führte, wenn sie es um meinetwillen un- ternähme: Wäre ich ihr da nicht das Opfer des Vorzugs schuldig, den ich ei- nem andern ohne sein Verlangen gab? Aber itzt wünschte ich aller Wahl überho- ben zu seyn, und daß meine Tante R. bald käme. Vergeblicher Wunsch! Sie ist in Florenz und wird da ihre Wochen halten. Sie sehen also, daß alle Um- stände wider mich sind. Der ländliche Frieden, die Ruhe, die edle Einfalt, wel- che mein einsames S *** bewohnen, wä- ren meinem armen Kopfe und Herzen so erquickend, als Hofleuten der Anblick ei- ner freyen Gegend ist, wenn sie lange in Kunstgärten herumgeirret, und ihr Auge durch Betrachtungen der gesuchten und ge- zwungenen Schönheiten ermüdet haben. Wie gerne stellten sie ihre durch zerstoßnen Marmor ermattete Füße auf ein mit Mooß bewachsnes Stück Erde, und sehen sich in dem unbegränzten schönen Gemi- sche von Feld, Waldungen, Bächen und Wiesen um, wo die Natur ihre besten Ga- ben in reizender Unordnung verbreitet!
Bey
fuͤhrte, wenn ſie es um meinetwillen un- ternaͤhme: Waͤre ich ihr da nicht das Opfer des Vorzugs ſchuldig, den ich ei- nem andern ohne ſein Verlangen gab? Aber itzt wuͤnſchte ich aller Wahl uͤberho- ben zu ſeyn, und daß meine Tante R. bald kaͤme. Vergeblicher Wunſch! Sie iſt in Florenz und wird da ihre Wochen halten. Sie ſehen alſo, daß alle Um- ſtaͤnde wider mich ſind. Der laͤndliche Frieden, die Ruhe, die edle Einfalt, wel- che mein einſames S *** bewohnen, waͤ- ren meinem armen Kopfe und Herzen ſo erquickend, als Hofleuten der Anblick ei- ner freyen Gegend iſt, wenn ſie lange in Kunſtgaͤrten herumgeirret, und ihr Auge durch Betrachtungen der geſuchten und ge- zwungenen Schoͤnheiten ermuͤdet haben. Wie gerne ſtellten ſie ihre durch zerſtoßnen Marmor ermattete Fuͤße auf ein mit Mooß bewachſnes Stuͤck Erde, und ſehen ſich in dem unbegraͤnzten ſchoͤnen Gemi- ſche von Feld, Waldungen, Baͤchen und Wieſen um, wo die Natur ihre beſten Ga- ben in reizender Unordnung verbreitet!
Bey
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fuͤhrte, wenn ſie es um meinetwillen un-
ternaͤhme: Waͤre ich ihr da nicht das
Opfer des Vorzugs ſchuldig, den ich ei-
nem andern ohne ſein Verlangen gab?
Aber itzt wuͤnſchte ich aller Wahl uͤberho-
ben zu ſeyn, und daß meine Tante R.
bald kaͤme. Vergeblicher Wunſch! Sie
iſt in Florenz und wird da ihre Wochen
halten. Sie ſehen alſo, daß alle Um-
ſtaͤnde wider mich ſind. Der laͤndliche
Frieden, die Ruhe, die edle Einfalt, wel-
che mein einſames S *** bewohnen, waͤ-
ren meinem armen Kopfe und Herzen ſo
erquickend, als Hofleuten der Anblick ei-
ner freyen Gegend iſt, wenn ſie lange in
Kunſtgaͤrten herumgeirret, und ihr Auge
durch Betrachtungen der geſuchten und ge-
zwungenen Schoͤnheiten ermuͤdet haben.
Wie gerne ſtellten ſie ihre durch zerſtoßnen
Marmor ermattete Fuͤße auf ein mit
Mooß bewachſnes Stuͤck Erde, und ſehen
ſich in dem unbegraͤnzten ſchoͤnen Gemi-
ſche von Feld, Waldungen, Baͤchen und
Wieſen um, wo die Natur ihre beſten Ga-
ben in reizender Unordnung verbreitet!
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[La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 1. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771, S. 326. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte01_1771/352>, abgerufen am 22.11.2024.
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