Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite

Mein Vater hatte mir vor der Kirche zugehört,
ohne daß ich es wußte, und war hernach ganz ent-
zückt über meine Eloquenz, -- nur meinte er, ich
müßte künftig meine Predigten hübsch selbst ausar-
beiten, und mich ja nicht, wie sonst die Herren, aufs
Reiten legen. In der Folge habe ich zwar manche
Predigt selbst gemacht; die meisten aber schrieb ich
ab, und hielt sie. Ich glaubte das nämliche Recht
zu haben, was ein Professor der Geschichte hat,
welcher sie wörtlich abschreibt, und hernach seinen
Herren Zuhörern dahin kanzelt.

Meine Therese bekam ich für diesmal nicht zu se-
hen: sie war in Manheim, und mir war die Lust ver-
gangen, mich einem Wischer von meinem Vater da-
durch auszusetzen, daß ich dahin hätte fahren mögen.
Beiher hatte ich auch ein anderes Mädchen kennen
gelernt, welches mir meinen Aufenthalt zu Hause
ziemlich angenehm machte. Verliebt in sie -- bin
ich wahrlich nicht gewesen, bin auch seit Theresens
Zeiten es in keine mehr geworden, hab' gar hernach
über die verliebten Thorheiten oft weidlich gelacht!
Doch hatt' ich so mein Behagen an hübschen Gesich-
tern, aber auch blos an Gesichtern, d. i. am Kör-
perlichen: denn für die Seelen der Weiber hab' ich
von jeher blutwenig Respect gehabt. Es sind, so
nach meiner Meinung, welche ich aber niemanden
aufdringen will, die sich indeß schon von selbst in

Mein Vater hatte mir vor der Kirche zugehoͤrt,
ohne daß ich es wußte, und war hernach ganz ent-
zuͤckt uͤber meine Eloquenz, — nur meinte er, ich
muͤßte kuͤnftig meine Predigten huͤbſch ſelbſt ausar-
beiten, und mich ja nicht, wie ſonſt die Herren, aufs
Reiten legen. In der Folge habe ich zwar manche
Predigt ſelbſt gemacht; die meiſten aber ſchrieb ich
ab, und hielt ſie. Ich glaubte das naͤmliche Recht
zu haben, was ein Profeſſor der Geſchichte hat,
welcher ſie woͤrtlich abſchreibt, und hernach ſeinen
Herren Zuhoͤrern dahin kanzelt.

Meine Thereſe bekam ich fuͤr diesmal nicht zu ſe-
hen: ſie war in Manheim, und mir war die Luſt ver-
gangen, mich einem Wiſcher von meinem Vater da-
durch auszuſetzen, daß ich dahin haͤtte fahren moͤgen.
Beiher hatte ich auch ein anderes Maͤdchen kennen
gelernt, welches mir meinen Aufenthalt zu Hauſe
ziemlich angenehm machte. Verliebt in ſie — bin
ich wahrlich nicht geweſen, bin auch ſeit Thereſens
Zeiten es in keine mehr geworden, hab' gar hernach
uͤber die verliebten Thorheiten oft weidlich gelacht!
Doch hatt' ich ſo mein Behagen an huͤbſchen Geſich-
tern, aber auch blos an Geſichtern, d. i. am Koͤr-
perlichen: denn fuͤr die Seelen der Weiber hab' ich
von jeher blutwenig Reſpect gehabt. Es ſind, ſo
nach meiner Meinung, welche ich aber niemanden
aufdringen will, die ſich indeß ſchon von ſelbſt in

