Resten des Gewitterregens bedeckt. Die breite, von Vorgärten begrenzte Straße endete hier in einem kleinen, mit Bäumen besetzten Platze, von welchem dunkle Alleen nach drei Seiten ausgingen. Man konnte nicht erkennen, wo sie hinführten, denn zwischen den dicht- belaubten Bäumen verschwand das Licht der spärlichen Gasflammen, die sie erhellten, und nur so weit konnte man sehen, als die Strahlen der elektrischen Bogen- lampen an der Endstation der Straßenbahn reichten.
"So also sieht es in Friedau aus", seufzte Se. "Und das ist noch eine Residenzstadt! Wie mag es da erst auf dem Lande sein, wo --"
"Halte keine Reden", unterbrach sie La, "sondern komm, die Sternwarte wird schon zu finden sein."
Sie spähte nach jemand aus, den sie nach dem Wege fragen könnte. Eine Laterne tauchte in der Hauptstraße auf, es war die eines Radfahrers, der in eine der Alleen einbog.
"Dort hinaus muß also noch irgend etwas liegen, denn es fahren noch Menschen hin", sagte La in un- verwüstlicher Laune.
"Weißt Du, wer das war?" rief Se. "Als er bei der Bogenlampe vorüberfuhr, erkannte ich ihn. Es ist derselbe Mensch, der während des Gewitters bei dem Pavillon stand. Und -- ich bin vorhin nicht dazu gekommen, mit Dir darüber zu sprechen -- ist Dir nicht eine seltsame Aehnlichkeit aufgefallen?"
"Mit wem? Jch habe kaum auf ihn geachtet."
"Mit Jsmas Mann. Nach den Bildern. Jch bilde mir ein, es ist Torm."
Vierundfünfzigſtes Kapitel.
Reſten des Gewitterregens bedeckt. Die breite, von Vorgärten begrenzte Straße endete hier in einem kleinen, mit Bäumen beſetzten Platze, von welchem dunkle Alleen nach drei Seiten ausgingen. Man konnte nicht erkennen, wo ſie hinführten, denn zwiſchen den dicht- belaubten Bäumen verſchwand das Licht der ſpärlichen Gasflammen, die ſie erhellten, und nur ſo weit konnte man ſehen, als die Strahlen der elektriſchen Bogen- lampen an der Endſtation der Straßenbahn reichten.
„So alſo ſieht es in Friedau aus‟, ſeufzte Se. „Und das iſt noch eine Reſidenzſtadt! Wie mag es da erſt auf dem Lande ſein, wo —‟
„Halte keine Reden‟, unterbrach ſie La, „ſondern komm, die Sternwarte wird ſchon zu finden ſein.‟
Sie ſpähte nach jemand aus, den ſie nach dem Wege fragen könnte. Eine Laterne tauchte in der Hauptſtraße auf, es war die eines Radfahrers, der in eine der Alleen einbog.
„Dort hinaus muß alſo noch irgend etwas liegen, denn es fahren noch Menſchen hin‟, ſagte La in un- verwüſtlicher Laune.
