tig, doch sprach er mir Trost ein: Doktor Strack würde mich schon kuriren.
Sobald ich nach Mainz kam, besuchte ich so- gleich diesen vortrefflichen Arzt. "Herr! fing er an, "nachdem er das Uebel untersucht hatte, was ha- "ben Sie für einen Doktor gebraucht?" --
Ich: Den Barbier Kissel von Schornsheim.
Strack: Das ist ein Schurke -- ein wahrer Spitzbube ist das! -- denn jeder Doktor ist ein Hallunke und Spitzbube, der Krankheiten übernimmt, die er nicht versteht! -- die Canaille hätte Sie hin- liefern können! -- Doch es ist noch Zeit -- dies da muß geheilt und jenes wieder hergestellt werden! -- Heute, Morgen und Uebermorgen bleiben Sie hier -- dann wird der Schmerz weg seyn, und Sie können wieder gehen. Ich will Ihnen Arznei ver- schreiben, bei deren rechtem Gebrauch nebst strenger Diät Sie bald wieder hergestellt seyn sollen.
Die Worte des rechtschaffenen Mannes gingen in Erfüllung: innerhalb drei Wochen war ich voll- kommen gesund; hätte ich aber den Ignoranten, den Meister Kissel fortgebraucht, ich glaube, ich läge schon längst in Obersaulheim auf dem Kirchhofe begra- ben. -- -- Herr Strak lebt noch, und sollte ihm diese Schrift zu Gesichte kommen; so versichere ich ihn hier öffentlich, daß ich nie des ihm schuldigen Danks vergessen werde. Möchten doch recht viele
tig, doch ſprach er mir Troſt ein: Doktor Strack wuͤrde mich ſchon kuriren.
Sobald ich nach Mainz kam, beſuchte ich ſo- gleich dieſen vortrefflichen Arzt. „Herr! fing er an, „nachdem er das Uebel unterſucht hatte, was ha- „ben Sie fuͤr einen Doktor gebraucht?“ —
Ich: Den Barbier Kiſſel von Schornsheim.
Strack: Das iſt ein Schurke — ein wahrer Spitzbube iſt das! — denn jeder Doktor iſt ein Hallunke und Spitzbube, der Krankheiten uͤbernimmt, die er nicht verſteht! — die Canaille haͤtte Sie hin- liefern koͤnnen! — Doch es iſt noch Zeit — dies da muß geheilt und jenes wieder hergeſtellt werden! — Heute, Morgen und Uebermorgen bleiben Sie hier — dann wird der Schmerz weg ſeyn, und Sie koͤnnen wieder gehen. Ich will Ihnen Arznei ver- ſchreiben, bei deren rechtem Gebrauch nebſt ſtrenger Diaͤt Sie bald wieder hergeſtellt ſeyn ſollen.
Die Worte des rechtſchaffenen Mannes gingen in Erfuͤllung: innerhalb drei Wochen war ich voll- kommen geſund; haͤtte ich aber den Ignoranten, den Meiſter Kiſſel fortgebraucht, ich glaube, ich laͤge ſchon laͤngſt in Oberſaulheim auf dem Kirchhofe begra- ben. — — Herr Strak lebt noch, und ſollte ihm dieſe Schrift zu Geſichte kommen; ſo verſichere ich ihn hier oͤffentlich, daß ich nie des ihm ſchuldigen Danks vergeſſen werde. Moͤchten doch recht viele
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0395"n="381"/>
tig, doch ſprach er mir Troſt ein: <hirendition="#g">Doktor Strack</hi><lb/>
wuͤrde mich ſchon kuriren.</p><lb/><p>Sobald ich nach Mainz kam, beſuchte ich ſo-<lb/>
gleich dieſen vortrefflichen Arzt. „Herr! fing er an,<lb/>„nachdem er das Uebel unterſucht hatte, was ha-<lb/>„ben Sie fuͤr einen Doktor gebraucht?“—</p><lb/><p><hirendition="#g">Ich</hi>: Den Barbier Kiſſel von Schornsheim.</p><lb/><p><hirendition="#g">Strack</hi>: Das iſt ein Schurke — ein wahrer<lb/>
Spitzbube iſt das! — denn jeder Doktor iſt ein<lb/>
Hallunke und Spitzbube, der Krankheiten uͤbernimmt,<lb/>
die er nicht verſteht! — die Canaille haͤtte Sie hin-<lb/>
liefern koͤnnen! — Doch es iſt noch Zeit — dies da<lb/>
muß geheilt und jenes wieder hergeſtellt werden! —<lb/>
Heute, Morgen und Uebermorgen bleiben Sie<lb/>
hier — dann wird der Schmerz weg ſeyn, und Sie<lb/>
koͤnnen wieder gehen. Ich will Ihnen Arznei ver-<lb/>ſchreiben, bei deren rechtem Gebrauch nebſt ſtrenger<lb/>
Diaͤt Sie bald wieder hergeſtellt ſeyn ſollen.</p><lb/><p>Die Worte des rechtſchaffenen Mannes gingen<lb/>
in Erfuͤllung: innerhalb drei Wochen war ich voll-<lb/>
kommen geſund; haͤtte ich aber den Ignoranten, den<lb/>
Meiſter Kiſſel fortgebraucht, ich glaube, ich laͤge ſchon<lb/>
laͤngſt in Oberſaulheim auf dem Kirchhofe begra-<lb/>
ben. —— Herr Strak lebt noch, und ſollte ihm<lb/>
dieſe Schrift zu Geſichte kommen; ſo verſichere ich<lb/>
ihn hier oͤffentlich, daß ich nie des ihm ſchuldigen<lb/>
Danks vergeſſen werde. Moͤchten doch recht viele<lb/></p></div></body></text></TEI>
[381/0395]
tig, doch ſprach er mir Troſt ein: Doktor Strack
wuͤrde mich ſchon kuriren.
Sobald ich nach Mainz kam, beſuchte ich ſo-
gleich dieſen vortrefflichen Arzt. „Herr! fing er an,
„nachdem er das Uebel unterſucht hatte, was ha-
„ben Sie fuͤr einen Doktor gebraucht?“ —
Ich: Den Barbier Kiſſel von Schornsheim.
Strack: Das iſt ein Schurke — ein wahrer
Spitzbube iſt das! — denn jeder Doktor iſt ein
Hallunke und Spitzbube, der Krankheiten uͤbernimmt,
die er nicht verſteht! — die Canaille haͤtte Sie hin-
liefern koͤnnen! — Doch es iſt noch Zeit — dies da
muß geheilt und jenes wieder hergeſtellt werden! —
Heute, Morgen und Uebermorgen bleiben Sie
hier — dann wird der Schmerz weg ſeyn, und Sie
koͤnnen wieder gehen. Ich will Ihnen Arznei ver-
ſchreiben, bei deren rechtem Gebrauch nebſt ſtrenger
Diaͤt Sie bald wieder hergeſtellt ſeyn ſollen.
Die Worte des rechtſchaffenen Mannes gingen
in Erfuͤllung: innerhalb drei Wochen war ich voll-
kommen geſund; haͤtte ich aber den Ignoranten, den
Meiſter Kiſſel fortgebraucht, ich glaube, ich laͤge ſchon
laͤngſt in Oberſaulheim auf dem Kirchhofe begra-
ben. — — Herr Strak lebt noch, und ſollte ihm
dieſe Schrift zu Geſichte kommen; ſo verſichere ich
ihn hier oͤffentlich, daß ich nie des ihm ſchuldigen
Danks vergeſſen werde. Moͤchten doch recht viele
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792, S. 381. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792/395>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.