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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792.

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Schulfüchserei, Schlupfwinkel, Ausflüchte, Recht-
haberei, Intoleranz -- desto mehr Sache der Phan-
tasie, mehr Indolenz u. s. w. Da ich gegen alle
Sekten so ziemlich gleichgültig bin: so wird man
mir auf mein Wort glauben, daß ich nicht aus
Partheisucht diese Anmerkungen herschreibe. Doch
weiter!

Das erste Jahr hatte mein Wechsel hübsch
zugereicht, und ich war um Ostern 1776 keinen
Pfennig schuldig. Ich hatte zwar lustig gelebt, doch
hatte ich meine Oekonomie so eingerichtet, daß ich
mit meinem Bestimmten auskam. Auch hatte ich
mir einige gute Bücher, unter andern die Boussuet-
Cramersche Historie, Mosheims Institutiones Hist.
Eccles. majores, le siecle de Louis XIV.
und
einige andre angeschaft. Meine Mutter gab mir das
Geld dazu her, und bezahlte mir auch den Italiä-
nischen Sprachmeister.

Auf Ostern zog ich wieder nach Hause, meine
Eltern zu besuchen, und beiher auch Thereschen zu
sehen. Freilich sehnte ich mich nach ihr nicht mehr
so sehr, als vorhin.

Mein Vater wollte jetzt durchaus, daß ich ein-
mal predigen sollte: ich lernte also eine auswendig:
denn selbst konnte ich noch keine machen, hatte auch
nicht Lust dazu, und hielt sie mit vieler Dreistig-
keit in Mörsfeld vor Bergknappen und Bauern.

Schulfuͤchſerei, Schlupfwinkel, Ausfluͤchte, Recht-
haberei, Intoleranz — deſto mehr Sache der Phan-
taſie, mehr Indolenz u. ſ. w. Da ich gegen alle
Sekten ſo ziemlich gleichguͤltig bin: ſo wird man
mir auf mein Wort glauben, daß ich nicht aus
Partheiſucht dieſe Anmerkungen herſchreibe. Doch
weiter!

Das erſte Jahr hatte mein Wechſel huͤbſch
zugereicht, und ich war um Oſtern 1776 keinen
Pfennig ſchuldig. Ich hatte zwar luſtig gelebt, doch
hatte ich meine Oekonomie ſo eingerichtet, daß ich
mit meinem Beſtimmten auskam. Auch hatte ich
mir einige gute Buͤcher, unter andern die Bouſſuet-
Cramerſche Hiſtorie, Mosheims Inſtitutiones Hiſt.
Eccleſ. majores, le ſiécle de Louis XIV.
und
einige andre angeſchaft. Meine Mutter gab mir das
Geld dazu her, und bezahlte mir auch den Italiaͤ-
niſchen Sprachmeiſter.

Auf Oſtern zog ich wieder nach Hauſe, meine
Eltern zu beſuchen, und beiher auch Thereschen zu
ſehen. Freilich ſehnte ich mich nach ihr nicht mehr
ſo ſehr, als vorhin.

Mein Vater wollte jetzt durchaus, daß ich ein-
mal predigen ſollte: ich lernte alſo eine auswendig:
denn ſelbſt konnte ich noch keine machen, hatte auch
nicht Luſt dazu, und hielt ſie mit vieler Dreiſtig-
keit in Moͤrsfeld vor Bergknappen und Bauern.

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[173/0187] Schulfuͤchſerei, Schlupfwinkel, Ausfluͤchte, Recht- haberei, Intoleranz — deſto mehr Sache der Phan- taſie, mehr Indolenz u. ſ. w. Da ich gegen alle Sekten ſo ziemlich gleichguͤltig bin: ſo wird man mir auf mein Wort glauben, daß ich nicht aus Partheiſucht dieſe Anmerkungen herſchreibe. Doch weiter! Das erſte Jahr hatte mein Wechſel huͤbſch zugereicht, und ich war um Oſtern 1776 keinen Pfennig ſchuldig. Ich hatte zwar luſtig gelebt, doch hatte ich meine Oekonomie ſo eingerichtet, daß ich mit meinem Beſtimmten auskam. Auch hatte ich mir einige gute Buͤcher, unter andern die Bouſſuet- Cramerſche Hiſtorie, Mosheims Inſtitutiones Hiſt. Eccleſ. majores, le ſiécle de Louis XIV. und einige andre angeſchaft. Meine Mutter gab mir das Geld dazu her, und bezahlte mir auch den Italiaͤ- niſchen Sprachmeiſter. Auf Oſtern zog ich wieder nach Hauſe, meine Eltern zu beſuchen, und beiher auch Thereschen zu ſehen. Freilich ſehnte ich mich nach ihr nicht mehr ſo ſehr, als vorhin. Mein Vater wollte jetzt durchaus, daß ich ein- mal predigen ſollte: ich lernte alſo eine auswendig: denn ſelbſt konnte ich noch keine machen, hatte auch nicht Luſt dazu, und hielt ſie mit vieler Dreiſtig- keit in Moͤrsfeld vor Bergknappen und Bauern.

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792, S. 173. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792/187>, abgerufen am 24.11.2024.