Wagner, auch ein Sohn des Jesuiten zu Werrstadt, hatte nämlich Herrn von Zwirnlein einige Dutzend Füchse zugeschickt, und also die Exspektanz auf Ober- saulheim dafür erhalten, wofür man damals fast alle Bedienungen erhielt -- für Geld.
Also auch diese meine Hofnung war verschwun- den, und mit ihr meine Anhänglichkeit an Mamsel Katharinchen, der ich bisher blos als möglichem Ka- nale zur Pfarre geschmeichelt hatte. Sie machte mir anfangs zärtliche, hernach gröbere Vorwürfe, und endlich sprach sie zu meiner Freude gar nicht mehr mit mir.
Mein Vater war höchst unzufrieden mit meiner Lage, noch viel unzufriedener als ich selbst. Wenn du, sagte er oft zu mir, noch lange ohne Versor- gung bleibst, so gehst du an Leib und Seele verlo- ren. -- Ich tröstete ihn mit meiner Hofnung, eine Pfarre in Franken zu erhalten; aber diese beruhigte ihn nicht. Das Ding, meinte er, verzögere sich -- mit unter machte ich auch wohl einen dummen Streich, und dann wäre alles verloren. Ich sollte mich in Heidelberg zu einer Stelle melden, und gäb' es gleich nicht viel dabei zu speisen, so stürbe doch auch keiner Hungers.
Ich schrieb also nach Heidelberg, und erinnerte Herrn Zehnern an das mir schon vor mehrerer Zeit gethane Versprechen, mit der Bitte, mir eine
Wagner, auch ein Sohn des Jeſuiten zu Werrſtadt, hatte naͤmlich Herrn von Zwirnlein einige Dutzend Fuͤchſe zugeſchickt, und alſo die Exſpektanz auf Ober- ſaulheim dafuͤr erhalten, wofuͤr man damals faſt alle Bedienungen erhielt — fuͤr Geld.
Alſo auch dieſe meine Hofnung war verſchwun- den, und mit ihr meine Anhaͤnglichkeit an Mamſel Katharinchen, der ich bisher blos als moͤglichem Ka- nale zur Pfarre geſchmeichelt hatte. Sie machte mir anfangs zaͤrtliche, hernach groͤbere Vorwuͤrfe, und endlich ſprach ſie zu meiner Freude gar nicht mehr mit mir.
Mein Vater war hoͤchſt unzufrieden mit meiner Lage, noch viel unzufriedener als ich ſelbſt. Wenn du, ſagte er oft zu mir, noch lange ohne Verſor- gung bleibſt, ſo gehſt du an Leib und Seele verlo- ren. — Ich troͤſtete ihn mit meiner Hofnung, eine Pfarre in Franken zu erhalten; aber dieſe beruhigte ihn nicht. Das Ding, meinte er, verzoͤgere ſich — mit unter machte ich auch wohl einen dummen Streich, und dann waͤre alles verloren. Ich ſollte mich in Heidelberg zu einer Stelle melden, und gaͤb' es gleich nicht viel dabei zu ſpeiſen, ſo ſtuͤrbe doch auch keiner Hungers.
Ich ſchrieb alſo nach Heidelberg, und erinnerte Herrn Zehnern an das mir ſchon vor mehrerer Zeit gethane Verſprechen, mit der Bitte, mir eine
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Wagner, auch ein Sohn des Jeſuiten zu Werrſtadt,
hatte naͤmlich Herrn von Zwirnlein einige Dutzend
Fuͤchſe zugeſchickt, und alſo die Exſpektanz auf Ober-
ſaulheim dafuͤr erhalten, wofuͤr man damals faſt alle
Bedienungen erhielt — fuͤr Geld.
Alſo auch dieſe meine Hofnung war verſchwun-
den, und mit ihr meine Anhaͤnglichkeit an Mamſel
Katharinchen, der ich bisher blos als moͤglichem Ka-
nale zur Pfarre geſchmeichelt hatte. Sie machte mir
anfangs zaͤrtliche, hernach groͤbere Vorwuͤrfe, und
endlich ſprach ſie zu meiner Freude gar nicht mehr
mit mir.
Mein Vater war hoͤchſt unzufrieden mit meiner
Lage, noch viel unzufriedener als ich ſelbſt. Wenn
du, ſagte er oft zu mir, noch lange ohne Verſor-
gung bleibſt, ſo gehſt du an Leib und Seele verlo-
ren. — Ich troͤſtete ihn mit meiner Hofnung, eine
Pfarre in Franken zu erhalten; aber dieſe beruhigte
ihn nicht. Das Ding, meinte er, verzoͤgere ſich —
mit unter machte ich auch wohl einen dummen
Streich, und dann waͤre alles verloren. Ich ſollte
mich in Heidelberg zu einer Stelle melden, und gaͤb'
es gleich nicht viel dabei zu ſpeiſen, ſo ſtuͤrbe doch
auch keiner Hungers.
Ich ſchrieb alſo nach Heidelberg, und erinnerte
Herrn Zehnern an das mir ſchon vor mehrerer
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792, S. 384. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792/398>, abgerufen am 21.11.2024.
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