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Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 1, 1. Leipzig, 1833.

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held getragen. Ich wollt' es dem armen Teufel nicht
rathen, sich an mich zu wagen; der Teufel ist der Tod,
ich erdrücke ihn in der Fülle meiner Lebenskraft. --
Genug, ich will zu Ende.

Die schöne Fürstin war so leise eingetreten, daß
ich sie nicht bemerkt hatte, ich phantasirte über die For¬
menschönheit mit Ardinghello -- wie eine heiße Sonne
trat sie plötzlich vor mein Lampenlicht. Eine Million
lebte eben in mir, ich riß sie in ihrem weichen Nacht¬
kleide zu mir nieder, ich erwürgte sie fast. "Laß mich
einen Augenblick los" -- flehte sie. Als sie frei war,
sprang sie durch die Thür, ich ihr nach. Sie war
verschwunden. Mitten im nächsten Zimmer sah ich
mich um, sie schloß eben sorglich die Thür, hinter deren
Flügel sie sich einen Augenblick versteckt hatte. "Der
Fürst könnte zurückkehren," -- sagte sie -- "und es
fällt ihm zuweilen, meinem Schwager aber oft ein, sich
selbst ein Buch suchen zu wollen." Wir gingen in
ihr Schlafzimmer, es ist verführerisch wie ein anakreon¬
tisches Gedicht. Eine nur angelehnte Thür führte zu
einem Badezimmer; ich küßte einen Augenblick Abschied
auf Mund und Busen meiner Constantie, warf die
leichten Kleider von mir und tränkte meine durstigen

held getragen. Ich wollt' es dem armen Teufel nicht
rathen, ſich an mich zu wagen; der Teufel iſt der Tod,
ich erdrücke ihn in der Fülle meiner Lebenskraft. —
Genug, ich will zu Ende.

Die ſchöne Fürſtin war ſo leiſe eingetreten, daß
ich ſie nicht bemerkt hatte, ich phantaſirte über die For¬
menſchönheit mit Ardinghello — wie eine heiße Sonne
trat ſie plötzlich vor mein Lampenlicht. Eine Million
lebte eben in mir, ich riß ſie in ihrem weichen Nacht¬
kleide zu mir nieder, ich erwürgte ſie faſt. „Laß mich
einen Augenblick los“ — flehte ſie. Als ſie frei war,
ſprang ſie durch die Thür, ich ihr nach. Sie war
verſchwunden. Mitten im nächſten Zimmer ſah ich
mich um, ſie ſchloß eben ſorglich die Thür, hinter deren
Flügel ſie ſich einen Augenblick verſteckt hatte. „Der
Fürſt könnte zurückkehren,“ — ſagte ſie — „und es
fällt ihm zuweilen, meinem Schwager aber oft ein, ſich
ſelbſt ein Buch ſuchen zu wollen.“ Wir gingen in
ihr Schlafzimmer, es iſt verführeriſch wie ein anakreon¬
tiſches Gedicht. Eine nur angelehnte Thür führte zu
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[129/0139] held getragen. Ich wollt' es dem armen Teufel nicht rathen, ſich an mich zu wagen; der Teufel iſt der Tod, ich erdrücke ihn in der Fülle meiner Lebenskraft. — Genug, ich will zu Ende. Die ſchöne Fürſtin war ſo leiſe eingetreten, daß ich ſie nicht bemerkt hatte, ich phantaſirte über die For¬ menſchönheit mit Ardinghello — wie eine heiße Sonne trat ſie plötzlich vor mein Lampenlicht. Eine Million lebte eben in mir, ich riß ſie in ihrem weichen Nacht¬ kleide zu mir nieder, ich erwürgte ſie faſt. „Laß mich einen Augenblick los“ — flehte ſie. Als ſie frei war, ſprang ſie durch die Thür, ich ihr nach. Sie war verſchwunden. Mitten im nächſten Zimmer ſah ich mich um, ſie ſchloß eben ſorglich die Thür, hinter deren Flügel ſie ſich einen Augenblick verſteckt hatte. „Der Fürſt könnte zurückkehren,“ — ſagte ſie — „und es fällt ihm zuweilen, meinem Schwager aber oft ein, ſich ſelbſt ein Buch ſuchen zu wollen.“ Wir gingen in ihr Schlafzimmer, es iſt verführeriſch wie ein anakreon¬ tiſches Gedicht. Eine nur angelehnte Thür führte zu einem Badezimmer; ich küßte einen Augenblick Abſchied auf Mund und Buſen meiner Conſtantie, warf die leichten Kleider von mir und tränkte meine durſtigen

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Zitationshilfe: Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 1, 1. Leipzig, 1833, S. 129. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laube_europa0101_1833/139>, abgerufen am 07.05.2024.