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Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 3. Mannheim, 1837.

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darin sind diese guten Leute und schlechten Musikan-
ten zu Hause, darin sind sie unbefangen, dreist und
frei wie kein Volk auf der Welt, darauf haben sie
sich eben beschränkt, auf dies Nächste, Hausbackene,
dafür und für alle Entwickelung der Art seien sie
Euch vorsichtiger Schritt für Schritt weiter Tap-
penden meinethalben ein Beispiel. Mir sind sie
unausstehlich, mich interessirt das große Gedicht der
Freiheit und Schönheit, nicht das ABC derselben;
ich kann lesen und singen von der Größe und Lust
des Menschen, und will nicht warten, bis es Mil-
lionen beschränkten Volkes auch gelernt haben.

Und nun diese Lüge bei aller Prüderie und
Moral! Diese Eroberungen Englands in andern
Welttheilen, diese unmoralischen Ansprüche, mit
Blut, mit Strömen Bluts verfochtenen Ansprüche
auf America, diese ganze auswärtige Politik des
allertrivialsten kaufmännischen Vortheils mit lächeln-
der Hintansetzung alles Princips, verwünscht sei'st
Du heuchlerisches, puritanisches Albion, meiner Seele
ein Gräuel! Jch hatte es vergessen, daß Du den
gewaltigen Napoleon ächt puritanisch in's Grab ge-
ärgert hast, daß Hudson Lowe dein Sohn ist, daß

darin ſind dieſe guten Leute und ſchlechten Muſikan-
ten zu Hauſe, darin ſind ſie unbefangen, dreiſt und
frei wie kein Volk auf der Welt, darauf haben ſie
ſich eben beſchraͤnkt, auf dies Naͤchſte, Hausbackene,
dafuͤr und fuͤr alle Entwickelung der Art ſeien ſie
Euch vorſichtiger Schritt fuͤr Schritt weiter Tap-
penden meinethalben ein Beiſpiel. Mir ſind ſie
unausſtehlich, mich intereſſirt das große Gedicht der
Freiheit und Schoͤnheit, nicht das ABC derſelben;
ich kann leſen und ſingen von der Groͤße und Luſt
des Menſchen, und will nicht warten, bis es Mil-
lionen beſchraͤnkten Volkes auch gelernt haben.

Und nun dieſe Luͤge bei aller Pruͤderie und
Moral! Dieſe Eroberungen Englands in andern
Welttheilen, dieſe unmoraliſchen Anſpruͤche, mit
Blut, mit Stroͤmen Bluts verfochtenen Anſpruͤche
auf America, dieſe ganze auswaͤrtige Politik des
allertrivialſten kaufmaͤnniſchen Vortheils mit laͤcheln-
der Hintanſetzung alles Princips, verwuͤnſcht ſei’ſt
Du heuchleriſches, puritaniſches Albion, meiner Seele
ein Graͤuel! Jch hatte es vergeſſen, daß Du den
gewaltigen Napoleon aͤcht puritaniſch in’s Grab ge-
aͤrgert haſt, daß Hudſon Lowe dein Sohn iſt, daß

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[208/0216] darin ſind dieſe guten Leute und ſchlechten Muſikan- ten zu Hauſe, darin ſind ſie unbefangen, dreiſt und frei wie kein Volk auf der Welt, darauf haben ſie ſich eben beſchraͤnkt, auf dies Naͤchſte, Hausbackene, dafuͤr und fuͤr alle Entwickelung der Art ſeien ſie Euch vorſichtiger Schritt fuͤr Schritt weiter Tap- penden meinethalben ein Beiſpiel. Mir ſind ſie unausſtehlich, mich intereſſirt das große Gedicht der Freiheit und Schoͤnheit, nicht das ABC derſelben; ich kann leſen und ſingen von der Groͤße und Luſt des Menſchen, und will nicht warten, bis es Mil- lionen beſchraͤnkten Volkes auch gelernt haben. Und nun dieſe Luͤge bei aller Pruͤderie und Moral! Dieſe Eroberungen Englands in andern Welttheilen, dieſe unmoraliſchen Anſpruͤche, mit Blut, mit Stroͤmen Bluts verfochtenen Anſpruͤche auf America, dieſe ganze auswaͤrtige Politik des allertrivialſten kaufmaͤnniſchen Vortheils mit laͤcheln- der Hintanſetzung alles Princips, verwuͤnſcht ſei’ſt Du heuchleriſches, puritaniſches Albion, meiner Seele ein Graͤuel! Jch hatte es vergeſſen, daß Du den gewaltigen Napoleon aͤcht puritaniſch in’s Grab ge- aͤrgert haſt, daß Hudſon Lowe dein Sohn iſt, daß

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Zitationshilfe: Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 3. Mannheim, 1837, S. 208. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laube_europa03_1837/216>, abgerufen am 26.11.2024.