lichen Miene, daß es mir eine schmerzli- che Empfindung gab. Mein Stolz such- te diese Wunde zu verbinden; doch beru- higte mich sein düstres Bezeugen gegen alle Welt am allermeisten; er redete mit gar niemand mehr, als mit seinem Oncle und Herrn Derby, welcher mit entzückter Eilfertigkeit der Ausfoderung entgegen gieng. Jch suchte ihn auch dafür durch mein bestes Tanzen zu belohnen, und zu- gleich Seymourn durch meine Munterkeit zu zeigen, daß mich sein Wider wille nicht ge- rührt habe. Sie kennen mich. Sie urthei- len gewiß, daß dieser Augenblick nicht an- genehm für mich war; aber meine vorei- lige Neigung verdiente eine Strafe! War- um ließ ich mich durch die Lobreden der Liebhaberinn des Milord Seymour so sehr zu seinem Besten einnehmen, daß ich die Gerechtigkeit für andre darüber vergaß, und auf dem Wege war, die Achtung für mich selbst zu vergessen? Aber ich habe ihm Dank, daß er mich zum Nachdenken und Ueberlegen zurückführte; ich bin nun ruhiger in mir selbst, billiger für andre,
und
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lichen Miene, daß es mir eine ſchmerzli- che Empfindung gab. Mein Stolz ſuch- te dieſe Wunde zu verbinden; doch beru- higte mich ſein duͤſtres Bezeugen gegen alle Welt am allermeiſten; er redete mit gar niemand mehr, als mit ſeinem Oncle und Herrn Derby, welcher mit entzuͤckter Eilfertigkeit der Auſfoderung entgegen gieng. Jch ſuchte ihn auch dafuͤr durch mein beſtes Tanzen zu belohnen, und zu- gleich Seymourn durch meine Munterkeit zu zeigen, daß mich ſein Wider wille nicht ge- ruͤhrt habe. Sie kennen mich. Sie urthei- len gewiß, daß dieſer Augenblick nicht an- genehm fuͤr mich war; aber meine vorei- lige Neigung verdiente eine Strafe! War- um ließ ich mich durch die Lobreden der Liebhaberinn des Milord Seymour ſo ſehr zu ſeinem Beſten einnehmen, daß ich die Gerechtigkeit fuͤr andre daruͤber vergaß, und auf dem Wege war, die Achtung fuͤr mich ſelbſt zu vergeſſen? Aber ich habe ihm Dank, daß er mich zum Nachdenken und Ueberlegen zuruͤckfuͤhrte; ich bin nun ruhiger in mir ſelbſt, billiger fuͤr andre,
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lichen Miene, daß es mir eine ſchmerzli-
che Empfindung gab. Mein Stolz ſuch-
te dieſe Wunde zu verbinden; doch beru-
higte mich ſein duͤſtres Bezeugen gegen
alle Welt am allermeiſten; er redete mit
gar niemand mehr, als mit ſeinem Oncle
und Herrn Derby, welcher mit entzuͤckter
Eilfertigkeit der Auſfoderung entgegen
gieng. Jch ſuchte ihn auch dafuͤr durch
mein beſtes Tanzen zu belohnen, und zu-
gleich Seymourn durch meine Munterkeit
zu zeigen, daß mich ſein Wider wille nicht ge-
ruͤhrt habe. Sie kennen mich. Sie urthei-
len gewiß, daß dieſer Augenblick nicht an-
genehm fuͤr mich war; aber meine vorei-
lige Neigung verdiente eine Strafe! War-
um ließ ich mich durch die Lobreden der
Liebhaberinn des Milord Seymour ſo ſehr
zu ſeinem Beſten einnehmen, daß ich die
Gerechtigkeit fuͤr andre daruͤber vergaß,
und auf dem Wege war, die Achtung fuͤr
mich ſelbſt zu vergeſſen? Aber ich habe
ihm Dank, daß er mich zum Nachdenken
und Ueberlegen zuruͤckfuͤhrte; ich bin nun
ruhiger in mir ſelbſt, billiger fuͤr andre,
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[La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 1. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771, S. 273. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte01_1771/299>, abgerufen am 22.11.2024.
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