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Laßwitz, Kurd: Geschichte der Atomistik. Bd. 1. Hamburg, 1890.

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Vermutung in Bezug auf Helmont.. Van Goorle.

Sollte van Helmont seine Lehren über die Unverwandel-
barkeit der Elemente und die molekulare Konstitution bereits
in der ersten Auflage seines Hauptwerkes1 vorgetragen haben,
für welche das Jahr 1615 angegeben wird, so würde er als
derjenige zu nennen sein, welcher diese wichtige Bewegung
in der Elementenlehre eingeleitet hat. Da wir dies nicht fest-
zustellen vermochten und der Ortus medicinae erst 1648 erschien,
müssen wir Helmonts Ansichten am Schluß dieser Entwicke-
lungsperiode besprechen.

Wir beginnen daher mit David Gorlaeus (van Goorle) aus
Utrecht, dessen Hauptwerk erst nach dem Tode des Verfassers
im Jahre 1620 erschien.2 Da er jedoch als ein entschiedener
Vertreter der Atomistik später zu behandeln ist, so erwähnen
wir hier nur kurz seine Ansichten über die Elemente. Feuer
und Luft schließt er aus der Zahl der Elemente aus. Denn
zum Wesen eines Elementes gehört es, daß es als wirklicher

1 Dageraad ofte nieuwe opkomst der Geneeskonst, in verborgen grund-regulen
der Nature.
Leiden 1615. 4°. Nach Rommelaere (p. 49) ist die Existenz dieser
Ausgabe zweifelhaft, in Holland ist sie, wie mir H. Prof. Bierens de Haan
gütigst mitteilte, nicht zu finden. Die Ausgabe Leiden 1660 trägt die Spuren
späterer Abfassung, kann also nichts entscheiden.
2 Davidis Gorlaei Ultrajectini Exercitationes Philosophicae quibus uni-
versa fere discutitur Philosophia Theoretica. Et plurima ac praecipua Peripa-
teticorum dogmata evertuntur. Post mortem auctoris editae cum gemino indice.

Lugd.-Batavorum 1620. 8°. 352 pp. Ejd. Idea Physicae. Ultrajecti 1651. 12°.
77 pp. -- Über das Leben des Gorlaeus ist Näheres nicht bekannt. Der Güte
des H. Prof. Bierens de Haan in Leiden verdanke ich die Mitteilung, daß
David Gorlaeus Ultrajectinus unterm 23. April 1611 als Theologe, 20 Jahr
alt, in das Album studiosorum Academiae Lugd.-Batav. eingetragen, also 1592
geboren ist. In den beiden erwähnten posthumen Büchern findet sich nur
eine Stelle, welche über die Abfassungszeit Auskunft gibt; Idea phys. p. 47
wird gesagt, daß die Milchstraße aus kleinen Sternen bestehe "Id quod se
beneficio perspicilli nuper inventi observasse testatur Mathematicus quidam
Patavinus." Da Galileis Nuncius sidereus 1610 erschien und Gorlaeus 1620,
als die Exercitationes herauskamen, bereits nicht mehr lebte, so muß die
Idea physices, welche zum Teil einen kurzen Abriß der in den Exercitationes
begründeten Lehren darstellt, im zweiten Jahrzehnt des 17. Jahrhunderts ver-
faßt sein. Gorlaeus selbst führt sonst keinen Schriftsteller an, mit Ausnahme
von Scaliger, Exerc. ph. p. 323, Idea phys. p. 18. Eine Monographie über
Gorlaeus und dieses wichtige Jahrzehnt wäre sehr erwünscht. Vgl. Sorel,
a. a. O. S. 479. Morhof, Polyhistor. II p. 245. Bayle, Dict. art. Gorlaeus
(1740, II p. 577). Reiman, Hist. lit. d. Teutsch. III p. 435 f.
Vermutung in Bezug auf Helmont.. Van Goorle.

Sollte van Helmont seine Lehren über die Unverwandel-
barkeit der Elemente und die molekulare Konstitution bereits
in der ersten Auflage seines Hauptwerkes1 vorgetragen haben,
für welche das Jahr 1615 angegeben wird, so würde er als
derjenige zu nennen sein, welcher diese wichtige Bewegung
in der Elementenlehre eingeleitet hat. Da wir dies nicht fest-
zustellen vermochten und der Ortus medicinae erst 1648 erschien,
müssen wir Helmonts Ansichten am Schluß dieser Entwicke-
lungsperiode besprechen.

Wir beginnen daher mit David Gorlaeus (van Goorle) aus
Utrecht, dessen Hauptwerk erst nach dem Tode des Verfassers
im Jahre 1620 erschien.2 Da er jedoch als ein entschiedener
Vertreter der Atomistik später zu behandeln ist, so erwähnen
wir hier nur kurz seine Ansichten über die Elemente. Feuer
und Luft schließt er aus der Zahl der Elemente aus. Denn
zum Wesen eines Elementes gehört es, daß es als wirklicher

1 Dageraad ofte nieuwe opkomst der Geneeskonst, in verborgen grund-regulen
der Nature.
Leiden 1615. 4°. Nach Rommelaere (p. 49) ist die Existenz dieser
Ausgabe zweifelhaft, in Holland ist sie, wie mir H. Prof. Bierens de Haan
gütigst mitteilte, nicht zu finden. Die Ausgabe Leiden 1660 trägt die Spuren
späterer Abfassung, kann also nichts entscheiden.
2 Davidis Gorlaei Ultrajectini Exercitationes Philosophicae quibus uni-
versa fere discutitur Philosophia Theoretica. Et plurima ac praecipua Peripa-
teticorum dogmata evertuntur. Post mortem auctoris editae cum gemino indice.

