Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laßwitz, Kurd: Auf zwei Planeten. Bd. 2. Weimar, 1897.

Bild:
<< vorherige Seite
Vierundfünfzigstes Kapitel.

"Es ist furchtbar einsam hier", sagte La.

"Das ist noch das Beste dabei", erwiderte Se. "Es
ist wenigstens auch still. Wie spät ist es denn
eigentlich?"

"Da oben leuchtet ja das Zifferblatt der Stern-
wartenuhr. Es ist acht Uhr vorüber. Wir wollen
schellen."

Grunthe saß mit Torm, der soeben von seinem
Ausfluge zurückgekommen war, bei ihrem frugalen
Abendessen, als ihm der Besuch zweier Damen ge-
meldet wurde. Sein Assistent, der sonst die Besucher
der Sternwarte herumzuführen pflegte, war nicht an-
wesend, und es war ihm sehr unangenehm, jetzt sich
stören zu lassen, zumal durch Damen. Er ließ daher
sagen, er bedauere, aber die Sternwarte könne heute
nicht gezeigt werden.

Der Diener ging hinaus, kam jedoch nach einer
Minute in großer Aufregung wieder herein.

"Was giebt es denn?" fragte Grunthe.

"Zwei Damen vom Mars", stammelte der Diener,
indem er Grunthe ehrfurchtsvoll eine schmale, zierliche
Karte überreichte. Sie war mit einer Nadel durch-
stochen, an der eine kleine goldene Medaille hing.
Diese Medaille war es, die den Diener in Aufregung
versetzt hatte. Jeder kannte diesen Weltpaß der Nume,
das Wappen des Mars auf der einen Seite, auf der
andern die Worte: "Jm Schutze des Nu". Sie öffnete
dem Besitzer alle Thüren.

"Nume?" sagte Grunthe verwundert zu Torm.
Er betrachtete die Karte. Sie trug keinen Namen,

Vierundfünfzigſtes Kapitel.

„Es iſt furchtbar einſam hier‟, ſagte La.

„Das iſt noch das Beſte dabei‟, erwiderte Se. „Es
iſt wenigſtens auch ſtill. Wie ſpät iſt es denn
eigentlich?‟

„Da oben leuchtet ja das Zifferblatt der Stern-
wartenuhr. Es iſt acht Uhr vorüber. Wir wollen
ſchellen.‟

Grunthe ſaß mit Torm, der ſoeben von ſeinem
Ausfluge zurückgekommen war, bei ihrem frugalen
Abendeſſen, als ihm der Beſuch zweier Damen ge-
meldet wurde. Sein Aſſiſtent, der ſonſt die Beſucher
der Sternwarte herumzuführen pflegte, war nicht an-
weſend, und es war ihm ſehr unangenehm, jetzt ſich
ſtören zu laſſen, zumal durch Damen. Er ließ daher
ſagen, er bedauere, aber die Sternwarte könne heute
nicht gezeigt werden.

Der Diener ging hinaus, kam jedoch nach einer
Minute in großer Aufregung wieder herein.

„Was giebt es denn?‟ fragte Grunthe.

„Zwei Damen vom Mars‟, ſtammelte der Diener,
indem er Grunthe ehrfurchtsvoll eine ſchmale, zierliche
Karte überreichte. Sie war mit einer Nadel durch-
ſtochen, an der eine kleine goldene Medaille hing.
Dieſe Medaille war es, die den Diener in Aufregung
verſetzt hatte. Jeder kannte dieſen Weltpaß der Nume,
das Wappen des Mars auf der einen Seite, auf der
andern die Worte: „Jm Schutze des Nu‟. Sie öffnete
dem Beſitzer alle Thüren.

