Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laßwitz, Kurd: Auf zwei Planeten. Bd. 2. Weimar, 1897.

Bild:
<< vorherige Seite

Vierunddreißigstes Kapitel.
wollte, das sich auf einem andern Planeten vollzogen
hatte, und da man außerdem beabsichtigte, den Schau-
platz, der Bewegung des Schiffes folgend, zu wechseln.
Es war das erste Mal, daß man das Retrospektiv auf
einen so komplizierten Fall anwendete, und man durfte
nicht erwarten, daß alle Teile des Versuchs gleichmäßig
oder überhaupt glücken würden. Das Experiment selbst
sollte daher nicht öffentlich sein. Es konnte nachträg-
lich wiederholt werden, in jedem Falle gaben die be-
wegten Momentphotographien ein unwiderlegbares
Protokoll über die Beobachtungen, das jedermann zu-
gänglich gemacht werden konnte.



Jsma verzeichnete in ihrem Tagebuche bereits den
18. Oktober. Sie mußte erst einige Zeit in ihrem
Gedächtnisse nachrechnen, ehe sie sich des Datums ver-
gewisserte, denn in den letzten Tagen hatte sie keiner-
lei Aufzeichnungen gemacht. Sie fühlte sich sehr
niedergeschlagen. Zu ihren Besorgnissen kam eine
körperliche Verstimmung infolge der Veränderung ihrer
Lebensverhältnisse. Einige Tage hatte ihre Schwäche
sie so überwältigt, daß sie ihr Zimmer nicht verlassen
konnte. Jhre Gastfreunde waren in liebevollster Weise
um sie besorgt und hatten sogar Hil den weiten Weg
von seinem Wohnorte nach Kla machen lassen, um
diesen besten Kenner der menschlichen Konstitution auf
dem Mars zu Rate zu ziehen. Er hatte angeordnet,
daß für Jsma ein besonderer Apparat gebaut werde,
um die normalen Verhältnisse der Erde in Schwere

Vierunddreißigſtes Kapitel.
wollte, das ſich auf einem andern Planeten vollzogen
hatte, und da man außerdem beabſichtigte, den Schau-
platz, der Bewegung des Schiffes folgend, zu wechſeln.
Es war das erſte Mal, daß man das Retroſpektiv auf
einen ſo komplizierten Fall anwendete, und man durfte
nicht erwarten, daß alle Teile des Verſuchs gleichmäßig
oder überhaupt glücken würden. Das Experiment ſelbſt
ſollte daher nicht öffentlich ſein. Es konnte nachträg-
lich wiederholt werden, in jedem Falle gaben die be-
wegten Momentphotographien ein unwiderlegbares
Protokoll über die Beobachtungen, das jedermann zu-
gänglich gemacht werden konnte.



Jsma verzeichnete in ihrem Tagebuche bereits den
18. Oktober. Sie mußte erſt einige Zeit in ihrem
Gedächtniſſe nachrechnen, ehe ſie ſich des Datums ver-
gewiſſerte, denn in den letzten Tagen hatte ſie keiner-
lei Aufzeichnungen gemacht. Sie fühlte ſich ſehr
niedergeſchlagen. Zu ihren Beſorgniſſen kam eine
körperliche Verſtimmung infolge der Veränderung ihrer
Lebensverhältniſſe. Einige Tage hatte ihre Schwäche
ſie ſo überwältigt, daß ſie ihr Zimmer nicht verlaſſen
konnte. Jhre Gaſtfreunde waren in liebevollſter Weiſe
um ſie beſorgt und hatten ſogar Hil den weiten Weg
von ſeinem Wohnorte nach Kla machen laſſen, um
dieſen beſten Kenner der menſchlichen Konſtitution auf
dem Mars zu Rate zu ziehen. Er hatte angeordnet,
daß für Jsma ein beſonderer Apparat gebaut werde,
um die normalen Verhältniſſe der Erde in Schwere

