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Langemann, Ludwig; Hummel, Helene: Frauenstimmrecht und Frauenemanzipation. Berlin, 1916.

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Mann mit 3000 M. Jahreseinkommen heiraten wird.
Wieder stößt man auf den Materialismus in höchster
Ausbildung. Wie haben die Frauenrechtlerinnen Zeter
und Mordio geschrieen über den krassen Egoismus der
Männer, die nicht ohne Geld heiraten wollen - in
kurzer Zeit hat sich der Spieß gedreht. Nur daß diese
Wertung des Eheglücks von seiten der Frau viel ab-
stoßender wirkt, als die Geldheirat des Mannes. "Das
einzige, wahre Glück für eine Frau ist eine glückliche
Ehe", schreibt Maria Theresia an ihre Tochter, so haben
Königinnen und Bettlerinnen ihr Frauentum gleichmäßig
empfunden. Das haben zum Schaden der Frauen die
frauenrechtlerischen Jdeen geändert. Ja, man geht noch
weiter und trägt den Materialismus in die Ehe hinein
mit der Forderung der Berufsarbeit der Ehefrauen.

Das Ziel einer gesunden Frauenbewegung müßte es
sein, möglichst viele verheiratete Fabrikarbeiterinnen zu
entlasten, möglichst viele dem Hause und den Kindern
ganz zurückzugeben. Die Emanzipation will zwar auch
für die Entlastung der verheirateten Arbeiterinnen durch
längere Schonung der Wöchnerinnen, einen kurzen Ar-
beitstag etc. sorgen, andere aber fordern die Berufsarbeit
für jede Frau, und alle bekämpfen das Zölibat der
Beamtin und Lehrerin. Niemand kann zween Herren
dienen, und es heißt einer Frauenkraft mehr aufbürden,
als je ein Mann tragen könnte, wenn eine Frau zwei
Dinge, die beide einen ganzen Menschen fordern, neben-
einander tun soll. Natürlich, sagt die Frauenrechtlerin,
muß eine erwerbende Frau eine Vertretung im Hause
haben! So unterrichte ich dann fremde Kinder und

Mann mit 3000 M. Jahreseinkommen heiraten wird.
Wieder stößt man auf den Materialismus in höchster
Ausbildung. Wie haben die Frauenrechtlerinnen Zeter
und Mordio geschrieen über den krassen Egoismus der
Männer, die nicht ohne Geld heiraten wollen – in
kurzer Zeit hat sich der Spieß gedreht. Nur daß diese
Wertung des Eheglücks von seiten der Frau viel ab-
stoßender wirkt, als die Geldheirat des Mannes. „Das
einzige, wahre Glück für eine Frau ist eine glückliche
Ehe“, schreibt Maria Theresia an ihre Tochter, so haben
Königinnen und Bettlerinnen ihr Frauentum gleichmäßig
empfunden. Das haben zum Schaden der Frauen die
frauenrechtlerischen Jdeen geändert. Ja, man geht noch
weiter und trägt den Materialismus in die Ehe hinein
mit der Forderung der Berufsarbeit der Ehefrauen.

Das Ziel einer gesunden Frauenbewegung müßte es
sein, möglichst viele verheiratete Fabrikarbeiterinnen zu
entlasten, möglichst viele dem Hause und den Kindern
ganz zurückzugeben. Die Emanzipation will zwar auch
für die Entlastung der verheirateten Arbeiterinnen durch
längere Schonung der Wöchnerinnen, einen kurzen Ar-
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für jede Frau, und alle bekämpfen das Zölibat der
Beamtin und Lehrerin. Niemand kann zween Herren
dienen, und es heißt einer Frauenkraft mehr aufbürden,
als je ein Mann tragen könnte, wenn eine Frau zwei
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[143/0145] Mann mit 3000 M. Jahreseinkommen heiraten wird. Wieder stößt man auf den Materialismus in höchster Ausbildung. Wie haben die Frauenrechtlerinnen Zeter und Mordio geschrieen über den krassen Egoismus der Männer, die nicht ohne Geld heiraten wollen – in kurzer Zeit hat sich der Spieß gedreht. Nur daß diese Wertung des Eheglücks von seiten der Frau viel ab- stoßender wirkt, als die Geldheirat des Mannes. „Das einzige, wahre Glück für eine Frau ist eine glückliche Ehe“, schreibt Maria Theresia an ihre Tochter, so haben Königinnen und Bettlerinnen ihr Frauentum gleichmäßig empfunden. Das haben zum Schaden der Frauen die frauenrechtlerischen Jdeen geändert. Ja, man geht noch weiter und trägt den Materialismus in die Ehe hinein mit der Forderung der Berufsarbeit der Ehefrauen. Das Ziel einer gesunden Frauenbewegung müßte es sein, möglichst viele verheiratete Fabrikarbeiterinnen zu entlasten, möglichst viele dem Hause und den Kindern ganz zurückzugeben. Die Emanzipation will zwar auch für die Entlastung der verheirateten Arbeiterinnen durch längere Schonung der Wöchnerinnen, einen kurzen Ar- beitstag ꝛc. sorgen, andere aber fordern die Berufsarbeit für jede Frau, und alle bekämpfen das Zölibat der Beamtin und Lehrerin. Niemand kann zween Herren dienen, und es heißt einer Frauenkraft mehr aufbürden, als je ein Mann tragen könnte, wenn eine Frau zwei Dinge, die beide einen ganzen Menschen fordern, neben- einander tun soll. Natürlich, sagt die Frauenrechtlerin, muß eine erwerbende Frau eine Vertretung im Hause haben! So unterrichte ich dann fremde Kinder und

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Zitationshilfe: Langemann, Ludwig; Hummel, Helene: Frauenstimmrecht und Frauenemanzipation. Berlin, 1916, S. 143. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/langemann_frauenstimmrecht_1916/145>, abgerufen am 23.11.2024.