Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.Richtige und erbauliche Erklärung Cap. 5. v. 16. 17. [Spaltenumbruch]
aus denn die unterschiedene Art der Sündeauch leichtlich kan erkannt werden. c. Daß der nach dem Singulari auto gesetzte pluralis tois amartanousi diene zu der Anzei- gung, daß der singularis collective, oder von mehrern solle verstanden werden. d. Daß das Leben geben nach dem Unterschei- de des sündigenden Nächsten zu verstehen sey. Denn hat er vorher schon im geistliche Tode gelegen, oder ist darein wieder verfallen, so heißt das Leben geben so viel, als ihn zum geistlichen Leben bringen. Jst er vorher darin- nen gestanden, auch stehen geblieben, so ist nach dem Hebraismo des Worts [hykh] in Piel [fremdsprachliches Material] so viel als das Leben erhalten. e. Daß dieses zwar wol von einem, der sich in der Vorbitte ernstlich erfinden lässet, gesaget werden könne, nemlich in dem Verstande, daß er dazu viele Gnade und Segen von GOtt erbittet, auch ausser dem Gebet nach Gele- genheit mit Ermahnung dazu beyträget, was er kan; wie denn auch in einem solchen Ver- stande einem die Bekehrung und Seligma- chung eines andern zugeschrieben wird Jac. 5, 19. 20. 1 Tim. 4, 16. daß es doch aber auch gar füglich von GOtt selbst könne verstanden werden; als dessen im vorhergehenden Verse gedacht wird. f. Daß man hieraus die kräftige Wirckung der Vorbitte zu erkennen habe, und solchergestalt an derselben wahr werde, was Jacobus c. 5, 16. von dem Gebete des Gerechten über- haupt saget, daß es viel vermöge, wenn es ernstlich ist. g. Daß man demnach, wenn man seinen Näch- sten sündigen siehet, oder höret, an statt des- sen, daß man ihn darüber sonst, ohne Leibe zu seinem Heyl, nur zu beurtheilen pfleget, für ihn zu GOtt zu beten schuldig sey, und damit seine wahre Liebe gegen ihn zu beweisen habe. h. Daß aber auch der sündigende Nächste, wenn er des Segens von einer gläubigen Vorbitte, ja von der Vorbitte Christi, um welcher wil- len sie erhörlich wird, wolle theilhaftig wer- den, die züchtigende Gnade GOttes zur Be- kehrung, oder auch zur Bewahrung müsse an sich kommen lassen, sonsten ihm die Vorbitte nichts helfen würde. i. Daß, nachdem Stephanus wohl gesehen, daß unter seinen Feinden einige noch nicht zum Tode sündigten, sondern sich nur blindlings hatten mit hinreissen lassen, er daher auch nicht unterlassen habe, nach dem Exempel Christi am Creutze, für seine Feinde überhaupt zu beten; wie denn auch GOTT solche Vor- bitte zuvorderst an dem bald darauf bekehr- ten Saul, und ohne Zweifel noch an mehrern, zur kräftigen Erhörung gesegnet hat. 8. Die Worte des 17den Verses sind da- 9. Jm übrigen dienet denen furchtsamen V. 18.
Richtige und erbauliche Erklaͤrung Cap. 5. v. 16. 17. [Spaltenumbruch]
aus denn die unterſchiedene Art der Suͤndeauch leichtlich kan erkannt werden. c. Daß der nach dem Singulari ἁυτῷ geſetzte pluralis τοῖς ἁμαρτάνουσι diene zu der Anzei- gung, daß der ſingularis collective, oder von mehrern ſolle verſtanden werden. d. Daß das Leben geben nach dem Unterſchei- de des ſuͤndigenden Naͤchſten zu verſtehen ſey. Denn hat er vorher ſchon im geiſtliche Tode gelegen, oder iſt darein wieder verfallen, ſo heißt das Leben geben ſo viel, als ihn zum geiſtlichen Leben bringen. Jſt er vorher darin- nen geſtanden, auch ſtehen geblieben, ſo iſt nach dem Hebraiſmo des Worts [היח] in Piel [fremdsprachliches Material] ſo viel als das Leben erhalten. e. Daß dieſes zwar wol von einem, der ſich in der Vorbitte ernſtlich erfinden laͤſſet, geſaget werden koͤnne, nemlich in dem Verſtande, daß er dazu viele Gnade und Segen von GOtt erbittet, auch auſſer dem Gebet nach Gele- genheit mit Ermahnung dazu beytraͤget, was er kan; wie denn auch in einem ſolchen Ver- ſtande einem die Bekehrung und Seligma- chung eines andern zugeſchrieben wird Jac. 5, 19. 20. 