"Lieber Freund", antwortete Saltner, "ich danke Jhnen innig, aber ich muß Jhnen eine Überraschung bereiten. Jch gehe jetzt mit meiner Mutter sogleich fort. Jch habe Gründe, weshalb ich nicht warten kann."
"Haben Sie denn den Schein und das Attest vom Direktor?"
"Nein, das brauche ich nicht, wir gehen so."
"Aber ich bitte Sie, bester Freund, das ist unmög- lich, das darf ich ja leider nicht zulassen --"
"Sie müssen es."
"Es geht nicht. Sie bringen mich in Teufels Küche. Es geht mir an den Kragen."
"Jhnen kann gar nichts passieren. Kennen Sie die Verordnung von Oß, wo es heißt: "Jeder Anordnung eines Numen, gleichviel, worauf sie sich beziehe, ist ohne Widerspruch Folge zu leisten", -- von den Men- schen nämlich?"
"Leider ja, ich kenne den Unsinn, muß mich aber danach richten."
"Nun denn, führen Sie uns in Jhr Zimmer, ich will Jhnen etwas zeigen."
Sie traten in das Sprechzimmer des Arztes.
"Können Sie martisch lesen?" fragte Saltner.
"Jch habe es einigermaßen lernen müssen."
"Dann sehen Sie sich das an." Er zeigte seinen Paß.
"Erkennen Sie an, daß mir danach alle Rechte eines Numen ausnahmslos zuerkannt sind?"
"Jch muß es anerkennen."
"Demnach befehle ich Jhnen, meine Mutter und mich sogleich aus diesem Hause zu entlassen."
Laßwitz, Auf zwei Planeten. 50
Die Flucht in die Berge.
„Lieber Freund‟, antwortete Saltner, „ich danke Jhnen innig, aber ich muß Jhnen eine Überraſchung bereiten. Jch gehe jetzt mit meiner Mutter ſogleich fort. Jch habe Gründe, weshalb ich nicht warten kann.‟
„Haben Sie denn den Schein und das Atteſt vom Direktor?‟
„Nein, das brauche ich nicht, wir gehen ſo.‟
„Aber ich bitte Sie, beſter Freund, das iſt unmög- lich, das darf ich ja leider nicht zulaſſen —‟
„Sie müſſen es.‟
„Es geht nicht. Sie bringen mich in Teufels Küche. Es geht mir an den Kragen.‟
„Jhnen kann gar nichts paſſieren. Kennen Sie die Verordnung von Oß, wo es heißt: „Jeder Anordnung eines Numen, gleichviel, worauf ſie ſich beziehe, iſt ohne Widerſpruch Folge zu leiſten‟, — von den Men- ſchen nämlich?‟
„Leider ja, ich kenne den Unſinn, muß mich aber danach richten.‟
„Nun denn, führen Sie uns in Jhr Zimmer, ich will Jhnen etwas zeigen.‟
Sie traten in das Sprechzimmer des Arztes.
„Können Sie martiſch leſen?‟ fragte Saltner.
„Jch habe es einigermaßen lernen müſſen.‟
„Dann ſehen Sie ſich das an.‟ Er zeigte ſeinen Paß.
„Erkennen Sie an, daß mir danach alle Rechte eines Numen ausnahmslos zuerkannt ſind?‟
„Jch muß es anerkennen.‟
„Demnach befehle ich Jhnen, meine Mutter und mich ſogleich aus dieſem Hauſe zu entlaſſen.‟
Laßwitz, Auf zwei Planeten. 50
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[353/0361]
Die Flucht in die Berge.
„Lieber Freund‟, antwortete Saltner, „ich danke
Jhnen innig, aber ich muß Jhnen eine Überraſchung
bereiten. Jch gehe jetzt mit meiner Mutter ſogleich fort.
Jch habe Gründe, weshalb ich nicht warten kann.‟
„Haben Sie denn den Schein und das Atteſt vom
Direktor?‟
„Nein, das brauche ich nicht, wir gehen ſo.‟
„Aber ich bitte Sie, beſter Freund, das iſt unmög-
lich, das darf ich ja leider nicht zulaſſen —‟
„Sie müſſen es.‟
„Es geht nicht. Sie bringen mich in Teufels Küche.
Es geht mir an den Kragen.‟
„Jhnen kann gar nichts paſſieren. Kennen Sie die
Verordnung von Oß, wo es heißt: „Jeder Anordnung
eines Numen, gleichviel, worauf ſie ſich beziehe, iſt
ohne Widerſpruch Folge zu leiſten‟, — von den Men-
ſchen nämlich?‟
„Leider ja, ich kenne den Unſinn, muß mich aber
danach richten.‟
„Nun denn, führen Sie uns in Jhr Zimmer, ich
will Jhnen etwas zeigen.‟
Sie traten in das Sprechzimmer des Arztes.
„Können Sie martiſch leſen?‟ fragte Saltner.
„Jch habe es einigermaßen lernen müſſen.‟
„Dann ſehen Sie ſich das an.‟ Er zeigte ſeinen Paß.
„Erkennen Sie an, daß mir danach alle Rechte
eines Numen ausnahmslos zuerkannt ſind?‟
„Jch muß es anerkennen.‟
„Demnach befehle ich Jhnen, meine Mutter und
mich ſogleich aus dieſem Hauſe zu entlaſſen.‟
Laßwitz, Auf zwei Planeten. 50
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Laßwitz, Kurd: Auf zwei Planeten. Bd. 2. Weimar, 1897, S. 353. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_planeten02_1897/361>, abgerufen am 22.11.2024.
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