er mich nicht hätte kuriren können: er war überhaupt geschickt, und verstand die Heilung venerischer Krank- heiten, die in dortiger Gegend gar keine seltene Er- scheinungen sind, aus dem Fundament, sondern weil ich mit seiner Schwester in einem solchen Ver- hältnisse stand, nach welchem die Entdeckung äusserst delikat ward. -- Ich ging also zu dem Feldscheer Kissel nach Schornsheim, einem Manne, der wenigstens den Ruf der Verschwiegenheit hatte, und entdeckte ihm mein Malhör. Er sah das Ding für eine Kleinigkeit an, gab mir Arzenei und versprach mir, in wenig Wochen meine Gesundheit wieder herzustellen. Allein Meister Kissel war ein Igno- rant in seiner Kunst, dessen Gleichen Legion heißt: er verstand das Uebel nicht, und machte es durch seine reizenden Mittel so schlimm, daß ich die höllisch- sten Schmerzen empfand, und endlich gar im Bette bleiben mußte. Köster mochte wol merken, wo es mir fehlte; da ich aber nichts gestand, sondern blos über Magendrücken klagte, so ließ ers gut seyn, und gab mir Arzenei fürs Magendrücken. --
In dieser Noth schrieb ich nach Mainz, und bat den Baron, mich zu besuchen, aber in einem Wagen, weil ich mit ihm hereinfahren wollte und müßte. Er kam, und nachdem ich ihm meine Um- stände entdeckt hatte, schüttelte er den Kopf gewal-
er mich nicht haͤtte kuriren koͤnnen: er war uͤberhaupt geſchickt, und verſtand die Heilung veneriſcher Krank- heiten, die in dortiger Gegend gar keine ſeltene Er- ſcheinungen ſind, aus dem Fundament, ſondern weil ich mit ſeiner Schweſter in einem ſolchen Ver- haͤltniſſe ſtand, nach welchem die Entdeckung aͤuſſerſt delikat ward. — Ich ging alſo zu dem Feldſcheer Kiſſel nach Schornsheim, einem Manne, der wenigſtens den Ruf der Verſchwiegenheit hatte, und entdeckte ihm mein Malhoͤr. Er ſah das Ding fuͤr eine Kleinigkeit an, gab mir Arzenei und verſprach mir, in wenig Wochen meine Geſundheit wieder herzuſtellen. Allein Meiſter Kiſſel war ein Igno- rant in ſeiner Kunſt, deſſen Gleichen Legion heißt: er verſtand das Uebel nicht, und machte es durch ſeine reizenden Mittel ſo ſchlimm, daß ich die hoͤlliſch- ſten Schmerzen empfand, und endlich gar im Bette bleiben mußte. Koͤſter mochte wol merken, wo es mir fehlte; da ich aber nichts geſtand, ſondern blos uͤber Magendruͤcken klagte, ſo ließ ers gut ſeyn, und gab mir Arzenei fuͤrs Magendruͤcken. —
In dieſer Noth ſchrieb ich nach Mainz, und bat den Baron, mich zu beſuchen, aber in einem Wagen, weil ich mit ihm hereinfahren wollte und muͤßte. Er kam, und nachdem ich ihm meine Um- ſtaͤnde entdeckt hatte, ſchuͤttelte er den Kopf gewal-
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0394"n="380"/>
er mich nicht haͤtte kuriren koͤnnen: er war uͤberhaupt<lb/>
geſchickt, und verſtand die Heilung veneriſcher Krank-<lb/>
heiten, die in dortiger Gegend gar keine ſeltene Er-<lb/>ſcheinungen ſind, aus dem Fundament, ſondern<lb/>
weil ich mit ſeiner Schweſter in einem ſolchen Ver-<lb/>
haͤltniſſe ſtand, nach welchem die Entdeckung aͤuſſerſt<lb/>
delikat ward. — Ich ging alſo zu dem Feldſcheer<lb/><hirendition="#g">Kiſſel</hi> nach Schornsheim, einem Manne, der<lb/>
wenigſtens den Ruf der Verſchwiegenheit hatte, und<lb/>
entdeckte ihm mein Malhoͤr. Er ſah das Ding fuͤr<lb/>
eine Kleinigkeit an, gab mir Arzenei und verſprach<lb/>
mir, in wenig Wochen meine Geſundheit wieder<lb/>
herzuſtellen. Allein Meiſter Kiſſel war ein Igno-<lb/>
rant in ſeiner Kunſt, deſſen Gleichen Legion heißt:<lb/>
er verſtand das Uebel nicht, und machte es durch<lb/>ſeine reizenden Mittel ſo ſchlimm, daß ich die hoͤlliſch-<lb/>ſten Schmerzen empfand, und endlich gar im Bette<lb/>
bleiben mußte. Koͤſter mochte wol merken, wo es<lb/>
mir fehlte; da ich aber nichts geſtand, ſondern blos<lb/>
uͤber Magendruͤcken klagte, ſo ließ ers gut ſeyn, und<lb/>
gab mir Arzenei fuͤrs Magendruͤcken. —</p><lb/><p>In dieſer Noth ſchrieb ich nach Mainz, und<lb/>
bat den Baron, mich zu beſuchen, aber in einem<lb/>
Wagen, weil ich mit ihm hereinfahren wollte und<lb/>
muͤßte. Er kam, und nachdem ich ihm meine Um-<lb/>ſtaͤnde entdeckt hatte, ſchuͤttelte er den Kopf gewal-<lb/></p></div></body></text></TEI>
[380/0394]
er mich nicht haͤtte kuriren koͤnnen: er war uͤberhaupt
geſchickt, und verſtand die Heilung veneriſcher Krank-
heiten, die in dortiger Gegend gar keine ſeltene Er-
ſcheinungen ſind, aus dem Fundament, ſondern
weil ich mit ſeiner Schweſter in einem ſolchen Ver-
haͤltniſſe ſtand, nach welchem die Entdeckung aͤuſſerſt
delikat ward. — Ich ging alſo zu dem Feldſcheer
Kiſſel nach Schornsheim, einem Manne, der
wenigſtens den Ruf der Verſchwiegenheit hatte, und
entdeckte ihm mein Malhoͤr. Er ſah das Ding fuͤr
eine Kleinigkeit an, gab mir Arzenei und verſprach
mir, in wenig Wochen meine Geſundheit wieder
herzuſtellen. Allein Meiſter Kiſſel war ein Igno-
rant in ſeiner Kunſt, deſſen Gleichen Legion heißt:
er verſtand das Uebel nicht, und machte es durch
ſeine reizenden Mittel ſo ſchlimm, daß ich die hoͤlliſch-
ſten Schmerzen empfand, und endlich gar im Bette
bleiben mußte. Koͤſter mochte wol merken, wo es
mir fehlte; da ich aber nichts geſtand, ſondern blos
uͤber Magendruͤcken klagte, ſo ließ ers gut ſeyn, und
gab mir Arzenei fuͤrs Magendruͤcken. —
In dieſer Noth ſchrieb ich nach Mainz, und
bat den Baron, mich zu beſuchen, aber in einem
Wagen, weil ich mit ihm hereinfahren wollte und
muͤßte. Er kam, und nachdem ich ihm meine Um-
ſtaͤnde entdeckt hatte, ſchuͤttelte er den Kopf gewal-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792, S. 380. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792/394>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.