Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite

Nach dieser Abrede ritt ich nach Udenheim, und
mein Herr Baron F.... nach Mainz. Sonntags Vor-
mittags kamen die Mamsellen, und um ein Uhr war
Bruder F.... da. Er spielte den Unschenirten so
hübsch, daß das Frauenzimmer seine innige Freude über
ihn empfinden mußte. Ich merkte bald, daß Mamsell
Jacobi eben nicht böse ward, wenn der Ritter ihr
nahe kam, und Handgriffe wagte. Es wurde ge-
lacht und geschäkert, bis gegen sechs Uhr hin, wo
die Mädchen aufbrechen wollten. Der Baron hatte,
wahrscheinlich absichtlich, eine Kalesche bei sich, und
war also im Stande, sowohl seinen eigenen, als den
Wünschen der beiden Schönen ein Genüge zu lei-
sten. -- Ich war darüber nicht eifersüchtig und
neidisch -- Dies ist mein Zug nicht -- vielmehr
freuete ich mich, daß ich einem jungen Menschen zum
Anfange einer Liebschaft geholfen hatte. Einige Zeit
hernach bekannte mir F...., daß seine Liebschaft gut
von statten ginge: und das dies keine Lüge war, be-
wies das allgemeine Gerücht, welches in der dortigen
Gegend von dem ärgerlichen Umgange der Nichte
seiner Hochwürden, des Herrn Pastors Jacobi, mit
dem Baron von F.... zirkulirte. Aber das taugte
nicht und war intolerant, daß die Leute dasiger Ge-
gend zuviel und gerade das Schlimmste supponirten.
So gehts indeß in der Welt! -- Hübsch und artig
zeigte sich der Baron auch nicht. Er machte es, wie

Nach dieſer Abrede ritt ich nach Udenheim, und
mein Herr Baron F.... nach Mainz. Sonntags Vor-
mittags kamen die Mamſellen, und um ein Uhr war
Bruder F.... da. Er ſpielte den Unſchenirten ſo
huͤbſch, daß das Frauenzimmer ſeine innige Freude uͤber
ihn empfinden mußte. Ich merkte bald, daß Mamſell
Jacobi eben nicht boͤſe ward, wenn der Ritter ihr
nahe kam, und Handgriffe wagte. Es wurde ge-
lacht und geſchaͤkert, bis gegen ſechs Uhr hin, wo
die Maͤdchen aufbrechen wollten. Der Baron hatte,
wahrſcheinlich abſichtlich, eine Kaleſche bei ſich, und
war alſo im Stande, ſowohl ſeinen eigenen, als den
Wuͤnſchen der beiden Schoͤnen ein Genuͤge zu lei-
ſten. — Ich war daruͤber nicht eiferſuͤchtig und
neidiſch — Dies iſt mein Zug nicht — vielmehr
freuete ich mich, daß ich einem jungen Menſchen zum
Anfange einer Liebſchaft geholfen hatte. Einige Zeit
hernach bekannte mir F...., daß ſeine Liebſchaft gut
von ſtatten ginge: und das dies keine Luͤge war, be-
wies das allgemeine Geruͤcht, welches in der dortigen
Gegend von dem aͤrgerlichen Umgange der Nichte
ſeiner Hochwuͤrden, des Herrn Paſtors Jacobi, mit
dem Baron von F.... zirkulirte. Aber das taugte
nicht und war intolerant, daß die Leute daſiger Ge-
gend zuviel und gerade das Schlimmſte ſupponirten.
So gehts indeß in der Welt! — Huͤbſch und artig
zeigte ſich der Baron auch nicht. Er machte es, wie

