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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792.

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mußte er auf einige Tage nach Cordanopolis wan-
dern.

Ich war, als dieses vorgieng, in einem Ne-
benzimmer, wo ein gewisses Frauenzimmer, welches
ich kannte, mir Thee einschenkte. Es war die De-
moiselle Langsdorf, welche mir besonders gewo-
gen war, weil ich einem dummen Jungen (Musje
Lauer hieß er), der ihr einen Eckelnamen einst gab,
derbe Ohrfeigen zugetheilt hatte. Diese Heldenthat
hatte sie erfahren, und belohnte mich dafür mit ihrer
Freundschaft u). Mamsel Langsdorf hatte wohl
gesehen, daß es mit mir nicht richtig war: sie sorgte
also dafür, daß ich im Nebenzimmer blieb, und kei-
nen Skandal machte, wie mein Kamerad. Endlich
ging ich doch in den Tanzsaal, und tanzte einige
Menuets; wie aber -- das kann man schon
denken!

Kurz darauf schrieb ich meinem Vater, daß
jetzt bald Ferien wären: er möchte mir also erlauben,
ihn zu besuchen. Meine Leser errathen, ohne daß

u) Woraus sich die Regel ergiebt: daß man sich beim
Frauenzimmer stark in Gunst setzt, wenn man ihrent-
wegen Ohrfeigen austheilt. Die alten Ritter waren
warlich nicht dumm: sie wagten noch mehr; aber
auch -- wie's sich versteht -- gegen etwas mehr, als
eine Tasse Thee.
Erster Theil. K

mußte er auf einige Tage nach Cordanopolis wan-
dern.

Ich war, als dieſes vorgieng, in einem Ne-
benzimmer, wo ein gewiſſes Frauenzimmer, welches
ich kannte, mir Thee einſchenkte. Es war die De-
moiſelle Langsdorf, welche mir beſonders gewo-
gen war, weil ich einem dummen Jungen (Musje
Lauer hieß er), der ihr einen Eckelnamen einſt gab,
derbe Ohrfeigen zugetheilt hatte. Dieſe Heldenthat
hatte ſie erfahren, und belohnte mich dafuͤr mit ihrer
Freundſchaft u). Mamſel Langsdorf hatte wohl
geſehen, daß es mit mir nicht richtig war: ſie ſorgte
alſo dafuͤr, daß ich im Nebenzimmer blieb, und kei-
nen Skandal machte, wie mein Kamerad. Endlich
ging ich doch in den Tanzſaal, und tanzte einige
Menuets; wie aber — das kann man ſchon
denken!

Kurz darauf ſchrieb ich meinem Vater, daß
jetzt bald Ferien waͤren: er moͤchte mir alſo erlauben,
ihn zu beſuchen. Meine Leſer errathen, ohne daß

u) Woraus ſich die Regel ergiebt: daß man ſich beim
Frauenzimmer ſtark in Gunſt ſetzt, wenn man ihrent-
wegen Ohrfeigen austheilt. Die alten Ritter waren
warlich nicht dumm: ſie wagten noch mehr; aber
auch — wie's ſich verſteht — gegen etwas mehr, als
eine Taſſe Thee.
Erſter Theil. K
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[145/0159] mußte er auf einige Tage nach Cordanopolis wan- dern. Ich war, als dieſes vorgieng, in einem Ne- benzimmer, wo ein gewiſſes Frauenzimmer, welches ich kannte, mir Thee einſchenkte. Es war die De- moiſelle Langsdorf, welche mir beſonders gewo- gen war, weil ich einem dummen Jungen (Musje Lauer hieß er), der ihr einen Eckelnamen einſt gab, derbe Ohrfeigen zugetheilt hatte. Dieſe Heldenthat hatte ſie erfahren, und belohnte mich dafuͤr mit ihrer Freundſchaft u). Mamſel Langsdorf hatte wohl geſehen, daß es mit mir nicht richtig war: ſie ſorgte alſo dafuͤr, daß ich im Nebenzimmer blieb, und kei- nen Skandal machte, wie mein Kamerad. Endlich ging ich doch in den Tanzſaal, und tanzte einige Menuets; wie aber — das kann man ſchon denken! Kurz darauf ſchrieb ich meinem Vater, daß jetzt bald Ferien waͤren: er moͤchte mir alſo erlauben, ihn zu beſuchen. Meine Leſer errathen, ohne daß u) Woraus ſich die Regel ergiebt: daß man ſich beim Frauenzimmer ſtark in Gunſt ſetzt, wenn man ihrent- wegen Ohrfeigen austheilt. Die alten Ritter waren warlich nicht dumm: ſie wagten noch mehr; aber auch — wie's ſich verſteht — gegen etwas mehr, als eine Taſſe Thee. Erſter Theil. K

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792, S. 145. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792/159>, abgerufen am 22.11.2024.