Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 2, 1. Mannheim, 1837.

Bild:
<< vorherige Seite

wie sie auch dem besonnensten Menschen dieser Art
aufsteigt, wenn ihn ein Wort aus allen Täuschun-
gen rüttelt. Und dergleichen hatte er am wenigsten
bei einer Revolutionsarmee wie die polnische er-
wartet.

"Sie haben mich, Herr Graf, einstweilig des
Dienstes entlassen, ich scheide nun für immer aus
Jhrem Regimente. Nimmermehr hätte ich diese
Art, über Soldaten zu urtheilen, bei einem Heere
erwartet, dessen alter Kern noch unter Napoleon
gefochten. Bonaparte, Herr Graf, war ein armer
korsikanischer Junker, Bonaparte hat nie darnach
gefragt, was Junot, Bernadotte, Ney gewesen,
bevor sie Soldaten wurden; die Säbel, Herr Graf,
und die Fähigkeit haben seine Marschälle geschaffen,
in Aegypten war er Muselmann, und hätte er Juden
zu unterwerfen gehabt, er wäre in die Synagoge
gegangen, er hat nie darnach gefragt, auf welche
Weise seine Soldaten zu ihrem Gott beteten. Jch
wünsche es von Herzen, aber ich glaube es kaum,
daß Sie mit diesen aristokratischen Bedenklichkeiten
eine glückliche Revolution machen."

wie ſie auch dem beſonnenſten Menſchen dieſer Art
aufſteigt, wenn ihn ein Wort aus allen Täuſchun-
gen rüttelt. Und dergleichen hatte er am wenigſten
bei einer Revolutionsarmee wie die polniſche er-
wartet.

„Sie haben mich, Herr Graf, einſtweilig des
Dienſtes entlaſſen, ich ſcheide nun für immer aus
Jhrem Regimente. Nimmermehr hätte ich dieſe
Art, über Soldaten zu urtheilen, bei einem Heere
erwartet, deſſen alter Kern noch unter Napoleon
gefochten. Bonaparte, Herr Graf, war ein armer
korſikaniſcher Junker, Bonaparte hat nie darnach
gefragt, was Junot, Bernadotte, Ney geweſen,
bevor ſie Soldaten wurden; die Säbel, Herr Graf,
und die Fähigkeit haben ſeine Marſchälle geſchaffen,
in Aegypten war er Muſelmann, und hätte er Juden
zu unterwerfen gehabt, er wäre in die Synagoge
gegangen, er hat nie darnach gefragt, auf welche
Weiſe ſeine Soldaten zu ihrem Gott beteten. Jch
wünſche es von Herzen, aber ich glaube es kaum,
daß Sie mit dieſen ariſtokratiſchen Bedenklichkeiten
eine glückliche Revolution machen.“

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0252" n="242"/>
wie &#x017F;ie auch dem be&#x017F;onnen&#x017F;ten Men&#x017F;chen die&#x017F;er Art<lb/>
auf&#x017F;teigt, wenn ihn ein Wort aus allen Täu&#x017F;chun-<lb/>
gen rüttelt. Und dergleichen hatte er am wenig&#x017F;ten<lb/>
bei einer Revolutionsarmee wie die polni&#x017F;che er-<lb/>
wartet.</p><lb/>
          <p>&#x201E;Sie haben mich, Herr Graf, ein&#x017F;tweilig des<lb/>
Dien&#x017F;tes entla&#x017F;&#x017F;en, ich &#x017F;cheide nun für immer aus<lb/>
Jhrem Regimente. Nimmermehr hätte ich die&#x017F;e<lb/>
Art, über Soldaten zu urtheilen, bei einem Heere<lb/>
erwartet, de&#x017F;&#x017F;en alter Kern noch unter Napoleon<lb/>
gefochten. Bonaparte, Herr Graf, war ein armer<lb/>
kor&#x017F;ikani&#x017F;cher Junker, Bonaparte hat nie darnach<lb/>
gefragt, was Junot, Bernadotte, Ney gewe&#x017F;en,<lb/>
bevor &#x017F;ie Soldaten wurden; die Säbel, Herr Graf,<lb/>
und die Fähigkeit haben &#x017F;eine Mar&#x017F;chälle ge&#x017F;chaffen,<lb/>
in Aegypten war er Mu&#x017F;elmann, und hätte er Juden<lb/>
zu unterwerfen gehabt, er wäre in die Synagoge<lb/>
gegangen, er hat nie darnach gefragt, auf welche<lb/>
Wei&#x017F;e &#x017F;eine Soldaten zu ihrem Gott beteten. Jch<lb/>
wün&#x017F;che es von Herzen, aber ich glaube es kaum,<lb/>
daß Sie mit die&#x017F;en ari&#x017F;tokrati&#x017F;chen Bedenklichkeiten<lb/>
eine glückliche Revolution machen.&#x201C;</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[242/0252] wie ſie auch dem beſonnenſten Menſchen dieſer Art aufſteigt, wenn ihn ein Wort aus allen Täuſchun- gen rüttelt. Und dergleichen hatte er am wenigſten bei einer Revolutionsarmee wie die polniſche er- wartet. „Sie haben mich, Herr Graf, einſtweilig des Dienſtes entlaſſen, ich ſcheide nun für immer aus Jhrem Regimente. Nimmermehr hätte ich dieſe Art, über Soldaten zu urtheilen, bei einem Heere erwartet, deſſen alter Kern noch unter Napoleon gefochten. Bonaparte, Herr Graf, war ein armer korſikaniſcher Junker, Bonaparte hat nie darnach gefragt, was Junot, Bernadotte, Ney geweſen, bevor ſie Soldaten wurden; die Säbel, Herr Graf, und die Fähigkeit haben ſeine Marſchälle geſchaffen, in Aegypten war er Muſelmann, und hätte er Juden zu unterwerfen gehabt, er wäre in die Synagoge gegangen, er hat nie darnach gefragt, auf welche Weiſe ſeine Soldaten zu ihrem Gott beteten. Jch wünſche es von Herzen, aber ich glaube es kaum, daß Sie mit dieſen ariſtokratiſchen Bedenklichkeiten eine glückliche Revolution machen.“

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laube_europa0201_1837
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laube_europa0201_1837/252
Zitationshilfe: Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 2, 1. Mannheim, 1837, S. 242. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laube_europa0201_1837/252>, abgerufen am 17.05.2024.