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Laßwitz, Kurd: Geschichte der Atomistik. Bd. 1. Hamburg, 1890.

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Aristoteles gg. d. Atom.: Atomgestalten.
wird. Verlören jedoch bei der Ausfüllung eines andren Raumes
die Elementarkörper durch Anpassung ihre Gestalt, so würden
sie ja dadurch auch ein andres Element bilden, falls der
Unterschied der Elemente im Unterschied ihrer geometrischen
Form läge. Wie sollten dann aber bei mangelnder Anpassung
Fleisch und Knochen und die stetigen Körper entstehen?

Endlich stehen die bestimmten Figuren der Elementarkörper
nicht im Einklang mit den Eigenschaften, welche durch die-
selben erklärt werden sollen und um derentwillen man sie
ihnen beilegte. Demokrit gab den Feueratomen Kugelform,
Platon Pyramidenform, weil diese Figuren die leichtbeweg-
lichsten wegen der Kleinheit ihrer Flächen (die sie weniger
fest stehen lassen) seien und die meiste Kraft des Erwärmens
und Brennens haben; denn das Brennen geschehe, wie jene
behaupten, durch das Einschneiden der Ecken, die bei den
Pyramiden am schärfsten sind, während die Kugel gewisser-
maßen eine einzige Ecke sei.

Diese Erklärung ist aber deshalb nicht stichhaltig, weil
alsdann den Elementen an jedem Orte dieselben Bewegungen
zukämen, während alle Körper nur an fremdem Orte hinweg-
streben, dagegen an dem ihnen eigentümlichen Orte nicht
gravitieren; die Erde z. B. bleibt an ihrem natürlichen Orte in
Ruhe, bewegt sich aber fort, wenn sie nicht an demselben ist,
ebenso die übrigen Elemente.

Wenn dies von den geometrischen Formen der Elementar-
körper herrühren sollte, so müßten sich diese ja bei dem Orts-
wechsel selbst ändern, am fremden Orte müßten die Elemente,
weil leicht beweglich, Kugel- oder Pyramidenform haben, an
ihrem eigentümlichen (#), weil ruhend, Würfelform.
Wenn ferner das Feuer durch seine Ecken brennend wirkte,
so müßten alle Elemente mehr oder weniger brennen, denn
alle Körper haben Ecken (nach Demokrit ist ja auch die Kugel
eine einzige Ecke). Ja sogar die mathematischen Körper
müßten dann brennen. Und wäre das Brennende Pyramide
oder Kugel, so müßte das Gebrannte ebenfalls Pyramide oder
Kugel werden; denn das Gebranntwerden besteht doch in der
Übertragung der Form des Feuers, weil das Gebrannte in
Feuerhitze versetzt wird. Wenn man sich nun auch denken
kann, daß die verbrennenden Körper durch Pyramiden oder

Aristoteles gg. d. Atom.: Atomgestalten.
wird. Verlören jedoch bei der Ausfüllung eines andren Raumes
die Elementarkörper durch Anpassung ihre Gestalt, so würden
sie ja dadurch auch ein andres Element bilden, falls der
Unterschied der Elemente im Unterschied ihrer geometrischen
Form läge. Wie sollten dann aber bei mangelnder Anpassung
Fleisch und Knochen und die stetigen Körper entstehen?

Endlich stehen die bestimmten Figuren der Elementarkörper
nicht im Einklang mit den Eigenschaften, welche durch die-
selben erklärt werden sollen und um derentwillen man sie
ihnen beilegte. Demokrit gab den Feueratomen Kugelform,
Platon Pyramidenform, weil diese Figuren die leichtbeweg-
lichsten wegen der Kleinheit ihrer Flächen (die sie weniger
fest stehen lassen) seien und die meiste Kraft des Erwärmens
und Brennens haben; denn das Brennen geschehe, wie jene
behaupten, durch das Einschneiden der Ecken, die bei den
Pyramiden am schärfsten sind, während die Kugel gewisser-
maßen eine einzige Ecke sei.

