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Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.

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Cap. 5. v. 18. des ersten Briefes Johannis.
[Spaltenumbruch]
V. 18.

Wir wissen, daß wer von GOtt gebo-
ren ist, der sündiget nicht
(muthwillig, daß
er die Sünde über sich herrschen liesse, und doch
im Stande der Wiedergeburt bliebe) sondern
wer von GOtt geboren ist, bewahret sich

(eauton, sich selbst aus der in der Wiedergeburt
empfangenen Gnaden-Kraft in deroselben ge-
treuen Anwendung) und der Arge (der Sa-
tan, der durch den Abfall von GOtt zum argen
geworden ist, und es dahin gebracht hat, daß
die gantze ihm gleichgesinnete Welt, oder das
darinn befindliche menschliche Geschlecht, von
Natur im argen lieget) ihn nicht antaste (al-
so daß er damit gleichsam zum verschlingen
1 Pet. 5, 8. seinen gesuchten Zweck erreiche, oder
ihn durch den Betrug und durch die Macht der
Sünden zum Rückfall aus dem Stande der
Gnaden bringe.)

Anmerckungen.

1. Es hatte der Apostel vorher den Unterscheid
der Sünde, welche zum Tode und nicht zum Tode
gehet, angezeiget, und dabey bezeuget, wie bey die-
ser letztern die Vergebung statt finde, und daher
auch die Vorbitte geschehen solte. Damit aber
dieses so viel weniger möchte gemißbrauchet und
daher auch die Sünde zum Tode so viel mehr ver-
mieden werden; so zeiget er nun darauf an, daß
die Eigenschaft und Pflicht der Wiedergebor-
nen sey, sich vor aller Sünde wider das Gewis-
sen zu hüten, mit der Versicherung, daß man bey
solcher Treue auch vor der Antastung des Sa-
tans gesichert seyn könne.

2. Die Wissenschaft, welche der Apostel
alhier von dem Zustande der Wiedergebornen
bezeuget, und die er selbst mit allen Gläubigen
gemein hatte, sich daher auch des numeri plu-
ralis,
wir wissen, bedienet, war gläubig, pra-
cti
sch und mit der lebendigen Erfahrung ver-
knüpfet: als nach welcher er mit den übrigen
Gläubigen eine solche Treue bisher an sich be-
wiesen hatte. Und gleichwie er selbst solche be-
ständig zu erweisen des vesten Vorsatzes war:
also suchet er auch die übrigen Gläubigen mit
sich dazu zu erwecken. Daß auch in der gantzen
Epistel keine andere, als die gläubige und thäti-
ge Erkenntniß göttlicher Dinge für ächt und
wahrhaftig gehalten werde, haben wir bisher
schon an mehrern Orten aus gar nachdrücklichen
Worten geschen.

3. Von der Wiedergeburt hat der A-
postel schon an mehrern Orten dieses Briefes
gehandelt; doch also, daß er sich darauf, als auf
eine den Gläubigen aus eigener Erfahrung gar
bekannten Sache, nur beziehet, und sie zum
Grunde seines Erweises in seinen Vorstellungen
anführet: wie wir auch in diesem Capitel v. 4.
gesehen haben; als da er spricht: alles was
von GOtt geboren ist überwindet die
Welt.
Es ist die Wiedergeburt dasjenige
Gnaden-Werck GOttes in dem Menschen, da-
durch er ihn an seinen Seelen-Kräften, Ver-
stande und Willen, also verändert, daß er ihn
[Spaltenumbruch] aus dem geistlichen Tode zum geistlichen Leben,
und damit zugleich aus der Finsterniß, Gewalt
des Satans, auch Herrschaft und Schuld der
Sünden, zum Lichte und zum Stande der Gna-
den bringet, und mit dem geistlichen Leben zu-
gleich zum innerlichen und äusserlichen geistli-
chen Wandel mit genugsamen Kräften ausrü-
stet. Auf welche Art denn der Mensch zur
Heyls-Ordnung kömmt, und den Glauben, und
mit demselben die Vergebung der Sünden em-
pfähet und dabey in den Besitz und Genuß aller
Heyls-Güter, als der Kindschaft GOttes, des
Friedens in und mit GOtt, der Freude in dem
Heiligen Geiste gesetzet wird. Von welcher
Wiedergeburt Johannes c. 3, 14. mit grossem
Nachdrucke spricht: Wir wissen, daß wir
aus dem Tode ins Leben kommen sind, den
wir lieben die Brüder.
Daß aber die Recht-
fertigung zur Wiedergeburt mit gehöre, und
darunter mit verstanden werde, wenn ihrer
nicht ins besondere gedacht wird, das kan man
daraus erkennen, weil man in der Wiederge-
burt den Glauben, als ein geistliches Licht und
geistliches Leben empfähet, und mit demselben,
so bald er nur in der Seelen aufgehet, Christum
ergreifet, und in ihm mit seiner Gerechtigkeit
Vergebung der Sünden erlanget. Darum
gleichwie die Wiedergeburt darunter zu verste-
hen ist, wenn Paulus Röm. 5, 1. spricht: Nun
wir denn sind gerecht worden durch den
Glauben
u. f. also ist auch alhier die Rechtfer-
tigung mit eingeschlossen, da der Wiedergeburt
gedacht wird.

