Butzbach, wo damals Herr Koch sich auf dem Land- tage aufhielt. Sie stellten vor, was geschehen war. Koch ermahnte sie zur Ruhe, und versprach ihnen Genugthuung, und wenn auch der höllische Satan Rector wäre. Das waren seine eignen Worte.
Obgleich die Hauptanführer nicht in Gießen waren, so fehlte es doch nicht an solchen, welche den Aufruhr verbreiteten und unterhielten. Kein Mensch wollte weiter ins Kollegium, bis nach ausgemachter Sache. Der Rector ließ in aller Eile wieder ein schwarzes Bret verfertigen, ermahnte zum Frieden, und hielt ein Concilium, worauf sich Lang und Bohy, die jetzt von Butzbach zurück waren, mit aller mög- lichen Insolenz und Grobheit vertheidigten. Herr Ouvrier wurde nun noch mehr aufgebracht, und da er sich von Darmstadt aus Unterstützung versprach; so ließ er die Relegation der beiden Anführer anschla- gen: den Andern wurde die Carcerstrafe zuerkannt. Aber nun gings auch vollends loß. Den folgenden Tag sahe man an verschiedenen Orten der Stadt Zettel angeheftet, worin von Seiten der Bur- sche verboten wurde, in ein Collegium zu gehen, und wer hineinginge, bekam nicht nur die allerschön- sten Beinamen, sondern man wollte ihn auch mit der Hundspeitsche begrüßen, und er sollte ein blamirter Junge seyn und bleiben. Das schwarze Bret litte aber- mals Noth. Ich selbst beging zu der Zeit den dummen
Butzbach, wo damals Herr Koch ſich auf dem Land- tage aufhielt. Sie ſtellten vor, was geſchehen war. Koch ermahnte ſie zur Ruhe, und verſprach ihnen Genugthuung, und wenn auch der hoͤlliſche Satan Rector waͤre. Das waren ſeine eignen Worte.
Obgleich die Hauptanfuͤhrer nicht in Gießen waren, ſo fehlte es doch nicht an ſolchen, welche den Aufruhr verbreiteten und unterhielten. Kein Menſch wollte weiter ins Kollegium, bis nach ausgemachter Sache. Der Rector ließ in aller Eile wieder ein ſchwarzes Bret verfertigen, ermahnte zum Frieden, und hielt ein Concilium, worauf ſich Lang und Bohy, die jetzt von Butzbach zuruͤck waren, mit aller moͤg- lichen Inſolenz und Grobheit vertheidigten. Herr Ouvrier wurde nun noch mehr aufgebracht, und da er ſich von Darmſtadt aus Unterſtuͤtzung verſprach; ſo ließ er die Relegation der beiden Anfuͤhrer anſchla- gen: den Andern wurde die Carcerſtrafe zuerkannt. Aber nun gings auch vollends loß. Den folgenden Tag ſahe man an verſchiedenen Orten der Stadt Zettel angeheftet, worin von Seiten der Bur- ſche verboten wurde, in ein Collegium zu gehen, und wer hineinginge, bekam nicht nur die allerſchoͤn- ſten Beinamen, ſondern man wollte ihn auch mit der Hundspeitſche begruͤßen, und er ſollte ein blamirter Junge ſeyn und bleiben. Das ſchwarze Bret litte aber- mals Noth. Ich ſelbſt beging zu der Zeit den dummen
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Butzbach, wo damals Herr Koch ſich auf dem Land-
tage aufhielt. Sie ſtellten vor, was geſchehen war.
Koch ermahnte ſie zur Ruhe, und verſprach ihnen
Genugthuung, und wenn auch der hoͤlliſche Satan
Rector waͤre. Das waren ſeine eignen Worte.
Obgleich die Hauptanfuͤhrer nicht in Gießen
waren, ſo fehlte es doch nicht an ſolchen, welche den
Aufruhr verbreiteten und unterhielten. Kein Menſch
wollte weiter ins Kollegium, bis nach ausgemachter
Sache. Der Rector ließ in aller Eile wieder ein
ſchwarzes Bret verfertigen, ermahnte zum Frieden,
und hielt ein Concilium, worauf ſich Lang und Bohy,
die jetzt von Butzbach zuruͤck waren, mit aller moͤg-
lichen Inſolenz und Grobheit vertheidigten. Herr
Ouvrier wurde nun noch mehr aufgebracht, und da
er ſich von Darmſtadt aus Unterſtuͤtzung verſprach;
ſo ließ er die Relegation der beiden Anfuͤhrer anſchla-
gen: den Andern wurde die Carcerſtrafe zuerkannt.
Aber nun gings auch vollends loß. Den folgenden
Tag ſahe man an verſchiedenen Orten der Stadt
Zettel angeheftet, worin von Seiten der Bur-
ſche verboten wurde, in ein Collegium zu gehen,
und wer hineinginge, bekam nicht nur die allerſchoͤn-
ſten Beinamen, ſondern man wollte ihn auch mit der
Hundspeitſche begruͤßen, und er ſollte ein blamirter
Junge ſeyn und bleiben. Das ſchwarze Bret litte aber-
mals Noth. Ich ſelbſt beging zu der Zeit den dummen
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792, S. 182. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792/196>, abgerufen am 16.02.2025.
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