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0361" n="347"/>
        <p>Nach die&#x017F;er Abrede ritt ich nach Udenheim, und<lb/>
mein Herr Baron F.... nach Mainz. Sonntags Vor-<lb/>
mittags kamen die Mam&#x017F;ellen, und um ein Uhr war<lb/>
Bruder F.... da. Er &#x017F;pielte den Un&#x017F;chenirten &#x017F;o<lb/>
hu&#x0364;b&#x017F;ch, daß das Frauenzimmer &#x017F;eine innige Freude u&#x0364;ber<lb/>
ihn empfinden mußte. Ich merkte bald, daß Mam&#x017F;ell<lb/>
Jacobi eben nicht bo&#x0364;&#x017F;e ward, wenn der Ritter ihr<lb/>
nahe kam, und Handgriffe wagte. Es wurde ge-<lb/>
lacht und ge&#x017F;cha&#x0364;kert, bis gegen &#x017F;echs Uhr hin, wo<lb/>
die Ma&#x0364;dchen aufbrechen wollten. Der Baron hatte,<lb/>
wahr&#x017F;cheinlich ab&#x017F;ichtlich, eine Kale&#x017F;che bei &#x017F;ich, und<lb/>
war al&#x017F;o im Stande, &#x017F;owohl &#x017F;einen eigenen, als den<lb/>
Wu&#x0364;n&#x017F;chen der beiden Scho&#x0364;nen ein Genu&#x0364;ge zu lei-<lb/>
&#x017F;ten. &#x2014; Ich war daru&#x0364;ber nicht eifer&#x017F;u&#x0364;chtig und<lb/>
neidi&#x017F;ch &#x2014; Dies i&#x017F;t mein Zug nicht &#x2014; vielmehr<lb/>
freuete ich mich, daß ich einem jungen Men&#x017F;chen zum<lb/>
Anfange einer Lieb&#x017F;chaft geholfen hatte. Einige Zeit<lb/>
hernach bekannte mir F...., daß &#x017F;eine Lieb&#x017F;chaft gut<lb/>
von &#x017F;tatten ginge: und das dies keine Lu&#x0364;ge war, be-<lb/>
wies das allgemeine Geru&#x0364;cht, welches in der dortigen<lb/>
Gegend von dem a&#x0364;rgerlichen Umgange der Nichte<lb/>
&#x017F;einer Hochwu&#x0364;rden, des Herrn Pa&#x017F;tors Jacobi, mit<lb/>
dem Baron von F.... zirkulirte. Aber das taugte<lb/>
nicht und war intolerant, daß die Leute da&#x017F;iger Ge-<lb/>
gend zuviel und gerade das Schlimm&#x017F;te &#x017F;upponirten.<lb/>
So gehts indeß in der Welt! &#x2014; Hu&#x0364;b&#x017F;ch und artig<lb/>
zeigte &#x017F;ich der Baron auch nicht. Er machte es, wie<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[347/0361] Nach dieſer Abrede ritt ich nach Udenheim, und mein Herr Baron F.... nach Mainz. Sonntags Vor- mittags kamen die Mamſellen, und um ein Uhr war Bruder F.... da. Er ſpielte den Unſchenirten ſo huͤbſch, daß das Frauenzimmer ſeine innige Freude uͤber ihn empfinden mußte. Ich merkte bald, daß Mamſell Jacobi eben nicht boͤſe ward, wenn der Ritter ihr nahe kam, und Handgriffe wagte. Es wurde ge- lacht und geſchaͤkert, bis gegen ſechs Uhr hin, wo die Maͤdchen aufbrechen wollten. Der Baron hatte, wahrſcheinlich abſichtlich, eine Kaleſche bei ſich, und war alſo im Stande, ſowohl ſeinen eigenen, als den Wuͤnſchen der beiden Schoͤnen ein Genuͤge zu lei- ſten. — Ich war daruͤber nicht eiferſuͤchtig und neidiſch — Dies iſt mein Zug nicht — vielmehr freuete ich mich, daß ich einem jungen Menſchen zum Anfange einer Liebſchaft geholfen hatte. Einige Zeit hernach bekannte mir F...., daß ſeine Liebſchaft gut von ſtatten ginge: und das dies keine Luͤge war, be- wies das allgemeine Geruͤcht, welches in der dortigen Gegend von dem aͤrgerlichen Umgange der Nichte ſeiner Hochwuͤrden, des Herrn Paſtors Jacobi, mit dem Baron von F.... zirkulirte. Aber das taugte nicht und war intolerant, daß die Leute daſiger Ge- gend zuviel und gerade das Schlimmſte ſupponirten. So gehts indeß in der Welt! — Huͤbſch und artig zeigte ſich der Baron auch nicht. Er machte es, wie

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792/361
Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792, S. 347. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792/361>, abgerufen am 20.05.2024.