng an, den Cor-

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[29/0043] hielt, wollte durchaus nicht, und als der Herr In- ſpektor ihm mit Schlaͤgen drohte, verſetzte er dem- ſelben einen ſolchen Stoß, daß er ruͤcklings ins Pri- vet fiel, und ſich ſchrecklich beſudelt. — Von dieſem ſchmutzigen Handel machten wir eine Komoͤdie, und fuͤhrten ſie mehrmalen auf: da kamen noch andre Perſonen dazu: eine Hexe, ein Jude, ſogar der Teufel. Hr. Kratz erfuhr endlich, daß er den Stoff zu einer Komoͤdie ſeiner Schuͤler hergab, und da regnete es nun Pruͤgel mehr als zu viel. Drei Tage waͤhrte die Exekution, bis wir alle, wie man ſagt, unſer Fett reichlich bekommen hatten. Die Bauern in Dolgesheim fuͤrchteten ſich or- dentlich vor uns: denn es vergieng kein Tag, daß wir die Leute nicht geneckt oder ſonſt gehudelt haͤtten. Ich wohnte bei dem Bruder meines Vaters, der ſich in Dolgesheim aufhielt, und Kammerſekre- taͤr bei dem Grafen von Leuningen Gundersblum Emmerich war. Dieſer Graf hat ſich nachher ſelbſt erſchoſſen. Mein Onkel hatte einen Sohn, Jakob, welcher eben ſo luſtig lebte als ich, und es trotz mir, in der Schelmerei weit genug gebracht hatte. Meine Leſer werden nun ſchon fuͤr ſich ſelbſt einſehen, daß meine Sitten in Dolgesheim eher verſchlimmert, als verbeſſert wurden. Im Latein kam ich freilich weiter. Ich lernte den Cellarius auswendig, und fieng an, den Cor-

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792, S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792/43>, abgerufen am 24.11.2024.