4. Das Kennzeichen der Wiederge-
burt
ist gedoppelt: erstlich dieses, daß ein
Wiedergeborner nicht sündiget: und denn,
daß er sich selbst vor der Antastung des Argen
bewahret. Wie das erste zu verstehen sey,
ist c. 2, 9. angezeiget, da es heißt: Wer aus
GOTT geboren ist, thut nicht Sünde:
Denn sein Same bleibet bey ihm und kan
nicht sündigen: denn er ist von GOtt ge-
boren.
Nemlich da ein Wiedergeborner noch
Sünde an sich hat c. 1, 9. so ist er daher auch
zwar noch mit vieler Schwachheits-Sünde
umgeben; aber er sündiget doch nicht vorsetzlich
und muthwillig, also daß er der Sünden-Knecht
würde, und sie über sich herrschen liesse; son-
dern dargegen suchet er sich immer mehr und
mehr von der Sünde zu reinigen nach c. 3, 4.

5. Das andere Kennzeichen der Wieder-
geburt ist die Bewahrung seiner selbst: dazu
folgende Stücke gehören:

a. Die nöthigen Kräfte, welche dazu erfordert
werden, und welche die Wiedergeburt mit sich
bringet: sintemal ausser derselben es ein Pela-
giani
scher Jrrthum seyn würde, daß ein Mensch
sich selbst bewahren könne. Denn ob er sich
gleich aus natürlichen Kräften in menschlicher
Gesellschaft, oder im bürgerlichen Umgange vor
groben Vergehungen hüten kan, so ist es ihm
nach denselben doch unmöglich, sich also vor dem
Satan und der Sünde zu bewahren, davon
alhier die Rede ist. Es ist demnach überhaupt
zu mercken, daß, wenn wir in der heiligen
Schrift
Z z z z 3
Cap. 5. v. 18. des erſten Briefes Johannis.
[Spaltenumbruch]
V. 18.

Wir wiſſen, daß wer von GOtt gebo-
ren iſt, der ſuͤndiget nicht
(muthwillig, daß
er die Suͤnde uͤber ſich herrſchen lieſſe, und doch
im Stande der Wiedergeburt bliebe) ſondern
wer von GOtt geboren iſt, bewahret ſich

(ἑαυτὸν, ſich ſelbſt aus der in der Wiedergeburt
empfangenen Gnaden-Kraft in deroſelben ge-
treuen Anwendung) und der Arge (der Sa-
tan, der durch den Abfall von GOtt zum argen
geworden iſt, und es dahin gebracht hat, daß
die gantze ihm gleichgeſinnete Welt, oder das
darinn befindliche menſchliche Geſchlecht, von
Natur im argen lieget) ihn nicht antaſte (al-
ſo daß er damit gleichſam zum verſchlingen
1 Pet. 5, 8. ſeinen geſuchten Zweck erreiche, oder
ihn durch den Betrug und durch die Macht der
Suͤnden zum Ruͤckfall aus dem Stande der
Gnaden bringe.)

Anmerckungen.

1. Es hatte der Apoſtel vorher den Unterſcheid
der Suͤnde, welche zum Tode und nicht zum Tode
gehet, angezeiget, und dabey bezeuget, wie bey die-
ſer letztern die Vergebung ſtatt finde, und daher
auch die Vorbitte geſchehen ſolte. Damit aber
dieſes ſo viel weniger moͤchte gemißbrauchet und
daher auch die Suͤnde zum Tode ſo viel mehr ver-
mieden werden; ſo zeiget er nun darauf an, daß
die Eigenſchaft und Pflicht der Wiedergebor-
nen ſey, ſich vor aller Suͤnde wider das Gewiſ-
ſen zu huͤten, mit der Verſicherung, daß man bey
ſolcher Treue auch vor der Antaſtung des Sa-
tans geſichert ſeyn koͤnne.

