Ein ungewöhnlicher Kummer beklemm- te mein Herz; das beste Glück, das ich mir in dieser Minute wünschte, war einsam zu seyn. Aber die Frau T* kam herein, ich übergab ihr das Geschenk sammt dem ge- wonnenen Gelde. Jhre Freude erleich- terte mich ein wenig, aber ich eilte mit dem festen Vorsatz fort, dieses Haus nicht mehr zu betreten, so lange Milord Derby in D* seyn würde. Mein Oncle und mei- ne Tante spielten noch, als ich nach Hause kam und ich legte mich ins Bette. Trau- rige Nächte hatte ich schon durch meinen an Eltern und Freunden erlittenen Verlust gehabt; aber die mit Unruhe und Schmer- zen der Seele erfüllte schlaflose Stunden habe ich niemals gekannt, welche auf die Betrachtung folgten, daß mein Schicksal und meine Umstände meinen Wünschen und meinem Charakter völlig entgegen sind. Meine äußerste Bemühung war immer, unsträflich in meiner Aufführung zu seyn, und doch wurde ich durch Milord Derby der Nachrede einer Zusammenkunft ausge- setzt. Milord G., dessen Achtung ich zu
verdienen
Ein ungewoͤhnlicher Kummer beklemm- te mein Herz; das beſte Gluͤck, das ich mir in dieſer Minute wuͤnſchte, war einſam zu ſeyn. Aber die Frau T* kam herein, ich uͤbergab ihr das Geſchenk ſammt dem ge- wonnenen Gelde. Jhre Freude erleich- terte mich ein wenig, aber ich eilte mit dem feſten Vorſatz fort, dieſes Haus nicht mehr zu betreten, ſo lange Milord Derby in D* ſeyn wuͤrde. Mein Oncle und mei- ne Tante ſpielten noch, als ich nach Hauſe kam und ich legte mich ins Bette. Trau- rige Naͤchte hatte ich ſchon durch meinen an Eltern und Freunden erlittenen Verluſt gehabt; aber die mit Unruhe und Schmer- zen der Seele erfuͤllte ſchlafloſe Stunden habe ich niemals gekannt, welche auf die Betrachtung folgten, daß mein Schickſal und meine Umſtaͤnde meinen Wuͤnſchen und meinem Charakter voͤllig entgegen ſind. Meine aͤußerſte Bemuͤhung war immer, unſtraͤflich in meiner Auffuͤhrung zu ſeyn, und doch wurde ich durch Milord Derby der Nachrede einer Zuſammenkunft ausge- ſetzt. Milord G., deſſen Achtung ich zu
verdienen
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Ein ungewoͤhnlicher Kummer beklemm-
te mein Herz; das beſte Gluͤck, das ich mir
in dieſer Minute wuͤnſchte, war einſam zu
ſeyn. Aber die Frau T* kam herein, ich
uͤbergab ihr das Geſchenk ſammt dem ge-
wonnenen Gelde. Jhre Freude erleich-
terte mich ein wenig, aber ich eilte mit
dem feſten Vorſatz fort, dieſes Haus nicht
mehr zu betreten, ſo lange Milord Derby
in D* ſeyn wuͤrde. Mein Oncle und mei-
ne Tante ſpielten noch, als ich nach Hauſe
kam und ich legte mich ins Bette. Trau-
rige Naͤchte hatte ich ſchon durch meinen
an Eltern und Freunden erlittenen Verluſt
gehabt; aber die mit Unruhe und Schmer-
zen der Seele erfuͤllte ſchlafloſe Stunden
habe ich niemals gekannt, welche auf die
Betrachtung folgten, daß mein Schickſal
und meine Umſtaͤnde meinen Wuͤnſchen
und meinem Charakter voͤllig entgegen ſind.
Meine aͤußerſte Bemuͤhung war immer,
unſtraͤflich in meiner Auffuͤhrung zu ſeyn,
und doch wurde ich durch Milord Derby
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ſetzt. Milord G., deſſen Achtung ich zu
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[La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 1. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771, S. 324. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte01_1771/350>, abgerufen am 22.11.2024.
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