Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 2. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771.

Bild:
<< vorherige Seite

derwillen schützen, den mir meine Nachläs-
sigkeit zuzog! -- o Sternheim, Stern-
heim! was soll aus mir werden, wenn
ich in dem Augenblicke der Freude, sie
wieder gefunden zu haben, Jhren Un-
muth auf mir liegen sehe? Gönnen Sie
mir, o, gönnen Sie mir nur Einen güti-
gen Blick. -- Mit dem Anblick eines
Engels und der ganzen Würde der sich
fühlenden Tugend, richtete Lady Stern-
heim sich auf, reichte erröthend meinem
Bruder die Hand, und mit gedämpfter
Stimme sagte Sie: stehen Sie auf,
Lord Seymour, ich versichere Sie, daß
ich nicht den geringsten Unmuth über
Sie habe; und, seufzend setzte sie hinzu,
wo wäre mein Recht dazu gewesen? --
Feurig zärtlich küßte er ihre Hand; meine
Augen sanken zur Erde; aber sie näherte
sich mir mit freundschaftlichen Blicken,
nahm meine Hand: -- Theurer Lord!
was für Freundschaft! wie haben Sie
mich finden können? Hat Lady Summers
es Jhnen gesagt? -- was macht sie,
meine liebreiche Mutter? -- Jch küßte
die Hand auch, die sie mir gegeben hatte;

Lady

derwillen ſchuͤtzen, den mir meine Nachlaͤſ-
ſigkeit zuzog! — o Sternheim, Stern-
heim! was ſoll aus mir werden, wenn
ich in dem Augenblicke der Freude, ſie
wieder gefunden zu haben, Jhren Un-
muth auf mir liegen ſehe? Goͤnnen Sie
mir, o, goͤnnen Sie mir nur Einen guͤti-
gen Blick. — Mit dem Anblick eines
Engels und der ganzen Wuͤrde der ſich
fuͤhlenden Tugend, richtete Lady Stern-
heim ſich auf, reichte erroͤthend meinem
Bruder die Hand, und mit gedaͤmpfter
Stimme ſagte Sie: ſtehen Sie auf,
Lord Seymour, ich verſichere Sie, daß
ich nicht den geringſten Unmuth uͤber
Sie habe; und, ſeufzend ſetzte ſie hinzu,
wo waͤre mein Recht dazu geweſen? —
Feurig zaͤrtlich kuͤßte er ihre Hand; meine
Augen ſanken zur Erde; aber ſie naͤherte
ſich mir mit freundſchaftlichen Blicken,
nahm meine Hand: — Theurer Lord!
was fuͤr Freundſchaft! wie haben Sie
mich finden koͤnnen? Hat Lady Summers
es Jhnen geſagt? — was macht ſie,
meine liebreiche Mutter? — Jch kuͤßte
die Hand auch, die ſie mir gegeben hatte;

Lady
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0282" n="276"/>
derwillen &#x017F;chu&#x0364;tzen, den mir meine Nachla&#x0364;&#x017F;-<lb/>
&#x017F;igkeit zuzog! &#x2014; o Sternheim, Stern-<lb/>
heim! was &#x017F;oll aus mir werden, wenn<lb/>
ich in dem Augenblicke der Freude, &#x017F;ie<lb/>
wieder gefunden zu haben, Jhren Un-<lb/>
muth auf mir liegen &#x017F;ehe? Go&#x0364;nnen Sie<lb/>
mir, o, go&#x0364;nnen Sie mir nur Einen gu&#x0364;ti-<lb/>
gen Blick. &#x2014; Mit dem Anblick eines<lb/>
Engels und der ganzen Wu&#x0364;rde der &#x017F;ich<lb/>
fu&#x0364;hlenden Tugend, richtete Lady Stern-<lb/>
heim &#x017F;ich auf, reichte erro&#x0364;thend meinem<lb/>
Bruder die Hand, und mit geda&#x0364;mpfter<lb/>
Stimme &#x017F;agte Sie: &#x017F;tehen Sie auf,<lb/>
Lord Seymour, ich ver&#x017F;ichere Sie, daß<lb/>
ich nicht den gering&#x017F;ten Unmuth u&#x0364;ber<lb/>
Sie habe; und, &#x017F;eufzend &#x017F;etzte &#x017F;ie hinzu,<lb/>
wo wa&#x0364;re mein Recht dazu gewe&#x017F;en? &#x2014;<lb/>
Feurig za&#x0364;rtlich ku&#x0364;ßte er ihre Hand; meine<lb/>
Augen &#x017F;anken zur Erde; aber &#x017F;ie na&#x0364;herte<lb/>
&#x017F;ich mir mit freund&#x017F;chaftlichen Blicken,<lb/>
nahm meine Hand: &#x2014; Theurer Lord!<lb/>
was fu&#x0364;r Freund&#x017F;chaft! wie haben Sie<lb/>
mich finden ko&#x0364;nnen? Hat Lady Summers<lb/>
es Jhnen ge&#x017F;agt? &#x2014; was macht &#x017F;ie,<lb/>
meine liebreiche Mutter? &#x2014; Jch ku&#x0364;ßte<lb/>
die Hand auch, die &#x017F;ie mir gegeben hatte;<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Lady</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[276/0282] derwillen ſchuͤtzen, den mir meine Nachlaͤſ- ſigkeit zuzog! — o Sternheim, Stern- heim! was ſoll aus mir werden, wenn ich in dem Augenblicke der Freude, ſie wieder gefunden zu haben, Jhren Un- muth auf mir liegen ſehe? Goͤnnen Sie mir, o, goͤnnen Sie mir nur Einen guͤti- gen Blick. — Mit dem Anblick eines Engels und der ganzen Wuͤrde der ſich fuͤhlenden Tugend, richtete Lady Stern- heim ſich auf, reichte erroͤthend meinem Bruder die Hand, und mit gedaͤmpfter Stimme ſagte Sie: ſtehen Sie auf, Lord Seymour, ich verſichere Sie, daß ich nicht den geringſten Unmuth uͤber Sie habe; und, ſeufzend ſetzte ſie hinzu, wo waͤre mein Recht dazu geweſen? — Feurig zaͤrtlich kuͤßte er ihre Hand; meine Augen ſanken zur Erde; aber ſie naͤherte ſich mir mit freundſchaftlichen Blicken, nahm meine Hand: — Theurer Lord! was fuͤr Freundſchaft! wie haben Sie mich finden koͤnnen? Hat Lady Summers es Jhnen geſagt? — was macht ſie, meine liebreiche Mutter? — Jch kuͤßte die Hand auch, die ſie mir gegeben hatte; Lady

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte02_1771
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte02_1771/282
Zitationshilfe: [La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 2. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771, S. 276. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte02_1771/282>, abgerufen am 08.05.2024.