1 Tim. 4, 16. daß es doch aber auch gar fuͤglich von GOtt ſelbſt koͤnne verſtanden werden; als deſſen im vorhergehenden Verſe gedacht wird. f. Daß man hieraus die kraͤftige Wirckung der Vorbitte zu erkennen habe, und ſolchergeſtalt an derſelben wahr werde, was Jacobus c. 5, 16. von dem Gebete des Gerechten uͤber- haupt ſaget, daß es viel vermoͤge, wenn es ernſtlich iſt. g. Daß man demnach, wenn man ſeinen Naͤch- ſten ſuͤndigen ſiehet, oder hoͤret, an ſtatt deſ- ſen, daß man ihn daruͤber ſonſt, ohne Leibe zu ſeinem Heyl, nur zu beurtheilen pfleget, fuͤr ihn zu GOtt zu beten ſchuldig ſey, und damit ſeine wahre Liebe gegen ihn zu beweiſen habe. h. Daß aber auch der ſuͤndigende Naͤchſte, wenn er des Segens von einer glaͤubigen Vorbitte, ja von der Vorbitte Chriſti, um welcher wil- len ſie erhoͤrlich wird, wolle theilhaftig wer- den, die zuͤchtigende Gnade GOttes zur Be- kehrung, oder auch zur Bewahrung muͤſſe an ſich kommen laſſen, ſonſten ihm die Vorbitte nichts helfen wuͤrde. i. Daß, nachdem Stephanus wohl geſehen, daß unter ſeinen Feinden einige noch nicht zum Tode ſuͤndigten, ſondern ſich nur blindlings hatten mit hinreiſſen laſſen, er daher auch nicht unterlaſſen habe, nach dem Exempel Chriſti am Creutze, fuͤr ſeine Feinde uͤberhaupt zu beten; wie denn auch GOTT ſolche Vor- bitte zuvorderſt an dem bald darauf bekehr- ten Saul, und ohne Zweifel noch an mehrern, zur kraͤftigen Erhoͤrung geſegnet hat. 8. Die Worte des 17den Verſes ſind da- 9. Jm uͤbrigen dienet denen furchtſamen V. 18.
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Richtige und erbauliche Erklaͤrung Cap. 5. v. 16. 17.
aus denn die unterſchiedene Art der Suͤnde
auch leichtlich kan erkannt werden.
c. Daß der nach dem Singulari ἁυτῷ geſetzte
pluralis τοῖς ἁμαρτάνουσι diene zu der Anzei-
gung, daß der ſingularis collective, oder
von mehrern ſolle verſtanden werden.
d. Daß das Leben geben nach dem Unterſchei-
de des ſuͤndigenden Naͤchſten zu verſtehen ſey.
Denn hat er vorher ſchon im geiſtliche Tode
gelegen, oder iſt darein wieder verfallen, ſo
heißt das Leben geben ſo viel, als ihn zum
geiſtlichen Leben bringen. Jſt er vorher darin-
nen geſtanden, auch ſtehen geblieben, ſo iſt nach
dem Hebraiſmo des Worts היח in Piel _
ſo viel als das Leben erhalten.
e. Daß dieſes zwar wol von einem, der ſich in
der Vorbitte ernſtlich erfinden laͤſſet, geſaget
werden koͤnne, nemlich in dem Verſtande,
daß er dazu viele Gnade und Segen von GOtt
erbittet, auch auſſer dem Gebet nach Gele-
genheit mit Ermahnung dazu beytraͤget, was
er kan; wie denn auch in einem ſolchen Ver-
ſtande einem die Bekehrung und Seligma-
chung eines andern zugeſchrieben wird Jac. 5,
19. 20. 1 Tim. 4, 16. daß es doch aber auch
gar fuͤglich von GOtt ſelbſt koͤnne verſtanden
werden; als deſſen im vorhergehenden Verſe
gedacht wird.
f. Daß man hieraus die kraͤftige Wirckung der
Vorbitte zu erkennen habe, und ſolchergeſtalt
an derſelben wahr werde, was Jacobus c. 5,
16. von dem Gebete des Gerechten uͤber-
haupt ſaget, daß es viel vermoͤge, wenn es
ernſtlich iſt.
g. Daß man demnach, wenn man ſeinen Naͤch-
ſten ſuͤndigen ſiehet, oder hoͤret, an ſtatt deſ-
ſen, daß man ihn daruͤber ſonſt, ohne Leibe zu
ſeinem Heyl, nur zu beurtheilen pfleget, fuͤr
ihn zu GOtt zu beten ſchuldig ſey, und damit
ſeine wahre Liebe gegen ihn zu beweiſen habe.
h. Daß aber auch der ſuͤndigende Naͤchſte, wenn
er des Segens von einer glaͤubigen Vorbitte,
ja von der Vorbitte Chriſti, um welcher wil-
len ſie erhoͤrlich wird, wolle theilhaftig wer-
den, die zuͤchtigende Gnade GOttes zur Be-
kehrung, oder auch zur Bewahrung muͤſſe an
ſich kommen laſſen, ſonſten ihm die Vorbitte
nichts helfen wuͤrde.
i. Daß, nachdem Stephanus wohl geſehen, daß
unter ſeinen Feinden einige noch nicht zum
Tode ſuͤndigten, ſondern ſich nur blindlings
hatten mit hinreiſſen laſſen, er daher auch
nicht unterlaſſen habe, nach dem Exempel
Chriſti am Creutze, fuͤr ſeine Feinde uͤberhaupt
zu beten; wie denn auch GOTT ſolche Vor-
bitte zuvorderſt an dem bald darauf bekehr-
ten Saul, und ohne Zweifel noch an mehrern,
zur kraͤftigen Erhoͤrung geſegnet hat.
