hernach eine Widerlegung derselben vom Abt Schu- bert gelesen, welche er seinem Buche oder vielmehr Werke von der Wahrheit der christlichen Religion an- gehenkt hat; aber die begnügte mich nicht: vielmehr wurde ich in meinem naturalistischen Denken be- stätiget.
Da ich schon seit meiner Jugend die Hierarchie der Pfafferei gehaßt hatte; so mußte mir ein Buch dieser Art sehr willkommen seyn. Ich sah jezt die heiligen Dogmen mit ganz andern Augen an, und las nach ganz andern Grundsätzen die Kirchenhisto- rienschreiber. Das ganze Kirchensystem erschien mir nun als ein Gebäude, welches auf Fratzen, Aber- glauben, Unwissenheit, Herrschsu[ - 2 Zeichen fehlen]t und Betrug sich stützte: und einige nähere Bekanntschaft mit der Geschichte, besonders der Kirchengeschichte, welche ich mir in der Folge verschaffte, hat mir die Beweise für diesen Glauben, in Menge dargeboten. -- Mei- ne Leser mögen mir mein freimüthiges Glaubensbe- kenntniß verzeihen: ich sage nur, was ich denke, und will keine Proselyten machen.
Prof. Lobstein wollte gern Doktor der Theo- logie werden, und wählte mich zu seinem Responden- ten. Ich hatte also die Ehre, daß mein Name auf einer Disputation gedruckt stand, und daß ich selbst mit den Herren Benner, Bechtold und Ou-
hernach eine Widerlegung derſelben vom Abt Schu- bert geleſen, welche er ſeinem Buche oder vielmehr Werke von der Wahrheit der chriſtlichen Religion an- gehenkt hat; aber die begnuͤgte mich nicht: vielmehr wurde ich in meinem naturaliſtiſchen Denken be- ſtaͤtiget.
Da ich ſchon ſeit meiner Jugend die Hierarchie der Pfafferei gehaßt hatte; ſo mußte mir ein Buch dieſer Art ſehr willkommen ſeyn. Ich ſah jezt die heiligen Dogmen mit ganz andern Augen an, und las nach ganz andern Grundſaͤtzen die Kirchenhiſto- rienſchreiber. Das ganze Kirchenſyſtem erſchien mir nun als ein Gebaͤude, welches auf Fratzen, Aber- glauben, Unwiſſenheit, Herrſchſu[ – 2 Zeichen fehlen]t und Betrug ſich ſtuͤtzte: und einige naͤhere Bekanntſchaft mit der Geſchichte, beſonders der Kirchengeſchichte, welche ich mir in der Folge verſchaffte, hat mir die Beweiſe fuͤr dieſen Glauben, in Menge dargeboten. — Mei- ne Leſer moͤgen mir mein freimuͤthiges Glaubensbe- kenntniß verzeihen: ich ſage nur, was ich denke, und will keine Proſelyten machen.
Prof. Lobſtein wollte gern Doktor der Theo- logie werden, und waͤhlte mich zu ſeinem Reſponden- ten. Ich hatte alſo die Ehre, daß mein Name auf einer Diſputation gedruckt ſtand, und daß ich ſelbſt mit den Herren Benner, Bechtold und Ou-
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hernach eine Widerlegung derſelben vom Abt Schu-
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Werke von der Wahrheit der chriſtlichen Religion an-
gehenkt hat; aber die begnuͤgte mich nicht: vielmehr
wurde ich in meinem naturaliſtiſchen Denken be-
ſtaͤtiget.
Da ich ſchon ſeit meiner Jugend die Hierarchie
der Pfafferei gehaßt hatte; ſo mußte mir ein Buch
dieſer Art ſehr willkommen ſeyn. Ich ſah jezt die
heiligen Dogmen mit ganz andern Augen an, und
las nach ganz andern Grundſaͤtzen die Kirchenhiſto-
rienſchreiber. Das ganze Kirchenſyſtem erſchien mir
nun als ein Gebaͤude, welches auf Fratzen, Aber-
glauben, Unwiſſenheit, Herrſchſu__t und Betrug ſich
ſtuͤtzte: und einige naͤhere Bekanntſchaft mit der
Geſchichte, beſonders der Kirchengeſchichte, welche
ich mir in der Folge verſchaffte, hat mir die Beweiſe
fuͤr dieſen Glauben, in Menge dargeboten. — Mei-
ne Leſer moͤgen mir mein freimuͤthiges Glaubensbe-
kenntniß verzeihen: ich ſage nur, was ich denke,
und will keine Proſelyten machen.
Prof. Lobſtein wollte gern Doktor der Theo-
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ten. Ich hatte alſo die Ehre, daß mein Name auf
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792, S. 205. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792/219>, abgerufen am 24.11.2024.
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