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0188" n="174"/>
Mein Vater hatte mir vor der Kirche zugeho&#x0364;rt,<lb/>
ohne daß ich es wußte, und war hernach ganz ent-<lb/>
zu&#x0364;ckt u&#x0364;ber meine Eloquenz, &#x2014; nur meinte er, ich<lb/>
mu&#x0364;ßte ku&#x0364;nftig meine Predigten hu&#x0364;b&#x017F;ch &#x017F;elb&#x017F;t ausar-<lb/>
beiten, und mich ja nicht, wie &#x017F;on&#x017F;t die Herren, aufs<lb/>
Reiten legen. In der Folge habe ich zwar manche<lb/>
Predigt &#x017F;elb&#x017F;t gemacht; die mei&#x017F;ten aber &#x017F;chrieb ich<lb/>
ab, und hielt &#x017F;ie. Ich glaubte das na&#x0364;mliche Recht<lb/>
zu haben, was ein Profe&#x017F;&#x017F;or der Ge&#x017F;chichte hat,<lb/>
welcher &#x017F;ie wo&#x0364;rtlich ab&#x017F;chreibt, und hernach &#x017F;einen<lb/>
Herren Zuho&#x0364;rern dahin kanzelt.</p><lb/>
        <p>Meine There&#x017F;e bekam ich fu&#x0364;r diesmal nicht zu &#x017F;e-<lb/>
hen: &#x017F;ie war in Manheim, und mir war die Lu&#x017F;t ver-<lb/>
gangen, mich einem Wi&#x017F;cher von meinem Vater da-<lb/>
durch auszu&#x017F;etzen, daß ich dahin ha&#x0364;tte fahren mo&#x0364;gen.<lb/>
Beiher hatte ich auch ein anderes Ma&#x0364;dchen kennen<lb/>
gelernt, welches mir meinen Aufenthalt zu Hau&#x017F;e<lb/>
ziemlich angenehm machte. Verliebt in &#x017F;ie &#x2014; bin<lb/>
ich wahrlich nicht gewe&#x017F;en, bin auch &#x017F;eit There&#x017F;ens<lb/>
Zeiten es in keine mehr geworden, hab' gar hernach<lb/>
u&#x0364;ber die verliebten Thorheiten oft weidlich gelacht!<lb/>
Doch hatt' ich &#x017F;o mein Behagen an hu&#x0364;b&#x017F;chen Ge&#x017F;ich-<lb/>
tern, aber auch blos an Ge&#x017F;ichtern, d. i. am Ko&#x0364;r-<lb/>
perlichen: denn fu&#x0364;r die Seelen der Weiber hab' ich<lb/>
von jeher blutwenig Re&#x017F;pect gehabt. Es &#x017F;ind, &#x017F;o<lb/>
nach meiner Meinung, welche ich aber niemanden<lb/>
aufdringen will, die &#x017F;ich indeß &#x017F;chon von &#x017F;elb&#x017F;t in<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[174/0188] Mein Vater hatte mir vor der Kirche zugehoͤrt, ohne daß ich es wußte, und war hernach ganz ent- zuͤckt uͤber meine Eloquenz, — nur meinte er, ich muͤßte kuͤnftig meine Predigten huͤbſch ſelbſt ausar- beiten, und mich ja nicht, wie ſonſt die Herren, aufs Reiten legen. In der Folge habe ich zwar manche Predigt ſelbſt gemacht; die meiſten aber ſchrieb ich ab, und hielt ſie. Ich glaubte das naͤmliche Recht zu haben, was ein Profeſſor der Geſchichte hat, welcher ſie woͤrtlich abſchreibt, und hernach ſeinen Herren Zuhoͤrern dahin kanzelt. Meine Thereſe bekam ich fuͤr diesmal nicht zu ſe- hen: ſie war in Manheim, und mir war die Luſt ver- gangen, mich einem Wiſcher von meinem Vater da- durch auszuſetzen, daß ich dahin haͤtte fahren moͤgen. Beiher hatte ich auch ein anderes Maͤdchen kennen gelernt, welches mir meinen Aufenthalt zu Hauſe ziemlich angenehm machte. Verliebt in ſie — bin ich wahrlich nicht geweſen, bin auch ſeit Thereſens Zeiten es in keine mehr geworden, hab' gar hernach uͤber die verliebten Thorheiten oft weidlich gelacht! Doch hatt' ich ſo mein Behagen an huͤbſchen Geſich- tern, aber auch blos an Geſichtern, d. i. am Koͤr- perlichen: denn fuͤr die Seelen der Weiber hab' ich von jeher blutwenig Reſpect gehabt. Es ſind, ſo nach meiner Meinung, welche ich aber niemanden aufdringen will, die ſich indeß ſchon von ſelbſt in

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792/188
Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792, S. 174. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792/188>, abgerufen am 24.11.2024.