8. Die Worte des 17den Verſes ſind da-
zu geſetzet, daß damit bezeuget wuͤrde, theils
daß man keine Suͤnde deswegen, weil ſie keine
Suͤnde zum Tode iſt, gering zu achten habe;
wie man denn auch keine Kranckheit deswegen,
weil ſie noch nicht zum Tode iſt (welche Redens-
Art wir finden Joh. 11. 4.) gering achtet: Denn
es ſey eine iede Ungerechtigkeit, da man wider
die Richtſchnur aller Gerechtigkeit, die wir am
Willen GOttes und ſeinem Geſetze haben, han-
delt, eine wirckliche Suͤnde, und alſo auch eine
ἀνομία, Ubertretung des Geſetzes: theils daß
man auch nicht eine iede, obgleich ſchwere Suͤn-
de, fuͤr eine Suͤnde zum ewigen Tode halte, und
daher die Vorbitte unterlaſſe.
9. Jm uͤbrigen dienet denen furchtſamen
Seelen, welche damit angefochten werden, als
haͤtten ſie die Suͤnde wider den Heiligen Geiſt
begangen, zum Troſte, daß ſie ferne davon ſind;
ob ſie wol oft die widrigſten und aͤrgſten Gedan-
cken wider GOtt und ſein heiliges Wort in ſich
empfinden. Denn ein anders iſt, was man in
ſich empfindet, und wider ſeinen Willen leiden
muß, und ſich daher daruͤber aͤngſtiget, und deſ-
ſen gern loß ſeyn wolte; ein anders, was man
mit Vorſatz nicht allein in ſich erwecket, ſondern
auch durch feindſelige Worte und Wercke wi-
der das Amt des Heiligen Geiſtes, oder die dazu
gehoͤrige Wahrheiten und ihre Zeugen ausbre-
chen laͤßt, und dabey noch will Recht und Fug
uͤbrig haben: gleichwie es von den Feinden Chri-
ſti Joh. 8, 48. heißt: Sagen wir nicht recht,
daß du ein Samariter biſt, und haſt den
Teufel? Und c. 16, 7. Sie werden euch in
den Bann thun, es koͤmmt aber (ja es koͤmmt)
die Zeit, daß, wer euch toͤdtet, wird meinen,
er thue GOtt einen Dienſt daran. Ein ſo
groſſer und mercklicher Unterſcheid iſt unter der
Suͤnde wider den Heiligen Geiſt und der
Verſuchung, welcher manche Kinder GOttes
unterworfen ſind. Und da dieſe ſind Freunde
GOttes und Liebhaber des Guten, ſonderlich
deſſen, was mit der Wahrheit zur Heyls-Ord-
nung gehoͤret; ſo ſind jene Feinde deſſelben. Es
koͤnnen ſich demnach angefochtene mit den Kenn-
zeichen ihres Gnaden-Standes, welche in die-
ſem Briefe Johannis vorgeſtellet werden, und
davon am Ende dieſer Erklaͤrung noch eine kur-
tze Recenſion folgen wird, aufrichten, wenn ſie
dieſelben, obwol in vieler Schwachheit, doch in
der Wahrheit bey ſich befinden: ſonderlich mit
dem, da es c. 3, 14. heißt: Wir wiſſen, daß
wir aus dem Tode ins Leben kommen ſind.
Denn wir lieben die Bruͤder. So haben ſie
auch dabey die Oerter Eph. 6, 16. von dem wi-
der die feurige Pfeile des Boͤſewichts angewie-
ſenen Schilde des Glaubens: und den 2 Cor. 12.
von der wider den Pfahl im Fleiſche und die
Fauſten-Schlaͤge des Sataniſchen Engels an-
geprieſenen allgenugſamen Gnade, nebſt den dar-
uͤber gegebenen Anmerckungen wohl zu erwegen,
und ſich zur Aufmunterung zu Nutzen zu machen.
Und da ich dieſe wichtige Materie von der Suͤn-
de wider den Heiligen Geiſt im Lateiniſchen
Commentario von p. 727. bis 749. auch in dem
Anhange des Buchs: Geſtalt des Creutz-
Reichs, desgleichen in zwoen beſondern acade-
miſchen Diſſertationibus ausfuͤhrlicher abge-
handelt habe, ſo kan ich den Leſer, der davon
einen mehrern Unterricht verlanget, dahin ver-
weiſen.
V. 18.
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