Diese Erklärung ist aber deshalb nicht stichhaltig, weil
alsdann den Elementen an jedem Orte dieselben Bewegungen
zukämen, während alle Körper nur an fremdem Orte hinweg-
streben, dagegen an dem ihnen eigentümlichen Orte nicht
gravitieren; die Erde z. B. bleibt an ihrem natürlichen Orte in
Ruhe, bewegt sich aber fort, wenn sie nicht an demselben ist,
ebenso die übrigen Elemente.

Wenn dies von den geometrischen Formen der Elementar-
körper herrühren sollte, so müßten sich diese ja bei dem Orts-
wechsel selbst ändern, am fremden Orte müßten die Elemente,
weil leicht beweglich, Kugel- oder Pyramidenform haben, an
ihrem eigentümlichen (#), weil ruhend, Würfelform.
Wenn ferner das Feuer durch seine Ecken brennend wirkte,
so müßten alle Elemente mehr oder weniger brennen, denn
alle Körper haben Ecken (nach Demokrit ist ja auch die Kugel
eine einzige Ecke). Ja sogar die mathematischen Körper
müßten dann brennen. Und wäre das Brennende Pyramide
oder Kugel, so müßte das Gebrannte ebenfalls Pyramide oder
Kugel werden; denn das Gebranntwerden besteht doch in der
Übertragung der Form des Feuers, weil das Gebrannte in
Feuerhitze versetzt wird. Wenn man sich nun auch denken
kann, daß die verbrennenden Körper durch Pyramiden oder

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[117/0135] Aristoteles gg. d. Atom.: Atomgestalten. wird. Verlören jedoch bei der Ausfüllung eines andren Raumes die Elementarkörper durch Anpassung ihre Gestalt, so würden sie ja dadurch auch ein andres Element bilden, falls der Unterschied der Elemente im Unterschied ihrer geometrischen Form läge. Wie sollten dann aber bei mangelnder Anpassung Fleisch und Knochen und die stetigen Körper entstehen? Endlich stehen die bestimmten Figuren der Elementarkörper nicht im Einklang mit den Eigenschaften, welche durch die- selben erklärt werden sollen und um derentwillen man sie ihnen beilegte. Demokrit gab den Feueratomen Kugelform, Platon Pyramidenform, weil diese Figuren die leichtbeweg- lichsten wegen der Kleinheit ihrer Flächen (die sie weniger fest stehen lassen) seien und die meiste Kraft des Erwärmens und Brennens haben; denn das Brennen geschehe, wie jene behaupten, durch das Einschneiden der Ecken, die bei den Pyramiden am schärfsten sind, während die Kugel gewisser- maßen eine einzige Ecke sei. Diese Erklärung ist aber deshalb nicht stichhaltig, weil alsdann den Elementen an jedem Orte dieselben Bewegungen zukämen, während alle Körper nur an fremdem Orte hinweg- streben, dagegen an dem ihnen eigentümlichen Orte nicht gravitieren; die Erde z. B. bleibt an ihrem natürlichen Orte in Ruhe, bewegt sich aber fort, wenn sie nicht an demselben ist, ebenso die übrigen Elemente. Wenn dies von den geometrischen Formen der Elementar- körper herrühren sollte, so müßten sich diese ja bei dem Orts- wechsel selbst ändern, am fremden Orte müßten die Elemente, weil leicht beweglich, Kugel- oder Pyramidenform haben, an ihrem eigentümlichen (#), weil ruhend, Würfelform. Wenn ferner das Feuer durch seine Ecken brennend wirkte, so müßten alle Elemente mehr oder weniger brennen, denn alle Körper haben Ecken (nach Demokrit ist ja auch die Kugel eine einzige Ecke). Ja sogar die mathematischen Körper müßten dann brennen. Und wäre das Brennende Pyramide oder Kugel, so müßte das Gebrannte ebenfalls Pyramide oder Kugel werden; denn das Gebranntwerden besteht doch in der Übertragung der Form des Feuers, weil das Gebrannte in Feuerhitze versetzt wird. Wenn man sich nun auch denken kann, daß die verbrennenden Körper durch Pyramiden oder

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Zitationshilfe: Laßwitz, Kurd: Geschichte der Atomistik. Bd. 1. Hamburg, 1890, S. 117. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_atom01_1890/135>, abgerufen am 28.11.2024.