Lugd.-Batavorum 1620. 8°. 352 pp. Ejd. Idea Physicae. Ultrajecti 1651. 12°.
77 pp. — Über das Leben des Gorlaeus ist Näheres nicht bekannt. Der Güte
des H. Prof. Bierens de Haan in Leiden verdanke ich die Mitteilung, daß
David Gorlaeus Ultrajectinus unterm 23. April 1611 als Theologe, 20 Jahr
alt, in das Album studiosorum Academiae Lugd.-Batav. eingetragen, also 1592
geboren ist. In den beiden erwähnten posthumen Büchern findet sich nur
eine Stelle, welche über die Abfassungszeit Auskunft gibt; Idea phys. p. 47
wird gesagt, daß die Milchstraße aus kleinen Sternen bestehe „Id quod se
beneficio perspicilli nuper inventi observasse testatur Mathematicus quidam
Patavinus.‟ Da Galileis Nuncius sidereus 1610 erschien und Gorlaeus 1620,
als die Exercitationes herauskamen, bereits nicht mehr lebte, so muß die
Idea physices, welche zum Teil einen kurzen Abriß der in den Exercitationes
begründeten Lehren darstellt, im zweiten Jahrzehnt des 17. Jahrhunderts ver-
faßt sein. Gorlaeus selbst führt sonst keinen Schriftsteller an, mit Ausnahme
von Scaliger, Exerc. ph. p. 323, Idea phys. p. 18. Eine Monographie über
Gorlaeus und dieses wichtige Jahrzehnt wäre sehr erwünscht. Vgl. Sorel,
a. a. O. S. 479. Morhof, Polyhistor. II p. 245. Bayle, Dict. art. Gorlaeus
(1740, II p. 577). Reiman, Hist. lit. d. Teutsch. III p. 435 f.
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[333/0351] Vermutung in Bezug auf Helmont.. Van Goorle. Sollte van Helmont seine Lehren über die Unverwandel- barkeit der Elemente und die molekulare Konstitution bereits in der ersten Auflage seines Hauptwerkes 1 vorgetragen haben, für welche das Jahr 1615 angegeben wird, so würde er als derjenige zu nennen sein, welcher diese wichtige Bewegung in der Elementenlehre eingeleitet hat. Da wir dies nicht fest- zustellen vermochten und der Ortus medicinae erst 1648 erschien, müssen wir Helmonts Ansichten am Schluß dieser Entwicke- lungsperiode besprechen. Wir beginnen daher mit David Gorlaeus (van Goorle) aus Utrecht, dessen Hauptwerk erst nach dem Tode des Verfassers im Jahre 1620 erschien. 2 Da er jedoch als ein entschiedener Vertreter der Atomistik später zu behandeln ist, so erwähnen wir hier nur kurz seine Ansichten über die Elemente. Feuer und Luft schließt er aus der Zahl der Elemente aus. Denn zum Wesen eines Elementes gehört es, daß es als wirklicher 1 Dageraad ofte nieuwe opkomst der Geneeskonst, in verborgen grund-regulen der Nature. Leiden 1615. 4°. Nach Rommelaere (p. 49) ist die Existenz dieser Ausgabe zweifelhaft, in Holland ist sie, wie mir H. Prof. Bierens de Haan gütigst mitteilte, nicht zu finden. Die Ausgabe Leiden 1660 trägt die Spuren späterer Abfassung, kann also nichts entscheiden. 2 Davidis Gorlaei Ultrajectini Exercitationes Philosophicae quibus uni- versa fere discutitur Philosophia Theoretica. Et plurima ac praecipua Peripa- teticorum dogmata evertuntur. Post mortem auctoris editae cum gemino indice. Lugd.-Batavorum 1620. 8°. 352 pp. Ejd. Idea Physicae. Ultrajecti 1651. 12°. 77 pp. — Über das Leben des Gorlaeus ist Näheres nicht bekannt. Der Güte des H. Prof. Bierens de Haan in Leiden verdanke ich die Mitteilung, daß David Gorlaeus Ultrajectinus unterm 23. April 1611 als Theologe, 20 Jahr alt, in das Album studiosorum Academiae Lugd.-Batav. eingetragen, also 1592 geboren ist. In den beiden erwähnten posthumen Büchern findet sich nur eine Stelle, welche über die Abfassungszeit Auskunft gibt; Idea phys. p. 47 wird gesagt, daß die Milchstraße aus kleinen Sternen bestehe „Id quod se beneficio perspicilli nuper inventi observasse testatur Mathematicus quidam Patavinus.‟ Da Galileis Nuncius sidereus 1610 erschien und Gorlaeus 1620, als die Exercitationes herauskamen, bereits nicht mehr lebte, so muß die Idea physices, welche zum Teil einen kurzen Abriß der in den Exercitationes begründeten Lehren darstellt, im zweiten Jahrzehnt des 17. Jahrhunderts ver- faßt sein. Gorlaeus selbst führt sonst keinen Schriftsteller an, mit Ausnahme von Scaliger, Exerc. ph. p. 323, Idea phys. p. 18. Eine Monographie über Gorlaeus und dieses wichtige Jahrzehnt wäre sehr erwünscht. Vgl. Sorel, a. a. O. S. 479. Morhof, Polyhistor. II p. 245. Bayle, Dict. art. Gorlaeus (1740, II p. 577). Reiman, Hist. lit. d. Teutsch. III p. 435 f.

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Zitationshilfe: Laßwitz, Kurd: Geschichte der Atomistik. Bd. 1. Hamburg, 1890, S. 333. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_atom01_1890/351>, abgerufen am 21.05.2024.