Saltner nichts nützen. Jch muß Jhnen gestehen, daß seine Lage eine verzweifelte ist. Er selbst würde sich ja schließlich auch über die Verhaftung und das Urteil hinwegzusetzen wissen. Aber Sie wissen, wie er an seiner Mutter hängt. Und damit verknüpft sich sein Geschick. Die alte Dame würde eine nochmalige Ge- fangennahme nicht überleben, das ist Saltners Sorge. Und ihr Zustand gestattet ihm nicht, seinen Zufluchts- ort aufzugeben und etwa, was ihm sonst vielleicht gelingen könnte, sich am Tage in den Wäldern zu verbergen und in der Nacht auf unwegsamen Kletter- pfaden in Sicherheit zu bringen. Wir sehen daher keinen Weg vor uns, wie diese Gefahr vermieden wer- den könnte. Vielleicht schon morgen geschieht das Traurige."
"Morgen?" unterbrach ihn La erschrocken. "Was wissen Sie?"
"Jch erhielt heute eine Depesche von einem seiner Freunde. Zwei Luftschiffe sind zu seiner Aufsuchung ausgeschickt. Sie sollte schon heute beginnen. Das Wetter, das die Berge in Wolken hüllt, verhinderte sie jedoch. Wenn es morgen klar wird -- und die Wetterkarte läßt es vermuten --"
"Können Sie mir sagen, wo Saltner sich aufhält."
"Genau wissen es nur wenige Eingeweihte. Wir wissen nur, was auch den andern bekannt ist, in den Bergen, die sich südlich vom Etschthal oberhalb Bozen, etwa nach dem Nonsberg, hinabziehen, in einer der dort befindlichen Hütten -- hier können Sie die Spezialkarte sehen." La ließ sich die Karte erklären.
Auf der Sternwarte.
Saltner nichts nützen. Jch muß Jhnen geſtehen, daß ſeine Lage eine verzweifelte iſt. Er ſelbſt würde ſich ja ſchließlich auch über die Verhaftung und das Urteil hinwegzuſetzen wiſſen. Aber Sie wiſſen, wie er an ſeiner Mutter hängt. Und damit verknüpft ſich ſein Geſchick. Die alte Dame würde eine nochmalige Ge- fangennahme nicht überleben, das iſt Saltners Sorge. Und ihr Zuſtand geſtattet ihm nicht, ſeinen Zufluchts- ort aufzugeben und etwa, was ihm ſonſt vielleicht gelingen könnte, ſich am Tage in den Wäldern zu verbergen und in der Nacht auf unwegſamen Kletter- pfaden in Sicherheit zu bringen. Wir ſehen daher keinen Weg vor uns, wie dieſe Gefahr vermieden wer- den könnte. Vielleicht ſchon morgen geſchieht das Traurige.‟
„Morgen?‟ unterbrach ihn La erſchrocken. „Was wiſſen Sie?‟
„Jch erhielt heute eine Depeſche von einem ſeiner Freunde. Zwei Luftſchiffe ſind zu ſeiner Aufſuchung ausgeſchickt. Sie ſollte ſchon heute beginnen. Das Wetter, das die Berge in Wolken hüllt, verhinderte ſie jedoch. Wenn es morgen klar wird — und die Wetterkarte läßt es vermuten —‟
„Können Sie mir ſagen, wo Saltner ſich aufhält.‟
„Genau wiſſen es nur wenige Eingeweihte. Wir wiſſen nur, was auch den andern bekannt iſt, in den Bergen, die ſich ſüdlich vom Etſchthal oberhalb Bozen, etwa nach dem Nonsberg, hinabziehen, in einer der dort befindlichen Hütten — hier können Sie die Spezialkarte ſehen.‟ La ließ ſich die Karte erklären.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0437"n="429"/><fwplace="top"type="header">Auf der Sternwarte.</fw><lb/>
Saltner nichts nützen. Jch muß Jhnen geſtehen, daß<lb/>ſeine Lage eine verzweifelte iſt. Er ſelbſt würde ſich<lb/>
ja ſchließlich auch über die Verhaftung und das Urteil<lb/>
