Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laßwitz, Kurd: Auf zwei Planeten. Bd. 2. Weimar, 1897.

Bild:
<< vorherige Seite

Dreiundfünfzigstes Kapitel.
Aber ihr Grollen war unschädlich, weil ihr Einfluß
auf die Regierung gebrochen war und die Verlockung
fortfiel, welche so viele nach Macht und Karriere
strebende Kreise der Bevölkerung verleitet hatte, die
kulturfremden, kavaliermäßigen Gewohnheiten nachzu-
ahmen.

Und selbst Anhänger von Lebensanschauungen,
denen der Gedanke des Menschenbundes anfänglich
höchst unsympathisch gewesen war, begannen sich damit
zu befreunden. Der Fabrikbesitzer Pellinger, der sich
leicht für alles begeisterte, was einem versöhnenden
Ausgleich dienen konnte, hatte sich den Bestrebungen
des Bundes eifrig gewidmet und gehörte bald zu den
Vertrauensmännern Grunthes. Seine Vermutung, daß
der Fremde, der auf der Sternwarte wohnte, niemand
anders wie Torm sei, war ihm bald zur Gewißheit ge-
worden, als er ihm bei Grunthe begegnete. Er ver-
barg dies Grunthe nicht, und dieser hielt es für das
Beste, ihm gegen Zusicherung der Verschwiegenheit zu
sagen, daß Torm allerdings hier sei, aber aus politischen
Gründen sich versteckt halten müsse.

Herr von Schnabel setzte Pellingers Bemühungen,
ihn für den Menschenbund zu gewinnen, zuerst hart-
näckigen Widerstand entgegen. Mit Leuten, die auf
dem Standpunkte eines Ell ständen, könne er sich nicht
befreunden. Er liebte es, sich als einen besonderen
Verteidiger der Ehre des verschollenen Torm aufzu-
spielen, indem er behauptete, daß Frau Torm durch
Ell kompromittiert sei, der sich der Verantwortung in
feiger Weise entzogen habe. Und da Torm nicht gegen

Dreiundfünfzigſtes Kapitel.
Aber ihr Grollen war unſchädlich, weil ihr Einfluß
auf die Regierung gebrochen war und die Verlockung
fortfiel, welche ſo viele nach Macht und Karrière
ſtrebende Kreiſe der Bevölkerung verleitet hatte, die
kulturfremden, kavaliermäßigen Gewohnheiten nachzu-
ahmen.

Und ſelbſt Anhänger von Lebensanſchauungen,
denen der Gedanke des Menſchenbundes anfänglich
höchſt unſympathiſch geweſen war, begannen ſich damit
zu befreunden. Der Fabrikbeſitzer Pellinger, der ſich
leicht für alles begeiſterte, was einem verſöhnenden
Ausgleich dienen konnte, hatte ſich den Beſtrebungen
des Bundes eifrig gewidmet und gehörte bald zu den
Vertrauensmännern Grunthes. Seine Vermutung, daß
der Fremde, der auf der Sternwarte wohnte, niemand
anders wie Torm ſei, war ihm bald zur Gewißheit ge-
worden, als er ihm bei Grunthe begegnete. Er ver-
barg dies Grunthe nicht, und dieſer hielt es für das
Beſte, ihm gegen Zuſicherung der Verſchwiegenheit zu
ſagen, daß Torm allerdings hier ſei, aber aus politiſchen
Gründen ſich verſteckt halten müſſe.

