Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 3. Mannheim, 1837.

Bild:
<< vorherige Seite

Weißt Du es nicht, daß die ursprüngliche
Neigung Hand und Locke des schamhaften Mäd-
chens treibt, flüchtig wie ein Gedanke aber wirklich
den Geliebten zu berühren? Sie weiß es nicht, un-
bekannte Mächte thun es.

Aber das dämonische Verhältniß zu Henry wird
nach außen stärker sein, es schließt die starken Ket-
ten immer fester um sie, sie schauert, aber sie kann
sich nicht wehren, die Hände sinken, sie stürzt ihm
in die Arme, von dem sie weiß, daß er ihr Ver-
derber. Du wirst es sehn.

Und Henry! Demselben Dämon ist er unter-
worfen, und ein eben so schlimmer, der englische
Eigensinn, eine Macht über Tod und Möglichkeit
hinaus, schließt sich an, und macht das tolle Ver-
hältniß zum Verhängniß -- Henry liebt offenbar
mit aller sinnlichen Liebesneigung und Gluth Miß
Anna, er ist bezaubert von ihr, aber er schlägt die
Faust darauf, daß es ihn selber zum Aeußersten
schmerzt, und -- strebt nach Mary, durchaus nach
Mary.



Weißt Du es nicht, daß die urſpruͤngliche
Neigung Hand und Locke des ſchamhaften Maͤd-
chens treibt, fluͤchtig wie ein Gedanke aber wirklich
den Geliebten zu beruͤhren? Sie weiß es nicht, un-
bekannte Maͤchte thun es.

Aber das daͤmoniſche Verhaͤltniß zu Henry wird
nach außen ſtaͤrker ſein, es ſchließt die ſtarken Ket-
ten immer feſter um ſie, ſie ſchauert, aber ſie kann
ſich nicht wehren, die Haͤnde ſinken, ſie ſtuͤrzt ihm
in die Arme, von dem ſie weiß, daß er ihr Ver-
derber. Du wirſt es ſehn.

Und Henry! Demſelben Daͤmon iſt er unter-
worfen, und ein eben ſo ſchlimmer, der engliſche
Eigenſinn, eine Macht uͤber Tod und Moͤglichkeit
hinaus, ſchließt ſich an, und macht das tolle Ver-
haͤltniß zum Verhaͤngniß — Henry liebt offenbar
mit aller ſinnlichen Liebesneigung und Gluth Miß
Anna, er iſt bezaubert von ihr, aber er ſchlaͤgt die
Fauſt darauf, daß es ihn ſelber zum Aeußerſten
ſchmerzt, und — ſtrebt nach Mary, durchaus nach
Mary.



<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0239" n="231"/>
          <p>Weißt Du es nicht, daß die ur&#x017F;pru&#x0364;ngliche<lb/>
Neigung Hand und Locke des &#x017F;chamhaften Ma&#x0364;d-<lb/>
chens treibt, flu&#x0364;chtig wie ein Gedanke aber wirklich<lb/>
den Geliebten zu beru&#x0364;hren? Sie weiß es nicht, un-<lb/>
bekannte Ma&#x0364;chte thun es.</p><lb/>
          <p>Aber das da&#x0364;moni&#x017F;che Verha&#x0364;ltniß zu Henry wird<lb/>
nach außen &#x017F;ta&#x0364;rker &#x017F;ein, es &#x017F;chließt die &#x017F;tarken Ket-<lb/>
ten immer fe&#x017F;ter um &#x017F;ie, &#x017F;ie &#x017F;chauert, aber &#x017F;ie kann<lb/>
&#x017F;ich nicht wehren, die Ha&#x0364;nde &#x017F;inken, &#x017F;ie &#x017F;tu&#x0364;rzt ihm<lb/>
in die Arme, von dem &#x017F;ie weiß, daß er ihr Ver-<lb/>
derber. Du wir&#x017F;t es &#x017F;ehn.</p><lb/>
          <p>Und Henry! Dem&#x017F;elben Da&#x0364;mon i&#x017F;t er unter-<lb/>
worfen, und ein eben &#x017F;o &#x017F;chlimmer, der engli&#x017F;che<lb/>
Eigen&#x017F;inn, eine Macht u&#x0364;ber Tod und Mo&#x0364;glichkeit<lb/>
hinaus, &#x017F;chließt &#x017F;ich an, und macht das tolle Ver-<lb/>
ha&#x0364;ltniß zum Verha&#x0364;ngniß &#x2014; Henry liebt offenbar<lb/>
mit aller &#x017F;innlichen Liebesneigung und Gluth Miß<lb/>
Anna, er i&#x017F;t bezaubert von ihr, aber er &#x017F;chla&#x0364;gt die<lb/>
Fau&#x017F;t darauf, daß es ihn &#x017F;elber zum Aeußer&#x017F;ten<lb/>
&#x017F;chmerzt, und &#x2014; &#x017F;trebt nach Mary, durchaus nach<lb/>
Mary.</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[231/0239] Weißt Du es nicht, daß die urſpruͤngliche Neigung Hand und Locke des ſchamhaften Maͤd- chens treibt, fluͤchtig wie ein Gedanke aber wirklich den Geliebten zu beruͤhren? Sie weiß es nicht, un- bekannte Maͤchte thun es. Aber das daͤmoniſche Verhaͤltniß zu Henry wird nach außen ſtaͤrker ſein, es ſchließt die ſtarken Ket- ten immer feſter um ſie, ſie ſchauert, aber ſie kann ſich nicht wehren, die Haͤnde ſinken, ſie ſtuͤrzt ihm in die Arme, von dem ſie weiß, daß er ihr Ver- derber. Du wirſt es ſehn. Und Henry! Demſelben Daͤmon iſt er unter- worfen, und ein eben ſo ſchlimmer, der engliſche Eigenſinn, eine Macht uͤber Tod und Moͤglichkeit hinaus, ſchließt ſich an, und macht das tolle Ver- haͤltniß zum Verhaͤngniß — Henry liebt offenbar mit aller ſinnlichen Liebesneigung und Gluth Miß Anna, er iſt bezaubert von ihr, aber er ſchlaͤgt die Fauſt darauf, daß es ihn ſelber zum Aeußerſten ſchmerzt, und — ſtrebt nach Mary, durchaus nach Mary.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laube_europa03_1837
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laube_europa03_1837/239
Zitationshilfe: Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 3. Mannheim, 1837, S. 231. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laube_europa03_1837/239>, abgerufen am 08.05.2024.