Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 3. Mannheim, 1837.

Bild:
<< vorherige Seite

Nachts, wenn ich auf dem Verdeck umhergehe
schleicht hinter mir, vor mir, neben mir eine ver-
hüllte Gestalt -- ich habe nie begriffen, was Jhr
mit dem Worte "unheimlich" ausdrückt, jetzt empfinde
ich's; ich muß mir das vom Halse schaffen! Sie
schleicht leise, fast unhörbar, dennoch erinnert sie
mich an den ehernen Tritt des Komthurs im Don
Juan.

Es sind einige deutsche Auswanderer auf dem
Schiffe; warum wandern sie aus? Lieber Gott,
weil sie zu viel Kinder für den kleinen Acker haben.
Ueber dies ABC der Staatsnoth läßt sich nichts
sagen; aber es sind auch einige Robespierrianer mit
uns, was wollen diese aus der Welt machen? Es
ist ihnen nicht genug, daß gleich gemacht wird, es
soll auch gleichgeschlagen werden: das Bäumchen,
was etwas größer, der Strauch, welcher etwas
niedriger ist, als man's eben beliebt, das soll ver-
tilgt sein, und sie hoffen auch, ihre Rechnung in
Amerika zu finden. Sie erwarten es, ich erwarte
es -- ach, nein, ich erwarte nichts. Eure Revo-
lution ist noch prosaischer als Euer Altes, was ich
so von ein Paar Probeexemplaren aus Amerika

Nachts, wenn ich auf dem Verdeck umhergehe
ſchleicht hinter mir, vor mir, neben mir eine ver-
hüllte Geſtalt — ich habe nie begriffen, was Jhr
mit dem Worte „unheimlich“ ausdrückt, jetzt empfinde
ich’s; ich muß mir das vom Halſe ſchaffen! Sie
ſchleicht leiſe, faſt unhörbar, dennoch erinnert ſie
mich an den ehernen Tritt des Komthurs im Don
Juan.

Es ſind einige deutſche Auswanderer auf dem
Schiffe; warum wandern ſie aus? Lieber Gott,
weil ſie zu viel Kinder für den kleinen Acker haben.
Ueber dies ABC der Staatsnoth läßt ſich nichts
ſagen; aber es ſind auch einige Robespierrianer mit
uns, was wollen dieſe aus der Welt machen? Es
iſt ihnen nicht genug, daß gleich gemacht wird, es
ſoll auch gleichgeſchlagen werden: das Bäumchen,
was etwas größer, der Strauch, welcher etwas
niedriger iſt, als man’s eben beliebt, das ſoll ver-
tilgt ſein, und ſie hoffen auch, ihre Rechnung in
Amerika zu finden. Sie erwarten es, ich erwarte
es — ach, nein, ich erwarte nichts. Eure Revo-
lution iſt noch proſaiſcher als Euer Altes, was ich
ſo von ein Paar Probeexemplaren aus Amerika

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0278" n="270"/>
          <p>Nachts, wenn ich auf dem Verdeck umhergehe<lb/>
&#x017F;chleicht hinter mir, vor mir, neben mir eine ver-<lb/>
hüllte Ge&#x017F;talt &#x2014; ich habe nie begriffen, was Jhr<lb/>
mit dem Worte &#x201E;unheimlich&#x201C; ausdrückt, jetzt empfinde<lb/>
ich&#x2019;s; ich muß mir das vom Hal&#x017F;e &#x017F;chaffen! Sie<lb/>
&#x017F;chleicht lei&#x017F;e, fa&#x017F;t unhörbar, dennoch erinnert &#x017F;ie<lb/>
mich an den ehernen Tritt des Komthurs im Don<lb/>
Juan.</p><lb/>
          <p>Es &#x017F;ind einige deut&#x017F;che Auswanderer auf dem<lb/>
Schiffe; warum wandern &#x017F;ie aus? Lieber Gott,<lb/>
weil &#x017F;ie zu viel Kinder für den kleinen Acker haben.<lb/>
Ueber dies ABC der Staatsnoth läßt &#x017F;ich nichts<lb/>
&#x017F;agen; aber es &#x017F;ind auch einige Robespierrianer mit<lb/>
uns, was wollen die&#x017F;e aus der Welt machen? Es<lb/>
i&#x017F;t ihnen nicht genug, daß gleich gemacht wird, es<lb/>
&#x017F;oll auch gleichge&#x017F;chlagen werden: das Bäumchen,<lb/>
was etwas größer, der Strauch, welcher etwas<lb/>
niedriger i&#x017F;t, als man&#x2019;s eben beliebt, das &#x017F;oll ver-<lb/>
tilgt &#x017F;ein, und &#x017F;ie hoffen auch, ihre Rechnung in<lb/>
Amerika zu finden. <hi rendition="#g">Sie</hi> erwarten es, <hi rendition="#g">ich</hi> erwarte<lb/>
es &#x2014; ach, nein, ich erwarte nichts. Eure Revo-<lb/>
lution i&#x017F;t noch pro&#x017F;ai&#x017F;cher als Euer Altes, was ich<lb/>
&#x017F;o von ein Paar Probeexemplaren aus Amerika<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[270/0278] Nachts, wenn ich auf dem Verdeck umhergehe ſchleicht hinter mir, vor mir, neben mir eine ver- hüllte Geſtalt — ich habe nie begriffen, was Jhr mit dem Worte „unheimlich“ ausdrückt, jetzt empfinde ich’s; ich muß mir das vom Halſe ſchaffen! Sie ſchleicht leiſe, faſt unhörbar, dennoch erinnert ſie mich an den ehernen Tritt des Komthurs im Don Juan. Es ſind einige deutſche Auswanderer auf dem Schiffe; warum wandern ſie aus? Lieber Gott, weil ſie zu viel Kinder für den kleinen Acker haben. Ueber dies ABC der Staatsnoth läßt ſich nichts ſagen; aber es ſind auch einige Robespierrianer mit uns, was wollen dieſe aus der Welt machen? Es iſt ihnen nicht genug, daß gleich gemacht wird, es ſoll auch gleichgeſchlagen werden: das Bäumchen, was etwas größer, der Strauch, welcher etwas niedriger iſt, als man’s eben beliebt, das ſoll ver- tilgt ſein, und ſie hoffen auch, ihre Rechnung in Amerika zu finden. Sie erwarten es, ich erwarte es — ach, nein, ich erwarte nichts. Eure Revo- lution iſt noch proſaiſcher als Euer Altes, was ich ſo von ein Paar Probeexemplaren aus Amerika

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laube_europa03_1837
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laube_europa03_1837/278
Zitationshilfe: Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 3. Mannheim, 1837, S. 270. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laube_europa03_1837/278>, abgerufen am 20.05.2024.