„Nume?‟ ſagte Grunthe verwundert zu Torm.
Er betrachtete die Karte. Sie trug keinen Namen,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0434" n="426"/>
          <fw place="top" type="header">Vierundfünfzig&#x017F;tes Kapitel.</fw><lb/>
          <p>&#x201E;Es i&#x017F;t furchtbar ein&#x017F;am hier&#x201F;, &#x017F;agte La.</p><lb/>
          <p>&#x201E;Das i&#x017F;t noch das Be&#x017F;te dabei&#x201F;, erwiderte Se. &#x201E;Es<lb/>
i&#x017F;t wenig&#x017F;tens auch &#x017F;till. Wie &#x017F;pät i&#x017F;t es denn<lb/>
eigentlich?&#x201F;</p><lb/>
          <p>&#x201E;Da oben leuchtet ja das Zifferblatt der Stern-<lb/>
wartenuhr. Es i&#x017F;t acht Uhr vorüber. Wir wollen<lb/>
&#x017F;chellen.&#x201F;</p><lb/>
          <p>Grunthe &#x017F;aß mit Torm, der &#x017F;oeben von &#x017F;einem<lb/>
Ausfluge zurückgekommen war, bei ihrem frugalen<lb/>
Abende&#x017F;&#x017F;en, als ihm der Be&#x017F;uch zweier Damen ge-<lb/>
meldet wurde. Sein A&#x017F;&#x017F;i&#x017F;tent, der &#x017F;on&#x017F;t die Be&#x017F;ucher<lb/>
der Sternwarte herumzuführen pflegte, war nicht an-<lb/>
we&#x017F;end, und es war ihm &#x017F;ehr unangenehm, jetzt &#x017F;ich<lb/>
&#x017F;tören zu la&#x017F;&#x017F;en, zumal durch Damen. Er ließ daher<lb/>
&#x017F;agen, er bedauere, aber die Sternwarte könne heute<lb/>
nicht gezeigt werden.</p><lb/>
          <p>Der Diener ging hinaus, kam jedoch nach einer<lb/>
Minute in großer Aufregung wieder herein.</p><lb/>
          <p>&#x201E;Was giebt es denn?&#x201F; fragte Grunthe.</p><lb/>
          <p>&#x201E;Zwei Damen vom Mars&#x201F;, &#x017F;tammelte der Diener,<lb/>
indem er Grunthe ehrfurchtsvoll eine &#x017F;chmale, zierliche<lb/>
Karte überreichte. Sie war mit einer Nadel durch-<lb/>
&#x017F;tochen, an der eine kleine goldene Medaille hing.<lb/>
Die&#x017F;e Medaille war es, die den Diener in Aufregung<lb/>
ver&#x017F;etzt hatte. Jeder kannte die&#x017F;en Weltpaß der Nume,<lb/>
das Wappen des Mars auf der einen Seite, auf der<lb/>
andern die Worte: &#x201E;Jm Schutze des Nu&#x201F;. Sie öffnete<lb/>
dem Be&#x017F;itzer alle Thüren.</p><lb/>
          <p>&#x201E;Nume?&#x201F; &#x017F;agte Grunthe verwundert zu Torm.<lb/>
Er betrachtete die Karte. Sie trug keinen Namen,<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[426/0434] Vierundfünfzigſtes Kapitel. „Es iſt furchtbar einſam hier‟, ſagte La. „Das iſt noch das Beſte dabei‟, erwiderte Se. „Es iſt wenigſtens auch ſtill. Wie ſpät iſt es denn eigentlich?‟ „Da oben leuchtet ja das Zifferblatt der Stern- wartenuhr. Es iſt acht Uhr vorüber. Wir wollen ſchellen.‟ Grunthe ſaß mit Torm, der ſoeben von ſeinem Ausfluge zurückgekommen war, bei ihrem frugalen Abendeſſen, als ihm der Beſuch zweier Damen ge- meldet wurde. Sein Aſſiſtent, der ſonſt die Beſucher der Sternwarte herumzuführen pflegte, war nicht an- weſend, und es war ihm ſehr unangenehm, jetzt ſich ſtören zu laſſen, zumal durch Damen. Er ließ daher ſagen, er bedauere, aber die Sternwarte könne heute nicht gezeigt werden. Der Diener ging hinaus, kam jedoch nach einer Minute in großer Aufregung wieder herein. „Was giebt es denn?‟ fragte Grunthe. „Zwei Damen vom Mars‟, ſtammelte der Diener, indem er Grunthe ehrfurchtsvoll eine ſchmale, zierliche Karte überreichte. Sie war mit einer Nadel durch- ſtochen, an der eine kleine goldene Medaille hing. Dieſe Medaille war es, die den Diener in Aufregung verſetzt hatte. Jeder kannte dieſen Weltpaß der Nume, das Wappen des Mars auf der einen Seite, auf der andern die Worte: „Jm Schutze des Nu‟. Sie öffnete dem Beſitzer alle Thüren. „Nume?‟ ſagte Grunthe verwundert zu Torm. Er betrachtete die Karte. Sie trug keinen Namen,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_planeten02_1897
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_planeten02_1897/434
Zitationshilfe: Laßwitz, Kurd: Auf zwei Planeten. Bd. 2. Weimar, 1897, S. 426. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_planeten02_1897/434>, abgerufen am 23.07.2024.