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Laßwitz, Kurd: Geschichte der Atomistik. Bd. 1. Hamburg, 1890.

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Bacon: Verborgener Prozeß u. Schematismus. Atomistik.
decken ist die Aufgabe der Metaphysik, welche daher im Ge-
gensatz zur Physik es mit dem Beständigen in den Dingen
zu thun hat. Die Physik dagegen studiert das Veränderliche
der Erscheinung, welches sich als Wirkendes und als Materie
darbietet. Die Erforschung muß jedoch von diesem empirisch
gegebenen Veränderlichen ausgehen und aus ihm durch Ana-
lyse zu den konstitutiven Einheiten vorzudringen suchen; erst
wenn die letzteren erkannt sind, ist auf die Beherrschung der
Natur durch Regulierung ihrer inneren konstituierenden Fak-
toren zu rechnen. Der Weg aber von der Mannigfaltigkeit
und Wandelbarkeit der sinnlich gegebenen Wirkungen und
Stoffe zur Erkenntnis der Formen führt durch die Erforschung
des unsichtbaren Gewebes der Dinge, des verborgenen
Prozesses
(latentis processus) im Werden und des ver-
borgenen Schematismus
im Stoffe. Diese sind nichts
andres als die korpuskulare Gestaltung, von welcher
alle sogenannten verborgenen und spezifischen Eigenschaften
der Dinge und die Norm ihrer Veränderung abhängt. Aber
auch bei dieser Erforschung kommt die wahre und klare Er-
leuchtung, welche alle Dunkelheit und Spitzfindigkeit vertreibt,
von den ursprünglichen Grundsätzen.1

Aus diesen Grundanschauungen ergibt sich Bacons Ab-
grenzung der Physik gegenüber der Metaphysik und die Er-
klärung seiner Stellung zur Atomistik, soweit er hierbei selbst
zu einer klaren Auffassung durchgedrungen ist.

Bacon erkennt die Vorzüge der Atomistik gegenüber der
dialektischen Begriffsspaltung der Scholastik, welche von der
Natur ablenkt und zur Aufstellung willkürlicher und erdichteter
Einheiten, der Idole, führt. "Es ist besser die Natur zu zer-
schneiden, als von ihr Abstracta zu bilden", d. h. die Analyse
soll eine physikalische sein, welche die räumliche Ausdehnung
des Stoffes, seine Gestaltung und Bewegung in Betracht nimmt.
"Dies that die Schule des Demokrit, die deshalb tiefer als die
andern in die Natur eindrang."2 Aber die Auflösung in die
Atome kann ihm nicht genügen. Allerdings betäube die Be-
trachtung der Natur in ihrer Mannigfaltigkeit den Geist so,
daß er sich ihren Wirkungen mit bloßem Erstaunen gegen-

1 N. O. II, 7--9 T. II. p. 142, 143.
2 N. O. I, 51. T. II p. 41.
Laßwitz. 27

Bacon: Verborgener Prozeß u. Schematismus. Atomistik.
decken ist die Aufgabe der Metaphysik, welche daher im Ge-
gensatz zur Physik es mit dem Beständigen in den Dingen
zu thun hat. Die Physik dagegen studiert das Veränderliche
der Erscheinung, welches sich als Wirkendes und als Materie
darbietet. Die Erforschung muß jedoch von diesem empirisch
gegebenen Veränderlichen ausgehen und aus ihm durch Ana-
lyse zu den konstitutiven Einheiten vorzudringen suchen; erst
wenn die letzteren erkannt sind, ist auf die Beherrschung der
Natur durch Regulierung ihrer inneren konstituierenden Fak-
toren zu rechnen. Der Weg aber von der Mannigfaltigkeit
und Wandelbarkeit der sinnlich gegebenen Wirkungen und
Stoffe zur Erkenntnis der Formen führt durch die Erforschung
des unsichtbaren Gewebes der Dinge, des verborgenen
Prozesses
(latentis processus) im Werden und des ver-
borgenen Schematismus
im Stoffe. Diese sind nichts
andres als die korpuskulare Gestaltung, von welcher
alle sogenannten verborgenen und spezifischen Eigenschaften
der Dinge und die Norm ihrer Veränderung abhängt. Aber
auch bei dieser Erforschung kommt die wahre und klare Er-
leuchtung, welche alle Dunkelheit und Spitzfindigkeit vertreibt,
von den ursprünglichen Grundsätzen.1

Aus diesen Grundanschauungen ergibt sich Bacons Ab-
grenzung der Physik gegenüber der Metaphysik und die Er-
klärung seiner Stellung zur Atomistik, soweit er hierbei selbst
zu einer klaren Auffassung durchgedrungen ist.

