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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792.

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abgeschmacktes Lehrbuch zum Leitfaden gebrauchen
kann! Deswegen lebt er aber auch mit seinem Kol-
legen, dem Hrn. Wund, in stäter Feindschaft, wel-
che sich durch niederträchtige Klatschereien Luft macht.
Sonst hat er einige Sprachkenntnisse, d. i. er kann
Jakob Altings hebräische Grammatik b) auswen-
dig, kann die Bibel durch Hülfe eines Wörterbuchs
von Wort zu Wort übersetzen, und schreibt Latein
ohne grobe Schnitzer, welches in Heidelberg schon
für gar mächtige Philologie angesehen wird. Des-
wegen spottet er bei jeder Gelegenheit auf den Pro-
fessor Wund, welchem er den Namen eines deut-
schen Michels giebt.

Von Heddeus Toleranz vernehme man folgen-
des Pröbchen. Einer meiner Freunde, der dama-
lige Vikarius zu Gundersblum, Hr. Simon, hat-
te ein Geschäft in Heidelberg, zu dessen Ausführung
ihm der Reformirte Inspektor zu Oppenheim ein
Empfehlungsschreiben an den Ehrenmann Heddeus mit-
gab. Simon bestellte seine Kommission, und Hed-

b) Diese konfuse, im vorigen Jahrhundert fabricirte Gram-
matik ist auf den Pfälzer Schulen noch gebräuchlich.
Man muß indeß den Ketzern, den Lutheranern, die
Freude nicht machen, auf einer rechtgläubigen Refor-
mirten Schule eine lutherische Grammatik einzuführen.
Sie sollten aber überhaupt das Hebräische abschaffen:
denn die Herren lernen ja doch keins!

abgeſchmacktes Lehrbuch zum Leitfaden gebrauchen
kann! Deswegen lebt er aber auch mit ſeinem Kol-
legen, dem Hrn. Wund, in ſtaͤter Feindſchaft, wel-
che ſich durch niedertraͤchtige Klatſchereien Luft macht.
Sonſt hat er einige Sprachkenntniſſe, d. i. er kann
Jakob Altings hebraͤiſche Grammatik b) auswen-
dig, kann die Bibel durch Huͤlfe eines Woͤrterbuchs
von Wort zu Wort uͤberſetzen, und ſchreibt Latein
ohne grobe Schnitzer, welches in Heidelberg ſchon
fuͤr gar maͤchtige Philologie angeſehen wird. Des-
wegen ſpottet er bei jeder Gelegenheit auf den Pro-
feſſor Wund, welchem er den Namen eines deut-
ſchen Michels giebt.

Von Heddeus Toleranz vernehme man folgen-
des Proͤbchen. Einer meiner Freunde, der dama-
lige Vikarius zu Gundersblum, Hr. Simon, hat-
te ein Geſchaͤft in Heidelberg, zu deſſen Ausfuͤhrung
ihm der Reformirte Inſpektor zu Oppenheim ein
Empfehlungsſchreiben an den Ehrenmann Heddeus mit-
gab. Simon beſtellte ſeine Kommiſſion, und Hed-

b) Dieſe konfuſe, im vorigen Jahrhundert fabricirte Gram-
matik iſt auf den Pfaͤlzer Schulen noch gebraͤuchlich.
Man muß indeß den Ketzern, den Lutheranern, die
Freude nicht machen, auf einer rechtglaͤubigen Refor-
mirten Schule eine lutheriſche Grammatik einzufuͤhren.
Sie ſollten aber uͤberhaupt das Hebraͤiſche abſchaffen:
denn die Herren lernen ja doch keins!
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[290/0304] abgeſchmacktes Lehrbuch zum Leitfaden gebrauchen kann! Deswegen lebt er aber auch mit ſeinem Kol- legen, dem Hrn. Wund, in ſtaͤter Feindſchaft, wel- che ſich durch niedertraͤchtige Klatſchereien Luft macht. Sonſt hat er einige Sprachkenntniſſe, d. i. er kann Jakob Altings hebraͤiſche Grammatik b) auswen- dig, kann die Bibel durch Huͤlfe eines Woͤrterbuchs von Wort zu Wort uͤberſetzen, und ſchreibt Latein ohne grobe Schnitzer, welches in Heidelberg ſchon fuͤr gar maͤchtige Philologie angeſehen wird. Des- wegen ſpottet er bei jeder Gelegenheit auf den Pro- feſſor Wund, welchem er den Namen eines deut- ſchen Michels giebt. Von Heddeus Toleranz vernehme man folgen- des Proͤbchen. Einer meiner Freunde, der dama- lige Vikarius zu Gundersblum, Hr. Simon, hat- te ein Geſchaͤft in Heidelberg, zu deſſen Ausfuͤhrung ihm der Reformirte Inſpektor zu Oppenheim ein Empfehlungsſchreiben an den Ehrenmann Heddeus mit- gab. Simon beſtellte ſeine Kommiſſion, und Hed- b) Dieſe konfuſe, im vorigen Jahrhundert fabricirte Gram- matik iſt auf den Pfaͤlzer Schulen noch gebraͤuchlich. Man muß indeß den Ketzern, den Lutheranern, die Freude nicht machen, auf einer rechtglaͤubigen Refor- mirten Schule eine lutheriſche Grammatik einzufuͤhren. Sie ſollten aber uͤberhaupt das Hebraͤiſche abſchaffen: denn die Herren lernen ja doch keins!

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792, S. 290. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792/304>, abgerufen am 17.05.2024.