2. Die Wiſſenſchaft, welche der Apoſtel
alhier von dem Zuſtande der Wiedergebornen
bezeuget, und die er ſelbſt mit allen Glaͤubigen
gemein hatte, ſich daher auch des numeri plu-
ralis,
wir wiſſen, bedienet, war glaͤubig, pra-
cti
ſch und mit der lebendigen Erfahrung ver-
knuͤpfet: als nach welcher er mit den uͤbrigen
Glaͤubigen eine ſolche Treue bisher an ſich be-
wieſen hatte. Und gleichwie er ſelbſt ſolche be-
ſtaͤndig zu erweiſen des veſten Vorſatzes war:
alſo ſuchet er auch die uͤbrigen Glaͤubigen mit
ſich dazu zu erwecken. Daß auch in der gantzen
Epiſtel keine andere, als die glaͤubige und thaͤti-
ge Erkenntniß goͤttlicher Dinge fuͤr aͤcht und
wahrhaftig gehalten werde, haben wir bisher
ſchon an mehrern Orten aus gar nachdruͤcklichen
Worten geſchen.

3. Von der Wiedergeburt hat der A-
poſtel ſchon an mehrern Orten dieſes Briefes
gehandelt; doch alſo, daß er ſich darauf, als auf
eine den Glaͤubigen aus eigener Erfahrung gar
bekannten Sache, nur beziehet, und ſie zum
Grunde ſeines Erweiſes in ſeinen Vorſtellungen
anfuͤhret: wie wir auch in dieſem Capitel v. 4.
geſehen haben; als da er ſpricht: alles was
von GOtt geboren iſt uͤberwindet die
Welt.
Es iſt die Wiedergeburt dasjenige
Gnaden-Werck GOttes in dem Menſchen, da-
durch er ihn an ſeinen Seelen-Kraͤften, Ver-
ſtande und Willen, alſo veraͤndert, daß er ihn
[Spaltenumbruch] aus dem geiſtlichen Tode zum geiſtlichen Leben,
und damit zugleich aus der Finſterniß, Gewalt
des Satans, auch Herrſchaft und Schuld der
Suͤnden, zum Lichte und zum Stande der Gna-
den bringet, und mit dem geiſtlichen Leben zu-
gleich zum innerlichen und aͤuſſerlichen geiſtli-
chen Wandel mit genugſamen Kraͤften ausruͤ-
ſtet. Auf welche Art denn der Menſch zur
Heyls-Ordnung koͤmmt, und den Glauben, und
mit demſelben die Vergebung der Suͤnden em-
pfaͤhet und dabey in den Beſitz und Genuß aller
Heyls-Guͤter, als der Kindſchaft GOttes, des
Friedens in und mit GOtt, der Freude in dem
Heiligen Geiſte geſetzet wird. Von welcher
Wiedergeburt Johannes c. 3, 14. mit groſſem
Nachdrucke ſpricht: Wir wiſſen, daß wir
aus dem Tode ins Leben kommen ſind, den
wir lieben die Bruͤder.
Daß aber die Recht-
fertigung zur Wiedergeburt mit gehoͤre, und
darunter mit verſtanden werde, wenn ihrer
nicht ins beſondere gedacht wird, das kan man
daraus erkennen, weil man in der Wiederge-
burt den Glauben, als ein geiſtliches Licht und
geiſtliches Leben empfaͤhet, und mit demſelben,
ſo bald er nur in der Seelen aufgehet, Chriſtum
ergreifet, und in ihm mit ſeiner Gerechtigkeit
Vergebung der Suͤnden erlanget. Darum
gleichwie die Wiedergeburt darunter zu verſte-
hen iſt, wenn Paulus Roͤm. 5, 1. ſpricht: Nun
wir denn ſind gerecht worden durch den
Glauben
u. f. alſo iſt auch alhier die Rechtfer-
tigung mit eingeſchloſſen, da der Wiedergeburt
gedacht wird.

4. Das Kennzeichen der Wiederge-
burt
iſt gedoppelt: erſtlich dieſes, daß ein
Wiedergeborner nicht ſuͤndiget: und denn,
daß er ſich ſelbſt vor der Antaſtung des Argen
bewahret. Wie das erſte zu verſtehen ſey,
iſt c. 2, 9. angezeiget, da es heißt: Wer aus
GOTT geboren iſt, thut nicht Suͤnde:
Denn ſein Same bleibet bey ihm und kan
nicht ſuͤndigen: denn er iſt von GOtt ge-
boren.
Nemlich da ein Wiedergeborner noch
Suͤnde an ſich hat c. 1, 9. ſo iſt er daher auch
zwar noch mit vieler Schwachheits-Suͤnde
umgeben; aber er ſuͤndiget doch nicht vorſetzlich
und muthwillig, alſo daß er der Suͤnden-Knecht
wuͤrde, und ſie uͤber ſich herrſchen lieſſe; ſon-
dern dargegen ſuchet er ſich immer mehr und
mehr von der Suͤnde zu reinigen nach c. 3, 4.