Bacon erkennt die Vorzüge der Atomistik gegenüber der
dialektischen Begriffsspaltung der Scholastik, welche von der
Natur ablenkt und zur Aufstellung willkürlicher und erdichteter
Einheiten, der Idole, führt. „Es ist besser die Natur zu zer-
schneiden, als von ihr Abstracta zu bilden‟, d. h. die Analyse
soll eine physikalische sein, welche die räumliche Ausdehnung
des Stoffes, seine Gestaltung und Bewegung in Betracht nimmt.
„Dies that die Schule des Demokrit, die deshalb tiefer als die
andern in die Natur eindrang.‟2 Aber die Auflösung in die
Atome kann ihm nicht genügen. Allerdings betäube die Be-
trachtung der Natur in ihrer Mannigfaltigkeit den Geist so,
daß er sich ihren Wirkungen mit bloßem Erstaunen gegen-

1 N. O. II, 7—9 T. II. p. 142, 143.
2 N. O. I, 51. T. II p. 41.
Laßwitz. 27
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[417/0435] Bacon: Verborgener Prozeß u. Schematismus. Atomistik. decken ist die Aufgabe der Metaphysik, welche daher im Ge- gensatz zur Physik es mit dem Beständigen in den Dingen zu thun hat. Die Physik dagegen studiert das Veränderliche der Erscheinung, welches sich als Wirkendes und als Materie darbietet. Die Erforschung muß jedoch von diesem empirisch gegebenen Veränderlichen ausgehen und aus ihm durch Ana- lyse zu den konstitutiven Einheiten vorzudringen suchen; erst wenn die letzteren erkannt sind, ist auf die Beherrschung der Natur durch Regulierung ihrer inneren konstituierenden Fak- toren zu rechnen. Der Weg aber von der Mannigfaltigkeit und Wandelbarkeit der sinnlich gegebenen Wirkungen und Stoffe zur Erkenntnis der Formen führt durch die Erforschung des unsichtbaren Gewebes der Dinge, des verborgenen Prozesses (latentis processus) im Werden und des ver- borgenen Schematismus im Stoffe. Diese sind nichts andres als die korpuskulare Gestaltung, von welcher alle sogenannten verborgenen und spezifischen Eigenschaften der Dinge und die Norm ihrer Veränderung abhängt. Aber auch bei dieser Erforschung kommt die wahre und klare Er- leuchtung, welche alle Dunkelheit und Spitzfindigkeit vertreibt, von den ursprünglichen Grundsätzen. 1 Aus diesen Grundanschauungen ergibt sich Bacons Ab- grenzung der Physik gegenüber der Metaphysik und die Er- klärung seiner Stellung zur Atomistik, soweit er hierbei selbst zu einer klaren Auffassung durchgedrungen ist. Bacon erkennt die Vorzüge der Atomistik gegenüber der dialektischen Begriffsspaltung der Scholastik, welche von der Natur ablenkt und zur Aufstellung willkürlicher und erdichteter Einheiten, der Idole, führt. „Es ist besser die Natur zu zer- schneiden, als von ihr Abstracta zu bilden‟, d. h. die Analyse soll eine physikalische sein, welche die räumliche Ausdehnung des Stoffes, seine Gestaltung und Bewegung in Betracht nimmt. „Dies that die Schule des Demokrit, die deshalb tiefer als die andern in die Natur eindrang.‟ 2 Aber die Auflösung in die Atome kann ihm nicht genügen. Allerdings betäube die Be- trachtung der Natur in ihrer Mannigfaltigkeit den Geist so, daß er sich ihren Wirkungen mit bloßem Erstaunen gegen- 1 N. O. II, 7—9 T. II. p. 142, 143. 2 N. O. I, 51. T. II p. 41. Laßwitz. 27

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Zitationshilfe: Laßwitz, Kurd: Geschichte der Atomistik. Bd. 1. Hamburg, 1890, S. 417. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_atom01_1890/435>, abgerufen am 22.11.2024.