Zeit zu bestimmen, wo ich etwa mich zum Examen stel- len solte. Allein Herr Zehner schrieb wieder zurück: für mich wäre in der Kurpfalz nichts zu machen -- ich hätte an der Hundelschen Schrift Theil ge- habt -- man wüßte sogar, welche Nachrichten in derselben von mir herkämen -- das Konsistorium dürfe durchaus beim Kurfürsten nicht anstoßen, und bedauerte endlich am Ende seines Briefes, daß er mir nicht dienen könnte. -- -- -- Also war mein Glücksstern auch in der Kurpfalz, wo jeder Schuft Pfarrer werden kann, untergegangen! -- Wenn ich sage jeder Schuft, so soll das nicht so viel heißen, als wenn alle lutherischen Prediger in der Kurpfalz Schufte wären, sondern daß laut der Er- fahrung ausserordentlich viel Schufte da Pfarrer ge- worden sind und noch werden. Nur ein Paar Beispiele.
Ein gewisser Homann, der in seiner Ju- gend etwas studiert, hernach aber sich durchs Korb- machen ernährt hatte, erhielt die Pfarre zu Kriegs- feld, wo er so viel dumme und grobe Streiche machte -- er ganfte sogar m) -- daß ihn das Kon-
m) Homann stahl einst dem Grafen von Grehweiler eine goldene Tabatiere. Der Graf wurde den Verlust ge- wahr, und sagte ganz kalt zu Homann: "Herr Pfarrer,
Erster Theil. Bb
Zeit zu beſtimmen, wo ich etwa mich zum Examen ſtel- len ſolte. Allein Herr Zehner ſchrieb wieder zuruͤck: fuͤr mich waͤre in der Kurpfalz nichts zu machen — ich haͤtte an der Hundelſchen Schrift Theil ge- habt — man wuͤßte ſogar, welche Nachrichten in derſelben von mir herkaͤmen — das Konſiſtorium duͤrfe durchaus beim Kurfuͤrſten nicht anſtoßen, und bedauerte endlich am Ende ſeines Briefes, daß er mir nicht dienen koͤnnte. — — — Alſo war mein Gluͤcksſtern auch in der Kurpfalz, wo jeder Schuft Pfarrer werden kann, untergegangen! — Wenn ich ſage jeder Schuft, ſo ſoll das nicht ſo viel heißen, als wenn alle lutheriſchen Prediger in der Kurpfalz Schufte waͤren, ſondern daß laut der Er- fahrung auſſerordentlich viel Schufte da Pfarrer ge- worden ſind und noch werden. Nur ein Paar Beiſpiele.
Ein gewiſſer Homann, der in ſeiner Ju- gend etwas ſtudiert, hernach aber ſich durchs Korb- machen ernaͤhrt hatte, erhielt die Pfarre zu Kriegs- feld, wo er ſo viel dumme und grobe Streiche machte — er ganfte ſogar m) — daß ihn das Kon-
m) Homann ſtahl einſt dem Grafen von Grehweiler eine goldene Tabatiere. Der Graf wurde den Verluſt ge- wahr, und ſagte ganz kalt zu Homann: „Herr Pfarrer,
Erſter Theil. Bb
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Zeit zu beſtimmen, wo ich etwa mich zum Examen ſtel-
len ſolte. Allein Herr Zehner ſchrieb wieder zuruͤck:
fuͤr mich waͤre in der Kurpfalz nichts zu machen —
ich haͤtte an der Hundelſchen Schrift Theil ge-
habt — man wuͤßte ſogar, welche Nachrichten in
derſelben von mir herkaͤmen — das Konſiſtorium
duͤrfe durchaus beim Kurfuͤrſten nicht anſtoßen, und
bedauerte endlich am Ende ſeines Briefes, daß er mir
nicht dienen koͤnnte. — — — Alſo war mein
Gluͤcksſtern auch in der Kurpfalz, wo jeder Schuft
Pfarrer werden kann, untergegangen! — Wenn
ich ſage jeder Schuft, ſo ſoll das nicht ſo viel
heißen, als wenn alle lutheriſchen Prediger in der
Kurpfalz Schufte waͤren, ſondern daß laut der Er-
fahrung auſſerordentlich viel Schufte da Pfarrer ge-
worden ſind und noch werden. Nur ein Paar
Beiſpiele.
Ein gewiſſer Homann, der in ſeiner Ju-
gend etwas ſtudiert, hernach aber ſich durchs Korb-
machen ernaͤhrt hatte, erhielt die Pfarre zu Kriegs-
feld, wo er ſo viel dumme und grobe Streiche
machte — er ganfte ſogar m) — daß ihn das Kon-
m) Homann ſtahl einſt dem Grafen von Grehweiler eine
goldene Tabatiere. Der Graf wurde den Verluſt ge-
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792, S. 385. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792/399>, abgerufen am 16.02.2025.
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