zender Geitz, sein haberechtiges Wesen, und seine Verachtung aller andern Gelehrten neben sich, wer- fen ein sehr gehässiges Licht auf seinen Karakter. Man hat viel Anekdoten von ihm erzählt, welche ich aber aus Achtung für seine sonstigen Verdienste gern unterdrücke, und vielmehr auf meine Geschichte zurück komme.
Ich logirte bei der Prof. Köhlerin, einer recht braven Frau. Walch hatte mir sehr gute Re- geln des Verhaltens gegeben, und hinzu gesetzt, daß, da ich schon länger auf Universitäten gewesen wäre, ich gewiß gesetzt seyn müßte: er wolle mir also nicht weiter sagen, was ich als Student zu thun hätte. Der gute Mann hat sich nicht wenig geirrt! Ich war noch so frivol, als ich vor drei Jahren gewe- sen war.
Ein gewisser Sturm war in Göttingen, den ich in Gießen gekannt hatte: das wußte ich, und suchte ihn auf. Nun Bruder, sagte ich zu ihm, wie siehts denn hier aus mit den Komment?
Sturm: Schofel Bruder, sehr schofel! Die Kerls wissen dir den Teufel, was Komment ist: hal- ten ihre Kommerse in Wein und Punsch, saufen ih- ren Schnapps aus lumpigen Matiergläsern, lassen sich alle Tage frisiren, schmieren sich mit wohlriechen- der Pommade und Eau de Lavende, ziehn seidne Strüpfe an, gehn fleissig ins Conzert zum Professor
zender Geitz, ſein haberechtiges Weſen, und ſeine Verachtung aller andern Gelehrten neben ſich, wer- fen ein ſehr gehaͤſſiges Licht auf ſeinen Karakter. Man hat viel Anekdoten von ihm erzaͤhlt, welche ich aber aus Achtung fuͤr ſeine ſonſtigen Verdienſte gern unterdruͤcke, und vielmehr auf meine Geſchichte zuruͤck komme.
Ich logirte bei der Prof. Koͤhlerin, einer recht braven Frau. Walch hatte mir ſehr gute Re- geln des Verhaltens gegeben, und hinzu geſetzt, daß, da ich ſchon laͤnger auf Univerſitaͤten geweſen waͤre, ich gewiß geſetzt ſeyn muͤßte: er wolle mir alſo nicht weiter ſagen, was ich als Student zu thun haͤtte. Der gute Mann hat ſich nicht wenig geirrt! Ich war noch ſo frivol, als ich vor drei Jahren gewe- ſen war.
Ein gewiſſer Sturm war in Goͤttingen, den ich in Gießen gekannt hatte: das wußte ich, und ſuchte ihn auf. Nun Bruder, ſagte ich zu ihm, wie ſiehts denn hier aus mit den Komment?
Sturm: Schofel Bruder, ſehr ſchofel! Die Kerls wiſſen dir den Teufel, was Komment iſt: hal- ten ihre Kommerſe in Wein und Punſch, ſaufen ih- ren Schnapps aus lumpigen Matierglaͤſern, laſſen ſich alle Tage friſiren, ſchmieren ſich mit wohlriechen- der Pommade und Eau de Lavende, ziehn ſeidne Struͤpfe an, gehn fleiſſig ins Conzert zum Profeſſor
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zender Geitz, ſein haberechtiges Weſen, und ſeine
Verachtung aller andern Gelehrten neben ſich, wer-
fen ein ſehr gehaͤſſiges Licht auf ſeinen Karakter.
Man hat viel Anekdoten von ihm erzaͤhlt, welche
ich aber aus Achtung fuͤr ſeine ſonſtigen Verdienſte
gern unterdruͤcke, und vielmehr auf meine Geſchichte
zuruͤck komme.
Ich logirte bei der Prof. Koͤhlerin, einer
recht braven Frau. Walch hatte mir ſehr gute Re-
geln des Verhaltens gegeben, und hinzu geſetzt, daß,
da ich ſchon laͤnger auf Univerſitaͤten geweſen waͤre,
ich gewiß geſetzt ſeyn muͤßte: er wolle mir alſo nicht
weiter ſagen, was ich als Student zu thun haͤtte.
Der gute Mann hat ſich nicht wenig geirrt! Ich
war noch ſo frivol, als ich vor drei Jahren gewe-
ſen war.
Ein gewiſſer Sturm war in Goͤttingen, den
ich in Gießen gekannt hatte: das wußte ich, und
ſuchte ihn auf. Nun Bruder, ſagte ich zu ihm,
wie ſiehts denn hier aus mit den Komment?
Sturm: Schofel Bruder, ſehr ſchofel! Die
Kerls wiſſen dir den Teufel, was Komment iſt: hal-
ten ihre Kommerſe in Wein und Punſch, ſaufen ih-
ren Schnapps aus lumpigen Matierglaͤſern, laſſen
ſich alle Tage friſiren, ſchmieren ſich mit wohlriechen-
der Pommade und Eau de Lavende, ziehn ſeidne
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792, S. 254. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792/268>, abgerufen am 27.11.2024.
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