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[La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 1. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771.

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"ihre Eitelkeit nachzugehen vorgenommen
"hatte, meynt durch nichts gestört worden
"zu seyn; der Dank für die Tanzübungen
"in ihrer Erziehung zeigt es an; oft ist es
"bloß ein großer Grad der Zufriedenheit
"mit sich selbst, was uns vom Neide frey
"macht, anstatt, daß es die wahre Tu-
"gend thun sollte."

Seyn Sie ruhig, meine liebe strenge
Freundin, ich empfinde, daß Sie recht
haben; ich war eitel und sehr mit mir zu-
frieden; aber ich wurde dafür gestraft.
Jch hielt mich für ganz liebenswürdig,
aber ich war es nicht in den Augen desje-
nigen, bey dem ich es vorzüglich zu seyn
wünschte. Jch befliß mich so sehr gut
englisch zu tanzen, daß Miiord G. und
Derby zu dem Fürsten sagten, eine ge-
bohrne Engländerin könnte den Schritt,
die Wendungen und den Takt nicht bes-
ser treffen. Man bat mich, mit einem
Engländer eine Reihe durchzutanzen.
Milord Seymour wurde dazu aufgefordert,
und, Emilia! er schlug es aus; mit ei-
ner so unfreundlichen, beynahe verächt-

lichen

„ihre Eitelkeit nachzugehen vorgenommen
„hatte, meynt durch nichts geſtoͤrt worden
„zu ſeyn; der Dank fuͤr die Tanzuͤbungen
„in ihrer Erziehung zeigt es an; oft iſt es
„bloß ein großer Grad der Zufriedenheit
„mit ſich ſelbſt, was uns vom Neide frey
„macht, anſtatt, daß es die wahre Tu-
„gend thun ſollte.“

Seyn Sie ruhig, meine liebe ſtrenge
Freundin, ich empfinde, daß Sie recht
haben; ich war eitel und ſehr mit mir zu-
frieden; aber ich wurde dafuͤr geſtraft.
Jch hielt mich fuͤr ganz liebenswuͤrdig,
aber ich war es nicht in den Augen desje-
nigen, bey dem ich es vorzuͤglich zu ſeyn
wuͤnſchte. Jch befliß mich ſo ſehr gut
engliſch zu tanzen, daß Miiord G. und
Derby zu dem Fuͤrſten ſagten, eine ge-
bohrne Englaͤnderin koͤnnte den Schritt,
die Wendungen und den Takt nicht beſ-
ſer treffen. Man bat mich, mit einem
Englaͤnder eine Reihe durchzutanzen.
Milord Seymour wurde dazu aufgefordert,
und, Emilia! er ſchlug es aus; mit ei-
ner ſo unfreundlichen, beynahe veraͤcht-

lichen
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[272/0298] „ihre Eitelkeit nachzugehen vorgenommen „hatte, meynt durch nichts geſtoͤrt worden „zu ſeyn; der Dank fuͤr die Tanzuͤbungen „in ihrer Erziehung zeigt es an; oft iſt es „bloß ein großer Grad der Zufriedenheit „mit ſich ſelbſt, was uns vom Neide frey „macht, anſtatt, daß es die wahre Tu- „gend thun ſollte.“ Seyn Sie ruhig, meine liebe ſtrenge Freundin, ich empfinde, daß Sie recht haben; ich war eitel und ſehr mit mir zu- frieden; aber ich wurde dafuͤr geſtraft. Jch hielt mich fuͤr ganz liebenswuͤrdig, aber ich war es nicht in den Augen desje- nigen, bey dem ich es vorzuͤglich zu ſeyn wuͤnſchte. Jch befliß mich ſo ſehr gut engliſch zu tanzen, daß Miiord G. und Derby zu dem Fuͤrſten ſagten, eine ge- bohrne Englaͤnderin koͤnnte den Schritt, die Wendungen und den Takt nicht beſ- ſer treffen. Man bat mich, mit einem Englaͤnder eine Reihe durchzutanzen. Milord Seymour wurde dazu aufgefordert, und, Emilia! er ſchlug es aus; mit ei- ner ſo unfreundlichen, beynahe veraͤcht- lichen

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Zitationshilfe: [La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 1. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771, S. 272. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte01_1771/298>, abgerufen am 22.11.2024.