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0128" n="120"/><fw place="top" type="header">Vierunddreißig&#x017F;tes Kapitel.</fw><lb/>
wollte, das &#x017F;ich auf einem andern Planeten vollzogen<lb/>
hatte, und da man außerdem beab&#x017F;ichtigte, den Schau-<lb/>
platz, der Bewegung des Schiffes folgend, zu wech&#x017F;eln.<lb/>
Es war das er&#x017F;te Mal, daß man das Retro&#x017F;pektiv auf<lb/>
einen &#x017F;o komplizierten Fall anwendete, und man durfte<lb/>
nicht erwarten, daß alle Teile des Ver&#x017F;uchs gleichmäßig<lb/>
oder überhaupt glücken würden. Das Experiment &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
&#x017F;ollte daher nicht öffentlich &#x017F;ein. Es konnte nachträg-<lb/>
lich wiederholt werden, in jedem Falle gaben die be-<lb/>
wegten Momentphotographien ein unwiderlegbares<lb/>
Protokoll über die Beobachtungen, das jedermann zu-<lb/>
gänglich gemacht werden konnte.</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <p>Jsma verzeichnete in ihrem Tagebuche bereits den<lb/>
18. Oktober. Sie mußte er&#x017F;t einige Zeit in ihrem<lb/>
Gedächtni&#x017F;&#x017F;e nachrechnen, ehe &#x017F;ie &#x017F;ich des Datums ver-<lb/>
gewi&#x017F;&#x017F;erte, denn in den letzten Tagen hatte &#x017F;ie keiner-<lb/>
lei Aufzeichnungen gemacht. Sie fühlte &#x017F;ich &#x017F;ehr<lb/>
niederge&#x017F;chlagen. Zu ihren Be&#x017F;orgni&#x017F;&#x017F;en kam eine<lb/>
körperliche Ver&#x017F;timmung infolge der Veränderung ihrer<lb/>
Lebensverhältni&#x017F;&#x017F;e. Einige Tage hatte ihre Schwäche<lb/>
&#x017F;ie &#x017F;o überwältigt, daß &#x017F;ie ihr Zimmer nicht verla&#x017F;&#x017F;en<lb/>
konnte. Jhre Ga&#x017F;tfreunde waren in liebevoll&#x017F;ter Wei&#x017F;e<lb/>
um &#x017F;ie be&#x017F;orgt und hatten &#x017F;ogar Hil den weiten Weg<lb/>
von &#x017F;einem Wohnorte nach Kla machen la&#x017F;&#x017F;en, um<lb/>
die&#x017F;en be&#x017F;ten Kenner der men&#x017F;chlichen Kon&#x017F;titution auf<lb/>
dem Mars zu Rate zu ziehen. Er hatte angeordnet,<lb/>
daß für Jsma ein be&#x017F;onderer Apparat gebaut werde,<lb/>
um die normalen Verhältni&#x017F;&#x017F;e der Erde in Schwere<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[120/0128] Vierunddreißigſtes Kapitel. wollte, das ſich auf einem andern Planeten vollzogen hatte, und da man außerdem beabſichtigte, den Schau- platz, der Bewegung des Schiffes folgend, zu wechſeln. Es war das erſte Mal, daß man das Retroſpektiv auf einen ſo komplizierten Fall anwendete, und man durfte nicht erwarten, daß alle Teile des Verſuchs gleichmäßig oder überhaupt glücken würden. Das Experiment ſelbſt ſollte daher nicht öffentlich ſein. Es konnte nachträg- lich wiederholt werden, in jedem Falle gaben die be- wegten Momentphotographien ein unwiderlegbares Protokoll über die Beobachtungen, das jedermann zu- gänglich gemacht werden konnte. Jsma verzeichnete in ihrem Tagebuche bereits den 18. Oktober. Sie mußte erſt einige Zeit in ihrem Gedächtniſſe nachrechnen, ehe ſie ſich des Datums ver- gewiſſerte, denn in den letzten Tagen hatte ſie keiner- lei Aufzeichnungen gemacht. Sie fühlte ſich ſehr niedergeſchlagen. Zu ihren Beſorgniſſen kam eine körperliche Verſtimmung infolge der Veränderung ihrer Lebensverhältniſſe. Einige Tage hatte ihre Schwäche ſie ſo überwältigt, daß ſie ihr Zimmer nicht verlaſſen konnte. Jhre Gaſtfreunde waren in liebevollſter Weiſe um ſie beſorgt und hatten ſogar Hil den weiten Weg von ſeinem Wohnorte nach Kla machen laſſen, um dieſen beſten Kenner der menſchlichen Konſtitution auf dem Mars zu Rate zu ziehen. Er hatte angeordnet, daß für Jsma ein beſonderer Apparat gebaut werde, um die normalen Verhältniſſe der Erde in Schwere

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_planeten02_1897
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_planeten02_1897/128
Zitationshilfe: Laßwitz, Kurd: Auf zwei Planeten. Bd. 2. Weimar, 1897, S. 120. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_planeten02_1897/128>, abgerufen am 24.11.2024.