Herr von Schnabel ſetzte Pellingers Bemühungen,
ihn für den Menſchenbund zu gewinnen, zuerſt hart-
näckigen Widerſtand entgegen. Mit Leuten, die auf
dem Standpunkte eines Ell ſtänden, könne er ſich nicht
befreunden. Er liebte es, ſich als einen beſonderen
Verteidiger der Ehre des verſchollenen Torm aufzu-
ſpielen, indem er behauptete, daß Frau Torm durch
Ell kompromittiert ſei, der ſich der Verantwortung in
feiger Weiſe entzogen habe. Und da Torm nicht gegen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0426" n="418"/><fw place="top" type="header">Dreiundfünfzig&#x017F;tes Kapitel.</fw><lb/>
Aber ihr Grollen war un&#x017F;chädlich, weil ihr Einfluß<lb/>
auf die Regierung gebrochen war und die Verlockung<lb/>
fortfiel, welche &#x017F;o viele nach Macht und Karri<hi rendition="#aq">è</hi>re<lb/>
&#x017F;trebende Krei&#x017F;e der Bevölkerung verleitet hatte, die<lb/>
kulturfremden, kavaliermäßigen Gewohnheiten nachzu-<lb/>
ahmen.</p><lb/>
          <p>Und &#x017F;elb&#x017F;t Anhänger von Lebensan&#x017F;chauungen,<lb/>
denen der Gedanke des Men&#x017F;chenbundes anfänglich<lb/>
höch&#x017F;t un&#x017F;ympathi&#x017F;ch gewe&#x017F;en war, begannen &#x017F;ich damit<lb/>
zu befreunden. Der Fabrikbe&#x017F;itzer Pellinger, der &#x017F;ich<lb/>
leicht für alles begei&#x017F;terte, was einem ver&#x017F;öhnenden<lb/>
Ausgleich dienen konnte, hatte &#x017F;ich den Be&#x017F;trebungen<lb/>
des Bundes eifrig gewidmet und gehörte bald zu den<lb/>
Vertrauensmännern Grunthes. Seine Vermutung, daß<lb/>
der Fremde, der auf der Sternwarte wohnte, niemand<lb/>
anders wie Torm &#x017F;ei, war ihm bald zur Gewißheit ge-<lb/>
worden, als er ihm bei Grunthe begegnete. Er ver-<lb/>
barg dies Grunthe nicht, und die&#x017F;er hielt es für das<lb/>
Be&#x017F;te, ihm gegen Zu&#x017F;icherung der Ver&#x017F;chwiegenheit zu<lb/>
&#x017F;agen, daß Torm allerdings hier &#x017F;ei, aber aus politi&#x017F;chen<lb/>
Gründen &#x017F;ich ver&#x017F;teckt halten mü&#x017F;&#x017F;e.</p><lb/>
          <p>Herr von Schnabel &#x017F;etzte Pellingers Bemühungen,<lb/>
ihn für den Men&#x017F;chenbund zu gewinnen, zuer&#x017F;t hart-<lb/>
näckigen Wider&#x017F;tand entgegen. Mit Leuten, die auf<lb/>
dem Standpunkte eines Ell &#x017F;tänden, könne er &#x017F;ich nicht<lb/>
befreunden. Er liebte es, &#x017F;ich als einen be&#x017F;onderen<lb/>
Verteidiger der Ehre des ver&#x017F;chollenen Torm aufzu-<lb/>
&#x017F;pielen, indem er behauptete, daß Frau Torm durch<lb/>
Ell kompromittiert &#x017F;ei, der &#x017F;ich der Verantwortung in<lb/>
feiger Wei&#x017F;e entzogen habe. Und da Torm nicht gegen<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[418/0426] Dreiundfünfzigſtes Kapitel. Aber ihr Grollen war unſchädlich, weil ihr Einfluß auf die Regierung gebrochen war und die Verlockung fortfiel, welche ſo viele nach Macht und Karrière ſtrebende Kreiſe der Bevölkerung verleitet hatte, die kulturfremden, kavaliermäßigen Gewohnheiten nachzu- ahmen. Und ſelbſt Anhänger von Lebensanſchauungen, denen der Gedanke des Menſchenbundes anfänglich höchſt unſympathiſch geweſen war, begannen ſich damit zu befreunden. Der Fabrikbeſitzer Pellinger, der ſich leicht für alles begeiſterte, was einem verſöhnenden Ausgleich dienen konnte, hatte ſich den Beſtrebungen des Bundes eifrig gewidmet und gehörte bald zu den Vertrauensmännern Grunthes. Seine Vermutung, daß der Fremde, der auf der Sternwarte wohnte, niemand anders wie Torm ſei, war ihm bald zur Gewißheit ge- worden, als er ihm bei Grunthe begegnete. Er ver- barg dies Grunthe nicht, und dieſer hielt es für das Beſte, ihm gegen Zuſicherung der Verſchwiegenheit zu ſagen, daß Torm allerdings hier ſei, aber aus politiſchen Gründen ſich verſteckt halten müſſe. Herr von Schnabel ſetzte Pellingers Bemühungen, ihn für den Menſchenbund zu gewinnen, zuerſt hart- näckigen Widerſtand entgegen. Mit Leuten, die auf dem Standpunkte eines Ell ſtänden, könne er ſich nicht befreunden. Er liebte es, ſich als einen beſonderen Verteidiger der Ehre des verſchollenen Torm aufzu- ſpielen, indem er behauptete, daß Frau Torm durch Ell kompromittiert ſei, der ſich der Verantwortung in feiger Weiſe entzogen habe. Und da Torm nicht gegen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_planeten02_1897
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_planeten02_1897/426
Zitationshilfe: Laßwitz, Kurd: Auf zwei Planeten. Bd. 2. Weimar, 1897, S. 418. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_planeten02_1897/426>, abgerufen am 26.06.2024.