Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite

schreienden Jungen deutlich genug zu verstehen gaben,
daß er ein Geck sey.

Die Studenten nahmen ihn in allerhand erdich-
tete Orden auf, z. B. in den Orden der heiligen Ge-
noveva, des heil. Krispinus u. a. m. machten ihm
hernach weiß, er sey nun zum Großmeister des Or-
dens ernannt worden: und Dippel unterschrieb sich
so in den Stammbüchern. Aber nicht selten wurden
Komödien mit ihm gespielt, von denen die Spielen-
den wenig Ehre hatten. So brachte man ihn einst
in Einbeck mit einem über und über inficirten Mensch
zusammen, woher der arme Teufel ein Uebel abkrieg-
te, welches ihn über zwei Monate gequält hat, so
fleißig die Feldscheerer ihn auch besuchten. Das
Geld zu dieser Kur wurde an den Tischen und an-
dern öffentlichen Orten gesammelt.

Mit dem Herrn Luther, Superintendent in Göt-
tingen, habe ich und Sturm eine kleine Fehde ge-
habt: wir schrieben ihm nämlich seine über allen
Glauben elende Predigten nach, und hielten sie in
lustigen Gesellschaften. Sturm konnte seine Gestus so
treffend nachmachen, daß man dachte, man hätte
Luthern selbst vor sich. Der Ehrenmann erfuhr die
Neckerei, verklagte Sturm und mich; und der
Prorektor verboth uns das Halten der Lutherischen
Predigten. Da unterblieb denn auch das Nach-
schreiben.


ſchreienden Jungen deutlich genug zu verſtehen gaben,
daß er ein Geck ſey.

Die Studenten nahmen ihn in allerhand erdich-
tete Orden auf, z. B. in den Orden der heiligen Ge-
noveva, des heil. Kriſpinus u. a. m. machten ihm
hernach weiß, er ſey nun zum Großmeiſter des Or-
dens ernannt worden: und Dippel unterſchrieb ſich
ſo in den Stammbuͤchern. Aber nicht ſelten wurden
Komoͤdien mit ihm geſpielt, von denen die Spielen-
den wenig Ehre hatten. So brachte man ihn einſt
in Einbeck mit einem uͤber und uͤber inficirten Menſch
zuſammen, woher der arme Teufel ein Uebel abkrieg-
te, welches ihn uͤber zwei Monate gequaͤlt hat, ſo
fleißig die Feldſcheerer ihn auch beſuchten. Das
Geld zu dieſer Kur wurde an den Tiſchen und an-
dern oͤffentlichen Orten geſammelt.

Mit dem Herrn Luther, Superintendent in Goͤt-
tingen, habe ich und Sturm eine kleine Fehde ge-
habt: wir ſchrieben ihm naͤmlich ſeine uͤber allen
Glauben elende Predigten nach, und hielten ſie in
luſtigen Geſellſchaften. Sturm konnte ſeine Geſtus ſo
treffend nachmachen, daß man dachte, man haͤtte
Luthern ſelbſt vor ſich. Der Ehrenmann erfuhr die
Neckerei, verklagte Sturm und mich; und der
Prorektor verboth uns das Halten der Lutheriſchen
Predigten. Da unterblieb denn auch das Nach-
ſchreiben.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0275" n="261"/>
&#x017F;chreienden Jungen deutlich genug zu ver&#x017F;tehen gaben,<lb/>
daß er ein Geck &#x017F;ey.</p><lb/>
        <p>Die Studenten nahmen ihn in allerhand erdich-<lb/>
tete Orden auf, z. B. in den Orden der heiligen Ge-<lb/>
noveva, des heil. Kri&#x017F;pinus u. a. m. machten ihm<lb/>
hernach weiß, er &#x017F;ey nun zum Großmei&#x017F;ter des Or-<lb/>
dens ernannt worden: und Dippel unter&#x017F;chrieb &#x017F;ich<lb/>
&#x017F;o in den Stammbu&#x0364;chern. Aber nicht &#x017F;elten wurden<lb/>
Komo&#x0364;dien mit ihm ge&#x017F;pielt, von denen die Spielen-<lb/>
den wenig Ehre hatten. So brachte man ihn ein&#x017F;t<lb/>
in Einbeck mit einem u&#x0364;ber und u&#x0364;ber inficirten Men&#x017F;ch<lb/>
zu&#x017F;ammen, woher der arme Teufel ein Uebel abkrieg-<lb/>
te, welches ihn u&#x0364;ber zwei Monate gequa&#x0364;lt hat, &#x017F;o<lb/>
fleißig die Feld&#x017F;cheerer ihn auch be&#x017F;uchten. Das<lb/>
Geld zu die&#x017F;er Kur wurde an den Ti&#x017F;chen und an-<lb/>
dern o&#x0364;ffentlichen Orten ge&#x017F;ammelt.</p><lb/>
        <p>Mit dem Herrn Luther, Superintendent in Go&#x0364;t-<lb/>
tingen, habe ich und Sturm eine kleine Fehde ge-<lb/>
habt: wir &#x017F;chrieben ihm na&#x0364;mlich &#x017F;eine u&#x0364;ber allen<lb/>
Glauben elende Predigten nach, und hielten &#x017F;ie in<lb/>
lu&#x017F;tigen Ge&#x017F;ell&#x017F;chaften. Sturm konnte &#x017F;eine Ge&#x017F;tus &#x017F;o<lb/>
treffend nachmachen, daß man dachte, man ha&#x0364;tte<lb/>
Luthern &#x017F;elb&#x017F;t vor &#x017F;ich. Der Ehrenmann erfuhr die<lb/>
Neckerei, verklagte Sturm und mich; und der<lb/>
Prorektor verboth uns das Halten der Lutheri&#x017F;chen<lb/>
Predigten. Da unterblieb denn auch das Nach-<lb/>
&#x017F;chreiben.</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[261/0275] ſchreienden Jungen deutlich genug zu verſtehen gaben, daß er ein Geck ſey. Die Studenten nahmen ihn in allerhand erdich- tete Orden auf, z. B. in den Orden der heiligen Ge- noveva, des heil. Kriſpinus u. a. m. machten ihm hernach weiß, er ſey nun zum Großmeiſter des Or- dens ernannt worden: und Dippel unterſchrieb ſich ſo in den Stammbuͤchern. Aber nicht ſelten wurden Komoͤdien mit ihm geſpielt, von denen die Spielen- den wenig Ehre hatten. So brachte man ihn einſt in Einbeck mit einem uͤber und uͤber inficirten Menſch zuſammen, woher der arme Teufel ein Uebel abkrieg- te, welches ihn uͤber zwei Monate gequaͤlt hat, ſo fleißig die Feldſcheerer ihn auch beſuchten. Das Geld zu dieſer Kur wurde an den Tiſchen und an- dern oͤffentlichen Orten geſammelt. Mit dem Herrn Luther, Superintendent in Goͤt- tingen, habe ich und Sturm eine kleine Fehde ge- habt: wir ſchrieben ihm naͤmlich ſeine uͤber allen Glauben elende Predigten nach, und hielten ſie in luſtigen Geſellſchaften. Sturm konnte ſeine Geſtus ſo treffend nachmachen, daß man dachte, man haͤtte Luthern ſelbſt vor ſich. Der Ehrenmann erfuhr die Neckerei, verklagte Sturm und mich; und der Prorektor verboth uns das Halten der Lutheriſchen Predigten. Da unterblieb denn auch das Nach- ſchreiben.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792/275
Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792, S. 261. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792/275>, abgerufen am 24.11.2024.