An dem Schulwesen in der Pfalz giebt es noch viel zu verbessern!
Der Inspektor Kratz in Dolgesheim hatte schon vor mehrern Jahren eine Art Erziehungsinstitut an- gelegt, und manche junge Leute so weit gebracht, daß sie die Universität beziehen konnten. Unter andern war auch der Nachfolger des theuren Herrn Sigis- mundus, weiland Professors der Theologie und Moral auf dem Bahrdtischen Philanthropin zu Hei- desheim k), der ehrwürdige Herr Schukmann, Alumnus des Kratzischen Instituts, bis er die hohe Schule in Giessen bezogen hat. Kratz war wirklich ein geschickter Mann im Latein und im Griechischen: er wußte viele Vocabeln, war stark in der Gramma- tik, und konnte ganze Reden des Cicero wörtlich hersagen: sonst war er steif orthodox. Als daher Hr. D.Bahrdt in der Pfalz 1777 seine Komö- die spielte, predigte er tapfer wieder ihn los. Im Unterricht war er ein rechter Orbilius, der immer cum baculo et annulo dastund, und seinen Schü-
k) Von diesem herrlichen Manne handeln die Beiträ- ge zu Doktor Bahrdts Lebensgeschichte in Briefen eines Pfälzers. S. 97. ff.
Fuͤnftes Kapitel.
An dem Schulweſen in der Pfalz giebt es noch viel zu verbeſſern!
Der Inſpektor Kratz in Dolgesheim hatte ſchon vor mehrern Jahren eine Art Erziehungsinſtitut an- gelegt, und manche junge Leute ſo weit gebracht, daß ſie die Univerſitaͤt beziehen konnten. Unter andern war auch der Nachfolger des theuren Herrn Sigis- mundus, weiland Profeſſors der Theologie und Moral auf dem Bahrdtiſchen Philanthropin zu Hei- desheim k), der ehrwuͤrdige Herr Schukmann, Alumnus des Kratziſchen Inſtituts, bis er die hohe Schule in Gieſſen bezogen hat. Kratz war wirklich ein geſchickter Mann im Latein und im Griechiſchen: er wußte viele Vocabeln, war ſtark in der Gramma- tik, und konnte ganze Reden des Cicero woͤrtlich herſagen: ſonſt war er ſteif orthodox. Als daher Hr. D.Bahrdt in der Pfalz 1777 ſeine Komoͤ- die ſpielte, predigte er tapfer wieder ihn los. Im Unterricht war er ein rechter Orbilius, der immer cum baculo et annulo daſtund, und ſeinen Schuͤ-
k) Von dieſem herrlichen Manne handeln die Beitraͤ- ge zu Doktor Bahrdts Lebensgeſchichte in Briefen eines Pfaͤlzers. S. 97. ff.
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Fuͤnftes Kapitel.
An dem Schulweſen in der Pfalz giebt es noch viel zu
verbeſſern!
Der Inſpektor Kratz in Dolgesheim hatte ſchon
vor mehrern Jahren eine Art Erziehungsinſtitut an-
gelegt, und manche junge Leute ſo weit gebracht, daß
ſie die Univerſitaͤt beziehen konnten. Unter andern
war auch der Nachfolger des theuren Herrn Sigis-
mundus, weiland Profeſſors der Theologie und
Moral auf dem Bahrdtiſchen Philanthropin zu Hei-
desheim k), der ehrwuͤrdige Herr Schukmann,
Alumnus des Kratziſchen Inſtituts, bis er die hohe
Schule in Gieſſen bezogen hat. Kratz war wirklich
ein geſchickter Mann im Latein und im Griechiſchen:
er wußte viele Vocabeln, war ſtark in der Gramma-
tik, und konnte ganze Reden des Cicero woͤrtlich
herſagen: ſonſt war er ſteif orthodox. Als daher
Hr. D. Bahrdt in der Pfalz 1777 ſeine Komoͤ-
die ſpielte, predigte er tapfer wieder ihn los. Im
Unterricht war er ein rechter Orbilius, der immer
cum baculo et annulo daſtund, und ſeinen Schuͤ-
k) Von dieſem herrlichen Manne handeln die Beitraͤ-
ge zu Doktor Bahrdts Lebensgeſchichte in
Briefen eines Pfaͤlzers. S. 97. ff.
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792, S. 27. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792/41>, abgerufen am 24.11.2024.
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