5. Das andere Kennzeichen der Wieder-
geburt iſt die Bewahrung ſeiner ſelbſt: dazu
folgende Stuͤcke gehoͤren:

a. Die noͤthigen Kraͤfte, welche dazu erfordert
werden, und welche die Wiedergeburt mit ſich
bringet: ſintemal auſſer derſelben es ein Pela-
giani
ſcher Jrrthum ſeyn wuͤrde, daß ein Menſch
ſich ſelbſt bewahren koͤnne. Denn ob er ſich
gleich aus natuͤrlichen Kraͤften in menſchlicher
Geſellſchaft, oder im buͤrgerlichen Umgange vor
groben Vergehungen huͤten kan, ſo iſt es ihm
nach denſelben doch unmoͤglich, ſich alſo vor dem
Satan und der Suͤnde zu bewahren, davon
alhier die Rede iſt. Es iſt demnach uͤberhaupt
zu mercken, daß, wenn wir in der heiligen
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[735/0735] Cap. 5. v. 18. des erſten Briefes Johannis. V. 18. Wir wiſſen, daß wer von GOtt gebo- ren iſt, der ſuͤndiget nicht (muthwillig, daß er die Suͤnde uͤber ſich herrſchen lieſſe, und doch im Stande der Wiedergeburt bliebe) ſondern wer von GOtt geboren iſt, bewahret ſich (ἑαυτὸν, ſich ſelbſt aus der in der Wiedergeburt empfangenen Gnaden-Kraft in deroſelben ge- treuen Anwendung) und der Arge (der Sa- tan, der durch den Abfall von GOtt zum argen geworden iſt, und es dahin gebracht hat, daß die gantze ihm gleichgeſinnete Welt, oder das darinn befindliche menſchliche Geſchlecht, von Natur im argen lieget) ihn nicht antaſte (al- ſo daß er damit gleichſam zum verſchlingen 1 Pet. 5, 8. ſeinen geſuchten Zweck erreiche, oder ihn durch den Betrug und durch die Macht der Suͤnden zum Ruͤckfall aus dem Stande der Gnaden bringe.) Anmerckungen. 1. Es hatte der Apoſtel vorher den Unterſcheid der Suͤnde, welche zum Tode und nicht zum Tode gehet, angezeiget, und dabey bezeuget, wie bey die- ſer letztern die Vergebung ſtatt finde, und daher auch die Vorbitte geſchehen ſolte. Damit aber dieſes ſo viel weniger moͤchte gemißbrauchet und daher auch die Suͤnde zum Tode ſo viel mehr ver- mieden werden; ſo zeiget er nun darauf an, daß die Eigenſchaft und Pflicht der Wiedergebor- nen ſey, ſich vor aller Suͤnde wider das Gewiſ- ſen zu huͤten, mit der Verſicherung, daß man bey ſolcher Treue auch vor der Antaſtung des Sa- tans geſichert ſeyn koͤnne. 2. Die Wiſſenſchaft, welche der Apoſtel alhier von dem Zuſtande der Wiedergebornen bezeuget, und die er ſelbſt mit allen Glaͤubigen gemein hatte, ſich daher auch des numeri plu- ralis, wir wiſſen, bedienet, war glaͤubig, pra- ctiſch und mit der lebendigen Erfahrung ver- knuͤpfet: als nach welcher er mit den uͤbrigen Glaͤubigen eine ſolche Treue bisher an ſich be- wieſen hatte. Und gleichwie er ſelbſt ſolche be- ſtaͤndig zu erweiſen des veſten Vorſatzes war: alſo ſuchet er auch die uͤbrigen Glaͤubigen mit ſich dazu zu erwecken. Daß auch in der gantzen Epiſtel keine andere, als die glaͤubige und thaͤti- ge Erkenntniß goͤttlicher Dinge fuͤr aͤcht und wahrhaftig gehalten werde, haben wir bisher ſchon an mehrern Orten aus gar nachdruͤcklichen Worten geſchen. 