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[La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 2. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771.

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Glück, einzige Güter, die wir auf Erden
sammlen und mit uns nehmen können,
ich will aus Ungeduld euch nicht von mir
stoßen; ich will die Gutherzigkeit meiner
armen Wirthe durch meine Freundlichkeit
belohnen. -- Eifrig lernte ich an ihrer
Sprache fort, und erfuhr beym Nachfor-
schen über ihre manchmalige Härte gegen
das junge Mädchen, daß es nicht ihr Kind,
sondern des Lords Derby wäre, daß die
Mutter des Kindes, bey ihnen gestorben
sey, und der Lord nichts mehr zu dessen Un-
terhalt hergäbe. Jch mußte bey dieser
Nachricht in meinen Winkel; ich empfand
mit Schmerzen mein ganzes Unglück wie-
der. Die arme Mutter! sie war schön
wie ihr Kind, und jung, und gut; --
bey ihrem Grabe wird das meinige seyn.
O Emilia, Emilia, wie kann, o wie
kann ich diese Prüfung aushalten! Das
gute Mädchen kam und nahm meine Hand,
die über mein armes Bette hieng, wäh-
rend mein Gesicht gegen die Wand ge-
kehrt war. Jch hörte sie kommen; ihr
Anrühren, ihre Stimme machte mich

schanern,

Gluͤck, einzige Guͤter, die wir auf Erden
ſammlen und mit uns nehmen koͤnnen,
ich will aus Ungeduld euch nicht von mir
ſtoßen; ich will die Gutherzigkeit meiner
armen Wirthe durch meine Freundlichkeit
belohnen. — Eifrig lernte ich an ihrer
Sprache fort, und erfuhr beym Nachfor-
ſchen uͤber ihre manchmalige Haͤrte gegen
das junge Maͤdchen, daß es nicht ihr Kind,
ſondern des Lords Derby waͤre, daß die
Mutter des Kindes, bey ihnen geſtorben
ſey, und der Lord nichts mehr zu deſſen Un-
terhalt hergaͤbe. Jch mußte bey dieſer
Nachricht in meinen Winkel; ich empfand
mit Schmerzen mein ganzes Ungluͤck wie-
der. Die arme Mutter! ſie war ſchoͤn
wie ihr Kind, und jung, und gut; —
bey ihrem Grabe wird das meinige ſeyn.
O Emilia, Emilia, wie kann, o wie
kann ich dieſe Pruͤfung aushalten! Das
gute Maͤdchen kam und nahm meine Hand,
die uͤber mein armes Bette hieng, waͤh-
rend mein Geſicht gegen die Wand ge-
kehrt war. Jch hoͤrte ſie kommen; ihr
Anruͤhren, ihre Stimme machte mich

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[223/0229] Gluͤck, einzige Guͤter, die wir auf Erden ſammlen und mit uns nehmen koͤnnen, ich will aus Ungeduld euch nicht von mir ſtoßen; ich will die Gutherzigkeit meiner armen Wirthe durch meine Freundlichkeit belohnen. — Eifrig lernte ich an ihrer Sprache fort, und erfuhr beym Nachfor- ſchen uͤber ihre manchmalige Haͤrte gegen das junge Maͤdchen, daß es nicht ihr Kind, ſondern des Lords Derby waͤre, daß die Mutter des Kindes, bey ihnen geſtorben ſey, und der Lord nichts mehr zu deſſen Un- terhalt hergaͤbe. Jch mußte bey dieſer Nachricht in meinen Winkel; ich empfand mit Schmerzen mein ganzes Ungluͤck wie- der. Die arme Mutter! ſie war ſchoͤn wie ihr Kind, und jung, und gut; — bey ihrem Grabe wird das meinige ſeyn. O Emilia, Emilia, wie kann, o wie kann ich dieſe Pruͤfung aushalten! Das gute Maͤdchen kam und nahm meine Hand, die uͤber mein armes Bette hieng, waͤh- rend mein Geſicht gegen die Wand ge- kehrt war. Jch hoͤrte ſie kommen; ihr Anruͤhren, ihre Stimme machte mich ſchanern,

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Zitationshilfe: [La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 2. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771, S. 223. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte02_1771/229>, abgerufen am 21.11.2024.