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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792.

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Den Abend ging es nach Wendelsheim: mein
Vater und seine Gesellschaft zu Fuße; ich aber ritt
ganz burschikos neben her, und sprach vom Kom-
ment. Meinem Vater misfiel dies, wie ich aus
seiner verdrieslichen Mine merkte; die andern schie-
nen aber ganz Ohr zu seyn. Endlich kamen wir an,
und die Bauern und Nachbarn liefen alle zusammen,
den Musche Fritz, den sie seit dem Jänner nicht ge-
sehen hatten, zu beschauen, ob er auch recht benge-
lich (stark und robust) geworden wäre. Mein Va-
ter fragte mich, woher ich das Roß hätte, und da
log ich ihm vor, ich habe es zu Flonheim genommen,
wo noch ein Bekannter von mir sich aufhielte: ich
würde es den folgenden Morgen wieder dahin reiten:
und so fragte er nicht weiter.

Ich war freilich sehr müde, und hätte gern
den andern Tag geschlafen bis 8 Uhr; aber ich wollte
ja Thereschen besuchen! Das weckte mich schon um
fünfe. Ich stand auf, zog mich an, und frisirte
mich, so gut ach konnte; sodann mußte unser Knecht
das Pferd satteln, und darauf gings fort, noch lange
vorher, ehe mein Vater aufstand.

Als ich zu Theresen kam, war sie eben aufge-
standen, und noch ganz im Neglischee. Ich genoß
da wieder selige Augenblicke! Es wurde alles in Bei-
seyn ihres Vaters wiederholt, was schon mehrmals
war verabredet worden, besonders an Pfingsten in

Den Abend ging es nach Wendelsheim: mein
Vater und ſeine Geſellſchaft zu Fuße; ich aber ritt
ganz burſchikos neben her, und ſprach vom Kom-
ment. Meinem Vater misfiel dies, wie ich aus
ſeiner verdrieslichen Mine merkte; die andern ſchie-
nen aber ganz Ohr zu ſeyn. Endlich kamen wir an,
und die Bauern und Nachbarn liefen alle zuſammen,
den Muſche Fritz, den ſie ſeit dem Jaͤnner nicht ge-
ſehen hatten, zu beſchauen, ob er auch recht benge-
lich (ſtark und robuſt) geworden waͤre. Mein Va-
ter fragte mich, woher ich das Roß haͤtte, und da
log ich ihm vor, ich habe es zu Flonheim genommen,
wo noch ein Bekannter von mir ſich aufhielte: ich
wuͤrde es den folgenden Morgen wieder dahin reiten:
und ſo fragte er nicht weiter.

Ich war freilich ſehr muͤde, und haͤtte gern
den andern Tag geſchlafen bis 8 Uhr; aber ich wollte
ja Thereschen beſuchen! Das weckte mich ſchon um
fuͤnfe. Ich ſtand auf, zog mich an, und friſirte
mich, ſo gut ach konnte; ſodann mußte unſer Knecht
das Pferd ſatteln, und darauf gings fort, noch lange
vorher, ehe mein Vater aufſtand.

Als ich zu Thereſen kam, war ſie eben aufge-
ſtanden, und noch ganz im Negliſchee. Ich genoß
da wieder ſelige Augenblicke! Es wurde alles in Bei-
ſeyn ihres Vaters wiederholt, was ſchon mehrmals
war verabredet worden, beſonders an Pfingſten in

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[150/0164] Den Abend ging es nach Wendelsheim: mein Vater und ſeine Geſellſchaft zu Fuße; ich aber ritt ganz burſchikos neben her, und ſprach vom Kom- ment. Meinem Vater misfiel dies, wie ich aus ſeiner verdrieslichen Mine merkte; die andern ſchie- nen aber ganz Ohr zu ſeyn. Endlich kamen wir an, und die Bauern und Nachbarn liefen alle zuſammen, den Muſche Fritz, den ſie ſeit dem Jaͤnner nicht ge- ſehen hatten, zu beſchauen, ob er auch recht benge- lich (ſtark und robuſt) geworden waͤre. Mein Va- ter fragte mich, woher ich das Roß haͤtte, und da log ich ihm vor, ich habe es zu Flonheim genommen, wo noch ein Bekannter von mir ſich aufhielte: ich wuͤrde es den folgenden Morgen wieder dahin reiten: und ſo fragte er nicht weiter. Ich war freilich ſehr muͤde, und haͤtte gern den andern Tag geſchlafen bis 8 Uhr; aber ich wollte ja Thereschen beſuchen! Das weckte mich ſchon um fuͤnfe. Ich ſtand auf, zog mich an, und friſirte mich, ſo gut ach konnte; ſodann mußte unſer Knecht das Pferd ſatteln, und darauf gings fort, noch lange vorher, ehe mein Vater aufſtand. Als ich zu Thereſen kam, war ſie eben aufge- ſtanden, und noch ganz im Negliſchee. Ich genoß da wieder ſelige Augenblicke! Es wurde alles in Bei- ſeyn ihres Vaters wiederholt, was ſchon mehrmals war verabredet worden, beſonders an Pfingſten in

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792, S. 150. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792/164>, abgerufen am 03.05.2024.