3. Von der Wiedergeburt hat der A- poſtel ſchon an mehrern Orten dieſes Briefes gehandelt; doch alſo, daß er ſich darauf, als auf eine den Glaͤubigen aus eigener Erfahrung gar bekannten Sache, nur beziehet, und ſie zum Grunde ſeines Erweiſes in ſeinen Vorſtellungen anfuͤhret: wie wir auch in dieſem Capitel v. 4. geſehen haben; als da er ſpricht: alles was von GOtt geboren iſt uͤberwindet die Welt. Es iſt die Wiedergeburt dasjenige Gnaden-Werck GOttes in dem Menſchen, da- durch er ihn an ſeinen Seelen-Kraͤften, Ver- ſtande und Willen, alſo veraͤndert, daß er ihn aus dem geiſtlichen Tode zum geiſtlichen Leben, und damit zugleich aus der Finſterniß, Gewalt des Satans, auch Herrſchaft und Schuld der Suͤnden, zum Lichte und zum Stande der Gna- den bringet, und mit dem geiſtlichen Leben zu- gleich zum innerlichen und aͤuſſerlichen geiſtli- chen Wandel mit genugſamen Kraͤften ausruͤ- ſtet. Auf welche Art denn der Menſch zur Heyls-Ordnung koͤmmt, und den Glauben, und mit demſelben die Vergebung der Suͤnden em- pfaͤhet und dabey in den Beſitz und Genuß aller Heyls-Guͤter, als der Kindſchaft GOttes, des Friedens in und mit GOtt, der Freude in dem Heiligen Geiſte geſetzet wird. Von welcher Wiedergeburt Johannes c. 3, 14. mit groſſem Nachdrucke ſpricht: Wir wiſſen, daß wir aus dem Tode ins Leben kommen ſind, den wir lieben die Bruͤder. Daß aber die Recht- fertigung zur Wiedergeburt mit gehoͤre, und darunter mit verſtanden werde, wenn ihrer nicht ins beſondere gedacht wird, das kan man daraus erkennen, weil man in der Wiederge- burt den Glauben, als ein geiſtliches Licht und geiſtliches Leben empfaͤhet, und mit demſelben, ſo bald er nur in der Seelen aufgehet, Chriſtum ergreifet, und in ihm mit ſeiner Gerechtigkeit Vergebung der Suͤnden erlanget. Darum gleichwie die Wiedergeburt darunter zu verſte- hen iſt, wenn Paulus Roͤm. 5, 1. ſpricht: Nun wir denn ſind gerecht worden durch den Glauben u. f. alſo iſt auch alhier die Rechtfer- tigung mit eingeſchloſſen, da der Wiedergeburt gedacht wird. 4. Das Kennzeichen der Wiederge- burt iſt gedoppelt: erſtlich dieſes, daß ein Wiedergeborner nicht ſuͤndiget: und denn, daß er ſich ſelbſt vor der Antaſtung des Argen bewahret. Wie das erſte zu verſtehen ſey, iſt c. 2, 9. angezeiget, da es heißt: Wer aus GOTT geboren iſt, thut nicht Suͤnde: Denn ſein Same bleibet bey ihm und kan nicht ſuͤndigen: denn er iſt von GOtt ge- boren. Nemlich da ein Wiedergeborner noch Suͤnde an ſich hat c. 1, 9. ſo iſt er daher auch zwar noch mit vieler Schwachheits-Suͤnde umgeben; aber er ſuͤndiget doch nicht vorſetzlich und muthwillig, alſo daß er der Suͤnden-Knecht wuͤrde, und ſie uͤber ſich herrſchen lieſſe; ſon- dern dargegen ſuchet er ſich immer mehr und mehr von der Suͤnde zu reinigen nach c. 3, 4. 5. Das andere Kennzeichen der Wieder- geburt iſt die Bewahrung ſeiner ſelbſt: dazu folgende Stuͤcke gehoͤren: a. Die noͤthigen Kraͤfte, welche dazu erfordert werden, und welche die Wiedergeburt mit ſich bringet: ſintemal auſſer derſelben es ein Pela- gianiſcher Jrrthum ſeyn wuͤrde, daß ein Menſch ſich ſelbſt bewahren koͤnne. Denn ob er ſich gleich aus natuͤrlichen Kraͤften in menſchlicher Geſellſchaft, oder im buͤrgerlichen Umgange vor groben Vergehungen huͤten kan, ſo iſt es ihm nach denſelben doch unmoͤglich, ſich alſo vor dem Satan und der Suͤnde zu bewahren, davon alhier die Rede iſt. Es iſt demnach uͤberhaupt zu mercken, daß, wenn wir in der heiligen Schrift Z z z z 3

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729, S. 735. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/735>, abgerufen am 23.11.2024.