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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792.

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lern das Zeug eingerbte. Ich kann mich vorzüglich
rühmen, die schwere Hand des Hrn. Kratz oft und
derb empfunden zu haben.

Seine Eleven waren meistentheils übelgezogene
Jungen; und wie vorbereitet ich in diese Gesellschaft
gekommen bin, wissen meine Leser. Die Schüler,
an der Zahl vierzehn, behandelten mich als einen
kleinen Buben, der ihren Komment (Kommang)
nicht verstünde, und den sie also in die Lehre nehmen
müßten. Aber sie wurden bald inne, daß sie sich ge-
irrt hatten. Ich fing an, das praktisch zu zeigen,
was ich in Wendelsheim von meinem Mentor, dem
Ludwig Spangenberger, theoretisch gelernt hatte:
und da sahen die Dolgesheimer Jungen, daß ich in
manchen Stücken noch hätte ihr Lehrmeister seyn kön-
nen. Ich ward jetzt der Theilnehmer an allen ihren
Vergnügungen, und bald die Seele der Gesellschaft.
Kein Lumpenstreich wurde ausgeführt -- Mosjeh Fritz
war dabei, und nicht selten der Anführer. Unsern
Lehrmeister, oder wie wir ihn nannten, Lehrprinzen
(Principalen) schonten wir nicht, und schabernakten
ihn, wo wir nur konnten. Ich muß doch so einen
Streich erzählen!

Der Inspektor Kratz hatte einen Knecht, Na-
mens Hans. Diesen Kerl wollte der Inspektor
zwingen, ein Privet im Garten auszuräumen. Der
Knecht, welcher diese Arbeit unter seiner Würde

lern das Zeug eingerbte. Ich kann mich vorzuͤglich
ruͤhmen, die ſchwere Hand des Hrn. Kratz oft und
derb empfunden zu haben.

Seine Eleven waren meiſtentheils uͤbelgezogene
Jungen; und wie vorbereitet ich in dieſe Geſellſchaft
gekommen bin, wiſſen meine Leſer. Die Schuͤler,
an der Zahl vierzehn, behandelten mich als einen
kleinen Buben, der ihren Komment (Kommang)
nicht verſtuͤnde, und den ſie alſo in die Lehre nehmen
muͤßten. Aber ſie wurden bald inne, daß ſie ſich ge-
irrt hatten. Ich fing an, das praktiſch zu zeigen,
was ich in Wendelsheim von meinem Mentor, dem
Ludwig Spangenberger, theoretiſch gelernt hatte:
und da ſahen die Dolgesheimer Jungen, daß ich in
manchen Stuͤcken noch haͤtte ihr Lehrmeiſter ſeyn koͤn-
nen. Ich ward jetzt der Theilnehmer an allen ihren
Vergnuͤgungen, und bald die Seele der Geſellſchaft.
Kein Lumpenſtreich wurde ausgefuͤhrt — Mosjeh Fritz
war dabei, und nicht ſelten der Anfuͤhrer. Unſern
Lehrmeiſter, oder wie wir ihn nannten, Lehrprinzen
(Principalen) ſchonten wir nicht, und ſchabernakten
ihn, wo wir nur konnten. Ich muß doch ſo einen
Streich erzaͤhlen!

Der Inſpektor Kratz hatte einen Knecht, Na-
mens Hans. Dieſen Kerl wollte der Inſpektor
zwingen, ein Privet im Garten auszuraͤumen. Der
Knecht, welcher dieſe Arbeit unter ſeiner Wuͤrde

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[28/0042] lern das Zeug eingerbte. Ich kann mich vorzuͤglich ruͤhmen, die ſchwere Hand des Hrn. Kratz oft und derb empfunden zu haben. Seine Eleven waren meiſtentheils uͤbelgezogene Jungen; und wie vorbereitet ich in dieſe Geſellſchaft gekommen bin, wiſſen meine Leſer. Die Schuͤler, an der Zahl vierzehn, behandelten mich als einen kleinen Buben, der ihren Komment (Kommang) nicht verſtuͤnde, und den ſie alſo in die Lehre nehmen muͤßten. Aber ſie wurden bald inne, daß ſie ſich ge- irrt hatten. Ich fing an, das praktiſch zu zeigen, was ich in Wendelsheim von meinem Mentor, dem Ludwig Spangenberger, theoretiſch gelernt hatte: und da ſahen die Dolgesheimer Jungen, daß ich in manchen Stuͤcken noch haͤtte ihr Lehrmeiſter ſeyn koͤn- nen. Ich ward jetzt der Theilnehmer an allen ihren Vergnuͤgungen, und bald die Seele der Geſellſchaft. Kein Lumpenſtreich wurde ausgefuͤhrt — Mosjeh Fritz war dabei, und nicht ſelten der Anfuͤhrer. Unſern Lehrmeiſter, oder wie wir ihn nannten, Lehrprinzen (Principalen) ſchonten wir nicht, und ſchabernakten ihn, wo wir nur konnten. Ich muß doch ſo einen Streich erzaͤhlen! Der Inſpektor Kratz hatte einen Knecht, Na- mens Hans. Dieſen Kerl wollte der Inſpektor zwingen, ein Privet im Garten auszuraͤumen. Der Knecht, welcher dieſe Arbeit unter ſeiner Wuͤrde

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792, S. 28. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792/42>, abgerufen am 24.11.2024.