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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792.

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Seit dem Parlamentstage hatten die Kappe-
reien kein Ende: alle Abende wurde von mehr als
hundert Studenten, pereat Eulerkapper, gegrölt, und
eine Fensterkanonade vorgenommen. Ja, einst
perirten ihn gar zwei junge Frauenzimmer. Es
blieb aber nicht beim Periren und Fenstereinschmeißen
allein: es wurden auch Pasquille, Liedchen und
scheußliche Gemälde gemacht, und aller Orten, be-
sonders in der Gegend des Hauses dieses geplagten
Schulmeisters, angeklebt.

Da so oft Studenten vom Kapper erkannt
wurden; so kamen auch nicht wenige aufs Karcer.
Freilich war diese Strafe niemals scharf: ein, höch-
stens zwei, bei öfterer Wiederholung auch drei oder
vier Tage Arrest, war die ganze Züchtigung -- nebst
der Bezahlung der zerschmissenen Fensterscheiben. Der
Rector lachte allemal, wenn er jemanden wegen
Kapperei vorhatte. Vorzüglich gefielen diese Possen
dem Herrn Bechtold, welcher mich besonders, frei-
lich im Spaß und mit großem Gelächter, des Satans
Engel hieß, der Eulerkappern mit Fäusten schlüge.
Dafür muste ich indeß doch nach Cordanopolis wan-
dern.

Ehemals war das Karcer in Gießen so wie die
Karcer auf andern Universitäten, blos mit dem Na-
men derer bemalt, welche in demselben kampirt hat-
ten; aber seit der Eulerkappereien fings auch an, an

Seit dem Parlamentstage hatten die Kappe-
reien kein Ende: alle Abende wurde von mehr als
hundert Studenten, pereat Eulerkapper, gegroͤlt, und
eine Fenſterkanonade vorgenommen. Ja, einſt
perirten ihn gar zwei junge Frauenzimmer. Es
blieb aber nicht beim Periren und Fenſtereinſchmeißen
allein: es wurden auch Pasquille, Liedchen und
ſcheußliche Gemaͤlde gemacht, und aller Orten, be-
ſonders in der Gegend des Hauſes dieſes geplagten
Schulmeiſters, angeklebt.

Da ſo oft Studenten vom Kapper erkannt
wurden; ſo kamen auch nicht wenige aufs Karcer.
Freilich war dieſe Strafe niemals ſcharf: ein, hoͤch-
ſtens zwei, bei oͤfterer Wiederholung auch drei oder
vier Tage Arreſt, war die ganze Zuͤchtigung — nebſt
der Bezahlung der zerſchmiſſenen Fenſterſcheiben. Der
Rector lachte allemal, wenn er jemanden wegen
Kapperei vorhatte. Vorzuͤglich gefielen dieſe Poſſen
dem Herrn Bechtold, welcher mich beſonders, frei-
lich im Spaß und mit großem Gelaͤchter, des Satans
Engel hieß, der Eulerkappern mit Faͤuſten ſchluͤge.
Dafuͤr muſte ich indeß doch nach Cordanopolis wan-
dern.

Ehemals war das Karcer in Gießen ſo wie die
Karcer auf andern Univerſitaͤten, blos mit dem Na-
men derer bemalt, welche in demſelben kampirt hat-
ten; aber ſeit der Eulerkappereien fings auch an, an

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[133/0147] Seit dem Parlamentstage hatten die Kappe- reien kein Ende: alle Abende wurde von mehr als hundert Studenten, pereat Eulerkapper, gegroͤlt, und eine Fenſterkanonade vorgenommen. Ja, einſt perirten ihn gar zwei junge Frauenzimmer. Es blieb aber nicht beim Periren und Fenſtereinſchmeißen allein: es wurden auch Pasquille, Liedchen und ſcheußliche Gemaͤlde gemacht, und aller Orten, be- ſonders in der Gegend des Hauſes dieſes geplagten Schulmeiſters, angeklebt. Da ſo oft Studenten vom Kapper erkannt wurden; ſo kamen auch nicht wenige aufs Karcer. Freilich war dieſe Strafe niemals ſcharf: ein, hoͤch- ſtens zwei, bei oͤfterer Wiederholung auch drei oder vier Tage Arreſt, war die ganze Zuͤchtigung — nebſt der Bezahlung der zerſchmiſſenen Fenſterſcheiben. Der Rector lachte allemal, wenn er jemanden wegen Kapperei vorhatte. Vorzuͤglich gefielen dieſe Poſſen dem Herrn Bechtold, welcher mich beſonders, frei- lich im Spaß und mit großem Gelaͤchter, des Satans Engel hieß, der Eulerkappern mit Faͤuſten ſchluͤge. Dafuͤr muſte ich indeß doch nach Cordanopolis wan- dern. Ehemals war das Karcer in Gießen ſo wie die Karcer auf andern Univerſitaͤten, blos mit dem Na- men derer bemalt, welche in demſelben kampirt hat- ten; aber ſeit der Eulerkappereien fings auch an, an

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792, S. 133. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792/147>, abgerufen am 21.11.2024.