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Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 2, 1. Mannheim, 1837.

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Ehe er sich seines Unmuths recht bewußt wurde,
war Valerius mit den Gedanken in Teutschland,
und ein Ort nach dem andern mußte sich ihm dar-
stellen im Mondschein dieser Nacht. Das sind
Bilder, die den Menschen am meisten befangen mit
ihrer unendlichen Mannigfaltigkeit. Eine Gruppe
nach der andern breitet sich vor ihm aus, jede hat
ihre tausend Beziehungen und Gewichte, die sich
fortwährend im Gleise erhalten, jede führt zu einer
neuen, und der Geist irrt von einem Lande zum
andern, über den Ocean, wo jener Mondschein
nicht zu sehen ist, und die Leute im Sonnenstrahl
umherwandeln -- "beim Schein des Mondes, beim
Strahl der Sonne denken wohl manche von jenen
Leuten an den Kampf in Polen, und so weckt und
wirkt Alles durcheinander in dieser Welt, und der
Gedanke an den Allmächtigen füllt das Herz" --

"Camilla, Camilla, die Welt ist zu groß, das
Jnteresse zu mannigfaltig, Gottes Gedanke zu tief,
und ich will Alles suchen -- Dein Auge kommt
mir immer seltner, ich tauge nichts für die Liebe,
ich bin krank an Ueberfluß, und arm an Liebe für
das Einzelne, vergieb mir!" --

Ehe er ſich ſeines Unmuths recht bewußt wurde,
war Valerius mit den Gedanken in Teutſchland,
und ein Ort nach dem andern mußte ſich ihm dar-
ſtellen im Mondſchein dieſer Nacht. Das ſind
Bilder, die den Menſchen am meiſten befangen mit
ihrer unendlichen Mannigfaltigkeit. Eine Gruppe
nach der andern breitet ſich vor ihm aus, jede hat
ihre tauſend Beziehungen und Gewichte, die ſich
fortwährend im Gleiſe erhalten, jede führt zu einer
neuen, und der Geiſt irrt von einem Lande zum
andern, über den Ocean, wo jener Mondſchein
nicht zu ſehen iſt, und die Leute im Sonnenſtrahl
umherwandeln — „beim Schein des Mondes, beim
Strahl der Sonne denken wohl manche von jenen
Leuten an den Kampf in Polen, und ſo weckt und
wirkt Alles durcheinander in dieſer Welt, und der
Gedanke an den Allmächtigen füllt das Herz“ —

„Camilla, Camilla, die Welt iſt zu groß, das
Jntereſſe zu mannigfaltig, Gottes Gedanke zu tief,
und ich will Alles ſuchen — Dein Auge kommt
mir immer ſeltner, ich tauge nichts für die Liebe,
ich bin krank an Ueberfluß, und arm an Liebe für
das Einzelne, vergieb mir!“ —

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[98/0108] Ehe er ſich ſeines Unmuths recht bewußt wurde, war Valerius mit den Gedanken in Teutſchland, und ein Ort nach dem andern mußte ſich ihm dar- ſtellen im Mondſchein dieſer Nacht. Das ſind Bilder, die den Menſchen am meiſten befangen mit ihrer unendlichen Mannigfaltigkeit. Eine Gruppe nach der andern breitet ſich vor ihm aus, jede hat ihre tauſend Beziehungen und Gewichte, die ſich fortwährend im Gleiſe erhalten, jede führt zu einer neuen, und der Geiſt irrt von einem Lande zum andern, über den Ocean, wo jener Mondſchein nicht zu ſehen iſt, und die Leute im Sonnenſtrahl umherwandeln — „beim Schein des Mondes, beim Strahl der Sonne denken wohl manche von jenen Leuten an den Kampf in Polen, und ſo weckt und wirkt Alles durcheinander in dieſer Welt, und der Gedanke an den Allmächtigen füllt das Herz“ — „Camilla, Camilla, die Welt iſt zu groß, das Jntereſſe zu mannigfaltig, Gottes Gedanke zu tief, und ich will Alles ſuchen — Dein Auge kommt mir immer ſeltner, ich tauge nichts für die Liebe, ich bin krank an Ueberfluß, und arm an Liebe für das Einzelne, vergieb mir!“ —

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Zitationshilfe: Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 2, 1. Mannheim, 1837, S. 98. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laube_europa0201_1837/108>, abgerufen am 09.05.2024.