te, so ein abscheuliches Spektakel, als wenn Hol- land in Noth wäre. Was geschah? der Bischof wollte Hn. Wiehrl zurück haben, aber der dankte da- für, vielmehr schickte er seine für ketzerisch ausgege- benen Sätze, nebst den Federischen Kompendien an die katholische Universität zu Freiburg im Bries- gau. Diese erklärte, daß weder die Sätze des Hrn. Wiehrls, noch die Bücher des Hrn. Feders etwas ketzerisches enthielten. Die Bruchsaler Exjesuiten zo- gen hierauf die hochlöbliche philosophische Fakultät zu Heidelberg zu Rathe, und siehe da, diese erklärte die Bücher des Göttingers, und die Sätze des Bader Professors für ketzerisch, gefährlich, den guten Sit- ten, (man denke doch!) zuwiderlaufend und für ärgerlich. Diese Censur wurde gedruckt, und die Freiburger balbirten nun die elenden Heidelberger nach Herzenslust, und zeigten ihnen, daß sie das ABC der Philosophie noch nicht gelernt hätten. Endlich kam die Sache gar nach Rom: aber die Beisitzer der Congregation des Indicis waren viel klüger, als die Heidelberger Distelköpfe. Sie schickten nämlich dem Hrn. Wiehrl eine Exposition zu, welcher er gern unter- schrieb, weil sie weiter nichts enthielt, als eine Er- läuterung seiner Sätze. So mußten denn die Her- ren Heidelberger sich schämen, und stille seyn. Das war so ein Pröbchen von der Heidelberger Weisheit und Orthodoxie.
te, ſo ein abſcheuliches Spektakel, als wenn Hol- land in Noth waͤre. Was geſchah? der Biſchof wollte Hn. Wiehrl zuruͤck haben, aber der dankte da- fuͤr, vielmehr ſchickte er ſeine fuͤr ketzeriſch ausgege- benen Saͤtze, nebſt den Federiſchen Kompendien an die katholiſche Univerſitaͤt zu Freiburg im Bries- gau. Dieſe erklaͤrte, daß weder die Saͤtze des Hrn. Wiehrls, noch die Buͤcher des Hrn. Feders etwas ketzeriſches enthielten. Die Bruchſaler Exjeſuiten zo- gen hierauf die hochloͤbliche philoſophiſche Fakultaͤt zu Heidelberg zu Rathe, und ſiehe da, dieſe erklaͤrte die Buͤcher des Goͤttingers, und die Saͤtze des Bader Profeſſors fuͤr ketzeriſch, gefaͤhrlich, den guten Sit- ten, (man denke doch!) zuwiderlaufend und fuͤr aͤrgerlich. Dieſe Cenſur wurde gedruckt, und die Freiburger balbirten nun die elenden Heidelberger nach Herzensluſt, und zeigten ihnen, daß ſie das ABC der Philoſophie noch nicht gelernt haͤtten. Endlich kam die Sache gar nach Rom: aber die Beiſitzer der Congregation des Indicis waren viel kluͤger, als die Heidelberger Diſtelkoͤpfe. Sie ſchickten naͤmlich dem Hrn. Wiehrl eine Expoſition zu, welcher er gern unter- ſchrieb, weil ſie weiter nichts enthielt, als eine Er- laͤuterung ſeiner Saͤtze. So mußten denn die Her- ren Heidelberger ſich ſchaͤmen, und ſtille ſeyn. Das war ſo ein Proͤbchen von der Heidelberger Weisheit und Orthodoxie.
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te, ſo ein abſcheuliches Spektakel, als wenn Hol-
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wollte Hn. Wiehrl zuruͤck haben, aber der dankte da-
fuͤr, vielmehr ſchickte er ſeine fuͤr ketzeriſch ausgege-
benen Saͤtze, nebſt den Federiſchen Kompendien an
die katholiſche Univerſitaͤt zu Freiburg im Bries-
gau. Dieſe erklaͤrte, daß weder die Saͤtze des Hrn.
Wiehrls, noch die Buͤcher des Hrn. Feders etwas
ketzeriſches enthielten. Die Bruchſaler Exjeſuiten zo-
gen hierauf die hochloͤbliche philoſophiſche Fakultaͤt zu
Heidelberg zu Rathe, und ſiehe da, dieſe erklaͤrte
die Buͤcher des Goͤttingers, und die Saͤtze des Bader
Profeſſors fuͤr ketzeriſch, gefaͤhrlich, den guten Sit-
ten, (man denke doch!) zuwiderlaufend und fuͤr
aͤrgerlich. Dieſe Cenſur wurde gedruckt, und die
Freiburger balbirten nun die elenden Heidelberger
nach Herzensluſt, und zeigten ihnen, daß ſie das ABC
der Philoſophie noch nicht gelernt haͤtten. Endlich
kam die Sache gar nach Rom: aber die Beiſitzer der
Congregation des Indicis waren viel kluͤger, als die
Heidelberger Diſtelkoͤpfe. Sie ſchickten naͤmlich dem
Hrn. Wiehrl eine Expoſition zu, welcher er gern unter-
ſchrieb, weil ſie weiter nichts enthielt, als eine Er-
laͤuterung ſeiner Saͤtze. So mußten denn die Her-
ren Heidelberger ſich ſchaͤmen, und ſtille ſeyn. Das
war ſo ein Proͤbchen von der Heidelberger Weisheit
und Orthodoxie.
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792, S. 293. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792/307>, abgerufen am 08.01.2025.
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