„Weißt Du, wer das war?‟ rief Se. „Als er bei der Bogenlampe vorüberfuhr, erkannte ich ihn. Es iſt derſelbe Menſch, der während des Gewitters bei dem Pavillon ſtand. Und — ich bin vorhin nicht dazu gekommen, mit Dir darüber zu ſprechen — iſt Dir nicht eine ſeltſame Aehnlichkeit aufgefallen?‟
„Mit wem? Jch habe kaum auf ihn geachtet.‟
„Mit Jsmas Mann. Nach den Bildern. Jch bilde mir ein, es iſt Torm.‟
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0432"n="424"/><fwplace="top"type="header">Vierundfünfzigſtes Kapitel.</fw><lb/>
Reſten des Gewitterregens bedeckt. Die breite, von<lb/>
Vorgärten begrenzte Straße endete hier in einem<lb/>
kleinen, mit Bäumen beſetzten Platze, von welchem<lb/>
dunkle Alleen nach drei Seiten ausgingen. Man konnte<lb/>
nicht erkennen, wo ſie hinführten, denn zwiſchen den dicht-<lb/>
belaubten Bäumen verſchwand das Licht der ſpärlichen<lb/>
Gasflammen, die ſie erhellten, und nur ſo weit konnte<lb/>
man ſehen, als die Strahlen der elektriſchen Bogen-<lb/>
lampen an der Endſtation der Straßenbahn reichten.</p><lb/><p>„So alſo ſieht es in Friedau aus‟, ſeufzte Se.<lb/>„Und das iſt noch eine Reſidenzſtadt! Wie mag es<lb/>
da erſt auf dem Lande ſein, wo —‟</p><lb/><p>„Halte keine Reden‟, unterbrach ſie La, „ſondern<lb/>
komm, die Sternwarte wird ſchon zu finden ſein.‟</p><lb/><p>Sie ſpähte nach jemand aus, den ſie nach dem<lb/>
Wege fragen könnte. Eine Laterne tauchte in der<lb/>
Hauptſtraße auf, es war die eines Radfahrers, der in<lb/>
eine der Alleen einbog.</p><lb/><p>„Dort hinaus muß alſo noch irgend etwas liegen,<lb/>
denn es fahren noch Menſchen hin‟, ſagte La in un-<lb/>
verwüſtlicher Laune.</p><lb/><p>„Weißt Du, wer das war?‟ rief Se. „Als er bei<lb/>
der Bogenlampe vorüberfuhr, erkannte ich ihn. Es<lb/>
iſt derſelbe Menſch, der während des Gewitters bei<lb/>
dem Pavillon ſtand. Und — ich bin vorhin nicht<lb/>
dazu gekommen, mit Dir darüber zu ſprechen — iſt<lb/>
Dir nicht eine ſeltſame Aehnlichkeit aufgefallen?‟</p><lb/><p>„Mit wem? Jch habe kaum auf ihn geachtet.‟</p><lb/><p>„Mit Jsmas Mann. Nach den Bildern. Jch<lb/>
bilde mir ein, es iſt Torm.‟</p><lb/></div></div></body></text></TEI>
[424/0432]
Vierundfünfzigſtes Kapitel.
Reſten des Gewitterregens bedeckt. Die breite, von
Vorgärten begrenzte Straße endete hier in einem
kleinen, mit Bäumen beſetzten Platze, von welchem
dunkle Alleen nach drei Seiten ausgingen. Man konnte
nicht erkennen, wo ſie hinführten, denn zwiſchen den dicht-
belaubten Bäumen verſchwand das Licht der ſpärlichen
Gasflammen, die ſie erhellten, und nur ſo weit konnte
man ſehen, als die Strahlen der elektriſchen Bogen-
lampen an der Endſtation der Straßenbahn reichten.
„So alſo ſieht es in Friedau aus‟, ſeufzte Se.
„Und das iſt noch eine Reſidenzſtadt! Wie mag es
da erſt auf dem Lande ſein, wo —‟
„Halte keine Reden‟, unterbrach ſie La, „ſondern
komm, die Sternwarte wird ſchon zu finden ſein.‟
Sie ſpähte nach jemand aus, den ſie nach dem
Wege fragen könnte. Eine Laterne tauchte in der
Hauptſtraße auf, es war die eines Radfahrers, der in
eine der Alleen einbog.
„Dort hinaus muß alſo noch irgend etwas liegen,
denn es fahren noch Menſchen hin‟, ſagte La in un-
verwüſtlicher Laune.
„Weißt Du, wer das war?‟ rief Se. „Als er bei
der Bogenlampe vorüberfuhr, erkannte ich ihn. Es
iſt derſelbe Menſch, der während des Gewitters bei
dem Pavillon ſtand. Und — ich bin vorhin nicht
dazu gekommen, mit Dir darüber zu ſprechen — iſt
Dir nicht eine ſeltſame Aehnlichkeit aufgefallen?‟
„Mit wem? Jch habe kaum auf ihn geachtet.‟
„Mit Jsmas Mann. Nach den Bildern. Jch
bilde mir ein, es iſt Torm.‟
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Laßwitz, Kurd: Auf zwei Planeten. Bd. 2. Weimar, 1897, S. 424. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_planeten02_1897/432>, abgerufen am 16.06.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.