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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792.

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deus war sehr freundlich, so freundlich, daß er ihn
zum Mittagsessen einlud. Hr. Simon nahm die
Einladung an, und kurz vor Tische ward Freund Hed-
deus erst inne, daß sein Gast ein lutherischer Vikarius
sey! Da pochte ihm sein orthodoxes Herz, er verlohr
die Sprache, und nachdem er oft gejähnt, und 200
Prisen Tabak genommen hatte, versicherte er Hrn.
Simon, daß er Geschäfte hätte, und ihn unmöglich
bewirthen könnte. Simon, ein Pfiffikus, versetzte:
daß wenn S. Hochwürden zu thun hätten; so wollte
er sich an der Gesellschaft der Jungfer Muhme be-
gnügen, welche damals der Hr. Doktor bei sich hat-
te. Gesagt, gethan! Heddeus muste nachgeben,
und Simon blieb. Der Doktor entfernte sich unter
dem Vorgeben, daß er, ich weiß nicht, bei wem,
den übrigen Tag zubringen müßte. Ueber Tische
verschnapte sich aber Mamsell Muhme und verrieth,
daß ihr Herr Vetter auf seiner Stube sey. Ei, fragte
der Vikarius, warum speist denn der Hr. Vetter nicht
mit uns? Je nun, erwiederte das Mühmchen, ohne
zu überlegen, was sie sagte, weil Sie eben lutherisch
sind: der Herr Vetter kann einmal die Lutheraner
nicht leiden. -- Hab ich nun genug gesagt, lieber
Leser, vom Gottesmann Heddeus? -- Seine Frau
Gemalin hatte vor ihrer Verheurathung einen ge-
nauen Umgang mit einem Dragonerofficier, und
muste den Doktor wider ihren Willen heirathen. Die

deus war ſehr freundlich, ſo freundlich, daß er ihn
zum Mittagseſſen einlud. Hr. Simon nahm die
Einladung an, und kurz vor Tiſche ward Freund Hed-
deus erſt inne, daß ſein Gaſt ein lutheriſcher Vikarius
ſey! Da pochte ihm ſein orthodoxes Herz, er verlohr
die Sprache, und nachdem er oft gejaͤhnt, und 200
Priſen Tabak genommen hatte, verſicherte er Hrn.
Simon, daß er Geſchaͤfte haͤtte, und ihn unmoͤglich
bewirthen koͤnnte. Simon, ein Pfiffikus, verſetzte:
daß wenn S. Hochwuͤrden zu thun haͤtten; ſo wollte
er ſich an der Geſellſchaft der Jungfer Muhme be-
gnuͤgen, welche damals der Hr. Doktor bei ſich hat-
te. Geſagt, gethan! Heddeus muſte nachgeben,
und Simon blieb. Der Doktor entfernte ſich unter
dem Vorgeben, daß er, ich weiß nicht, bei wem,
den uͤbrigen Tag zubringen muͤßte. Ueber Tiſche
verſchnapte ſich aber Mamſell Muhme und verrieth,
daß ihr Herr Vetter auf ſeiner Stube ſey. Ei, fragte
der Vikarius, warum ſpeiſt denn der Hr. Vetter nicht
mit uns? Je nun, erwiederte das Muͤhmchen, ohne
zu uͤberlegen, was ſie ſagte, weil Sie eben lutheriſch
ſind: der Herr Vetter kann einmal die Lutheraner
nicht leiden. — Hab ich nun genug geſagt, lieber
Leſer, vom Gottesmann Heddeus? — Seine Frau
Gemalin hatte vor ihrer Verheurathung einen ge-
nauen Umgang mit einem Dragonerofficier, und
muſte den Doktor wider ihren Willen heirathen. Die

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[291/0305] deus war ſehr freundlich, ſo freundlich, daß er ihn zum Mittagseſſen einlud. Hr. Simon nahm die Einladung an, und kurz vor Tiſche ward Freund Hed- deus erſt inne, daß ſein Gaſt ein lutheriſcher Vikarius ſey! Da pochte ihm ſein orthodoxes Herz, er verlohr die Sprache, und nachdem er oft gejaͤhnt, und 200 Priſen Tabak genommen hatte, verſicherte er Hrn. Simon, daß er Geſchaͤfte haͤtte, und ihn unmoͤglich bewirthen koͤnnte. Simon, ein Pfiffikus, verſetzte: daß wenn S. Hochwuͤrden zu thun haͤtten; ſo wollte er ſich an der Geſellſchaft der Jungfer Muhme be- gnuͤgen, welche damals der Hr. Doktor bei ſich hat- te. Geſagt, gethan! Heddeus muſte nachgeben, und Simon blieb. Der Doktor entfernte ſich unter dem Vorgeben, daß er, ich weiß nicht, bei wem, den uͤbrigen Tag zubringen muͤßte. Ueber Tiſche verſchnapte ſich aber Mamſell Muhme und verrieth, daß ihr Herr Vetter auf ſeiner Stube ſey. Ei, fragte der Vikarius, warum ſpeiſt denn der Hr. Vetter nicht mit uns? Je nun, erwiederte das Muͤhmchen, ohne zu uͤberlegen, was ſie ſagte, weil Sie eben lutheriſch ſind: der Herr Vetter kann einmal die Lutheraner nicht leiden. — Hab ich nun genug geſagt, lieber Leſer, vom Gottesmann Heddeus? — Seine Frau Gemalin hatte vor ihrer Verheurathung einen ge- nauen Umgang mit einem Dragonerofficier, und muſte den Doktor wider ihren Willen heirathen. Die

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792, S. 291. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792/305>, abgerufen am 17.05.2024.