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Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 3. Mannheim, 1837.

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Eurem Katechismus? Das Verbrechen flüchtet sich
in Eure Tugend, denn die Fähigkeit des Verbre-
chens ist die Urkraft, welche Eure Gleichmacherei
nicht leiten und richten, sondern tödten will; das
vermögt Jhr nicht, denn Jhr bleibt stärker, gött-
licher als Jhr es wollt und begreift, die geknebelte
Urkraft äußert sich nun gewaltsam, sie wird darum
Verbrechen, Sie wird Verbrechen, auch wenn sie
zufällig in Euer Gesetz flüchtet, der streng Tugend-
hafte ist ein Verbrecher der Tugend, und richtet mit
der Tugend sein Unheil an.

Das geschieht, weil Jhr aus den ungeheuren
Kräften des Alls lauter kleine Dorfschulmeister machen
wollt. Jch habe manch sanftes und gutes Pferd
gesehn, was störrisch und schlecht wurde nach wenig
Wochen unter Hand und Schenkel eines pedantischen,
hart-dogmatischen Reiters. So trenset und kandaret
Jhr Euch eine verbrecherische Tugend zurecht.

Jch hab's beschlossen, mein Fuß betritt den
Boden Europa's nicht mehr; gefallen mir die Yankees
nicht, so geh' ich zu den Rothhäuten der Wälder,
dort wird es mir wohlgefallen. Sie haben wenig
Kultur, aber darum auch wenig Verdorbene.

Eurem Katechismus? Das Verbrechen flüchtet ſich
in Eure Tugend, denn die Fähigkeit des Verbre-
chens iſt die Urkraft, welche Eure Gleichmacherei
nicht leiten und richten, ſondern tödten will; das
vermögt Jhr nicht, denn Jhr bleibt ſtärker, gött-
licher als Jhr es wollt und begreift, die geknebelte
Urkraft äußert ſich nun gewaltſam, ſie wird darum
Verbrechen, Sie wird Verbrechen, auch wenn ſie
zufällig in Euer Geſetz flüchtet, der ſtreng Tugend-
hafte iſt ein Verbrecher der Tugend, und richtet mit
der Tugend ſein Unheil an.

Das geſchieht, weil Jhr aus den ungeheuren
Kräften des Alls lauter kleine Dorfſchulmeiſter machen
wollt. Jch habe manch ſanftes und gutes Pferd
geſehn, was ſtörriſch und ſchlecht wurde nach wenig
Wochen unter Hand und Schenkel eines pedantiſchen,
hart-dogmatiſchen Reiters. So trenſet und kandaret
Jhr Euch eine verbrecheriſche Tugend zurecht.

Jch hab’s beſchloſſen, mein Fuß betritt den
Boden Europa’s nicht mehr; gefallen mir die Yankees
nicht, ſo geh’ ich zu den Rothhäuten der Wälder,
dort wird es mir wohlgefallen. Sie haben wenig
Kultur, aber darum auch wenig Verdorbene.

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[269/0277] Eurem Katechismus? Das Verbrechen flüchtet ſich in Eure Tugend, denn die Fähigkeit des Verbre- chens iſt die Urkraft, welche Eure Gleichmacherei nicht leiten und richten, ſondern tödten will; das vermögt Jhr nicht, denn Jhr bleibt ſtärker, gött- licher als Jhr es wollt und begreift, die geknebelte Urkraft äußert ſich nun gewaltſam, ſie wird darum Verbrechen, Sie wird Verbrechen, auch wenn ſie zufällig in Euer Geſetz flüchtet, der ſtreng Tugend- hafte iſt ein Verbrecher der Tugend, und richtet mit der Tugend ſein Unheil an. Das geſchieht, weil Jhr aus den ungeheuren Kräften des Alls lauter kleine Dorfſchulmeiſter machen wollt. Jch habe manch ſanftes und gutes Pferd geſehn, was ſtörriſch und ſchlecht wurde nach wenig Wochen unter Hand und Schenkel eines pedantiſchen, hart-dogmatiſchen Reiters. So trenſet und kandaret Jhr Euch eine verbrecheriſche Tugend zurecht. Jch hab’s beſchloſſen, mein Fuß betritt den Boden Europa’s nicht mehr; gefallen mir die Yankees nicht, ſo geh’ ich zu den Rothhäuten der Wälder, dort wird es mir wohlgefallen. Sie haben wenig Kultur, aber darum auch wenig Verdorbene.

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Zitationshilfe: Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 3. Mannheim, 1837, S. 269. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laube_europa03_1837/277>, abgerufen am 20.05.2024.