hinwegzuſetzen wiſſen. Aber Sie wiſſen, wie er an<lb/>ſeiner Mutter hängt. Und damit verknüpft ſich ſein<lb/>
Geſchick. Die alte Dame würde eine nochmalige Ge-<lb/>
fangennahme nicht überleben, das iſt Saltners Sorge.<lb/>
Und ihr Zuſtand geſtattet ihm nicht, ſeinen Zufluchts-<lb/>
ort aufzugeben und etwa, was ihm ſonſt vielleicht<lb/>
gelingen könnte, ſich am Tage in den Wäldern zu<lb/>
verbergen und in der Nacht auf unwegſamen Kletter-<lb/>
pfaden in Sicherheit zu bringen. Wir ſehen daher<lb/>
keinen Weg vor uns, wie dieſe Gefahr vermieden wer-<lb/>
den könnte. Vielleicht ſchon morgen geſchieht das<lb/>
Traurige.‟</p><lb/><p>„Morgen?‟ unterbrach ihn La erſchrocken. „Was<lb/>
wiſſen Sie?‟</p><lb/><p>„Jch erhielt heute eine Depeſche von einem ſeiner<lb/>
Freunde. Zwei Luftſchiffe ſind zu ſeiner Aufſuchung<lb/>
ausgeſchickt. Sie ſollte ſchon heute beginnen. Das<lb/>
Wetter, das die Berge in Wolken hüllt, verhinderte<lb/>ſie jedoch. Wenn es morgen klar wird — und die<lb/>
Wetterkarte läßt es vermuten —‟</p><lb/><p>„Können Sie mir ſagen, wo Saltner ſich aufhält.‟</p><lb/><p>„Genau wiſſen es nur wenige Eingeweihte. Wir<lb/>
wiſſen nur, was auch den andern bekannt iſt, in den<lb/>
Bergen, die ſich ſüdlich vom Etſchthal oberhalb Bozen,<lb/>
etwa nach dem Nonsberg, hinabziehen, in einer der<lb/>
dort befindlichen Hütten — hier können Sie die<lb/>
Spezialkarte ſehen.‟ La ließ ſich die Karte erklären.</p><lb/></div></div></body></text></TEI>
[429/0437]
Auf der Sternwarte.
Saltner nichts nützen. Jch muß Jhnen geſtehen, daß
ſeine Lage eine verzweifelte iſt. Er ſelbſt würde ſich
ja ſchließlich auch über die Verhaftung und das Urteil
hinwegzuſetzen wiſſen. Aber Sie wiſſen, wie er an
ſeiner Mutter hängt. Und damit verknüpft ſich ſein
Geſchick. Die alte Dame würde eine nochmalige Ge-
fangennahme nicht überleben, das iſt Saltners Sorge.
Und ihr Zuſtand geſtattet ihm nicht, ſeinen Zufluchts-
ort aufzugeben und etwa, was ihm ſonſt vielleicht
gelingen könnte, ſich am Tage in den Wäldern zu
verbergen und in der Nacht auf unwegſamen Kletter-
pfaden in Sicherheit zu bringen. Wir ſehen daher
keinen Weg vor uns, wie dieſe Gefahr vermieden wer-
den könnte. Vielleicht ſchon morgen geſchieht das
Traurige.‟
„Morgen?‟ unterbrach ihn La erſchrocken. „Was
wiſſen Sie?‟
„Jch erhielt heute eine Depeſche von einem ſeiner
Freunde. Zwei Luftſchiffe ſind zu ſeiner Aufſuchung
ausgeſchickt. Sie ſollte ſchon heute beginnen. Das
Wetter, das die Berge in Wolken hüllt, verhinderte
ſie jedoch. Wenn es morgen klar wird — und die
Wetterkarte läßt es vermuten —‟
„Können Sie mir ſagen, wo Saltner ſich aufhält.‟
„Genau wiſſen es nur wenige Eingeweihte. Wir
wiſſen nur, was auch den andern bekannt iſt, in den
Bergen, die ſich ſüdlich vom Etſchthal oberhalb Bozen,
etwa nach dem Nonsberg, hinabziehen, in einer der
dort befindlichen Hütten — hier können Sie die
Spezialkarte ſehen.‟ La ließ ſich die Karte erklären.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Laßwitz, Kurd: Auf zwei Planeten. Bd. 2. Weimar, 1897, S. 429. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_planeten02_1897/437>, abgerufen am 17.06.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.