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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792.

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ich es sage, daß nicht die Begierde, meine Eltern
zu sehen, sondern ein aufwiegelnder Drang, mein
Mädchen zu sprechen, Ursache war, warum ich um
diese Erlaubniß anhielt. Thereschen war wieder von
Manheim nach Hause gereiset, und daß mußte ich:
denn ich hatte wohl ein halbes Dutzend Briefe von
ihr erhalten, und lauter Briefe, so lang, als immer
einer aus Sophiens Reisen seyn mag.

Mein Vater mochte das Ding merken: wenig-
stens schrieb er mir: "ich sollte fein hübsch in Gie-
ßen bleiben, und die Ferien zur Repetition meiner
Kollegien anwenden: es schicke sich nicht, daß der
Student alle Augenblick von der Universität zu Hause
lief: das sähe ja aus, als wollte er seiner Mutter
Katz' noch einmal sehen." -- So hätte ich also blei-
ben müssen, und wäre auch wirklich geblieben, wenn
nicht ein Vetter von mir, Herr Böhmer, damals
Hofmeister bei einem Herrn von Breidenbach in Mar-
burg, seine Reise durch Gießen genommen, und
mich zum Mitreisen in die Pfalz aufgefodert
hätte.

Von der Reise selbst will ich nichts erwähnen:
es ist mir nichts Merkwürdiges dabei aufgestoßen,
außer dem folgenden.

Eine halbe Stunde von Wendelsheim wird
jährlich ein berühmter Jahrmarkt unter dem Namen
Bellermarkt gehalten, und zwar im blanken

ich es ſage, daß nicht die Begierde, meine Eltern
zu ſehen, ſondern ein aufwiegelnder Drang, mein
Maͤdchen zu ſprechen, Urſache war, warum ich um
dieſe Erlaubniß anhielt. Thereschen war wieder von
Manheim nach Hauſe gereiſet, und daß mußte ich:
denn ich hatte wohl ein halbes Dutzend Briefe von
ihr erhalten, und lauter Briefe, ſo lang, als immer
einer aus Sophiens Reiſen ſeyn mag.

Mein Vater mochte das Ding merken: wenig-
ſtens ſchrieb er mir: „ich ſollte fein huͤbſch in Gie-
ßen bleiben, und die Ferien zur Repetition meiner
Kollegien anwenden: es ſchicke ſich nicht, daß der
Student alle Augenblick von der Univerſitaͤt zu Hauſe
lief: das ſaͤhe ja aus, als wollte er ſeiner Mutter
Katz' noch einmal ſehen.“ — So haͤtte ich alſo blei-
ben muͤſſen, und waͤre auch wirklich geblieben, wenn
nicht ein Vetter von mir, Herr Boͤhmer, damals
Hofmeiſter bei einem Herrn von Breidenbach in Mar-
burg, ſeine Reiſe durch Gießen genommen, und
mich zum Mitreiſen in die Pfalz aufgefodert
haͤtte.

Von der Reiſe ſelbſt will ich nichts erwaͤhnen:
es iſt mir nichts Merkwuͤrdiges dabei aufgeſtoßen,
außer dem folgenden.

Eine halbe Stunde von Wendelsheim wird
jaͤhrlich ein beruͤhmter Jahrmarkt unter dem Namen
Bellermarkt gehalten, und zwar im blanken

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[146/0160] ich es ſage, daß nicht die Begierde, meine Eltern zu ſehen, ſondern ein aufwiegelnder Drang, mein Maͤdchen zu ſprechen, Urſache war, warum ich um dieſe Erlaubniß anhielt. Thereschen war wieder von Manheim nach Hauſe gereiſet, und daß mußte ich: denn ich hatte wohl ein halbes Dutzend Briefe von ihr erhalten, und lauter Briefe, ſo lang, als immer einer aus Sophiens Reiſen ſeyn mag. Mein Vater mochte das Ding merken: wenig- ſtens ſchrieb er mir: „ich ſollte fein huͤbſch in Gie- ßen bleiben, und die Ferien zur Repetition meiner Kollegien anwenden: es ſchicke ſich nicht, daß der Student alle Augenblick von der Univerſitaͤt zu Hauſe lief: das ſaͤhe ja aus, als wollte er ſeiner Mutter Katz' noch einmal ſehen.“ — So haͤtte ich alſo blei- ben muͤſſen, und waͤre auch wirklich geblieben, wenn nicht ein Vetter von mir, Herr Boͤhmer, damals Hofmeiſter bei einem Herrn von Breidenbach in Mar- burg, ſeine Reiſe durch Gießen genommen, und mich zum Mitreiſen in die Pfalz aufgefodert haͤtte. Von der Reiſe ſelbſt will ich nichts erwaͤhnen: es iſt mir nichts Merkwuͤrdiges dabei aufgeſtoßen, außer dem folgenden. Eine halbe Stunde von Wendelsheim wird jaͤhrlich ein beruͤhmter Jahrmarkt unter dem Namen Bellermarkt gehalten, und zwar im blanken

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792, S. 146. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792/160>, abgerufen am 24.11.2024.